piwik no script img

AfD schließt Bremer Redakteur austaz ist zu unbequem

Bremens AfD lässt die taz nicht auf ihre Pressekonferenz. Der Grund: Die Zeitung sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“.

Bereits bei einem AfD-Parteitag im Juni 2018 scheute Frank Magnitz die Presse Foto: Sebastian Heidelberger

Bremen taz | Die taz ist von einer Pressekonferenz der AfD in Bremen als einziges Medium ausgeschlossen worden. Der Autor dieser Zeilen wurde am Montag noch an der Tür des Parteibüros in Walle abgewiesen. Die AfD wollte darüber informieren, wer außer ihrem Spitzenkandidaten, dem AfD-Landeschef und Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz, noch zur Bürgerschaftswahl im Mai antritt.

Als Grund für den Ausschluss nannte Partei-Vize Thomas Jürgewitz: Die taz sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“. So zumindest berichteten es mehrere KollegInnen anderer Medien später von der Pressekonferenz. Magnitz habe erklärt, die taz würde immer etwas anderes schreiben, als ihr gesagt werde. Jürgewitz hatte der taz bereits früher die Auskunft verweigert: „So lange Sie nicht vernünftig berichten, sehen wir keinen Grund mit Ihnen zu reden“, sagte er am Sonntag.

Die Landespressekonferenz verurteilte den Ausschluss. Dies sei „zutiefst undemokratisch“, erklärte der Vorstand des Zusammenschlusses hauptberuflicher Bremer JournalistInnen. „Die AfD unterminiert gezielt eine unabhängige, kritische Medienberichterstattung, indem sie einzelne Kolleg*innen ausschließt.“ Das Vorgehen der Bremer AfD sei kein Einzelfall, sondern „symptomatisch für das problematische Verhältnis dieser Partei zu den Medien“.

Annette Rose, Landessprecherin der Deutschen Journalist*innen-Union in Ver.­di sagte: „Die AfD inszeniert lieber ihre eigene Wahrheit, als Tatsachen von anderen darstellen und bewerten zu lassen“. Ver.di-Landesleiter Detlef Ahting erklärte, wer missliebige Berichterstattung zurückweise, missachte das Grundrecht der Pressefreiheit: „Wer das einschränken will, beschneidet Grundpfeiler der Demokratie.“

Rechte Verbindungen

AfD-Landeschef und Bundestagsabgeordneter Frank Magnitz steht dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ nahe. Magnitz war auf dem letzten Jahrestreffen des „Flügel“ als Redner angekündigt.

Der Verfassungsschutz stuft die AfD mittlerweile als einen „Prüffall“ ein, den „Flügel“ als einen „Verdachtsfall“ und nimmt ihn stärker unter die Lupe.

Beobachtet durch den Verfassungsschutz wird seit September die Bremer Junge Alternative – wegen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche und rechtsextremistische Handlungen und engen Verbindungen zur rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“.

Einen Aktivisten der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ beschäftigte Magnitz in seinem Wahlkreisbüro.

In der völkisch-nationalistischen „Patriotischen Plattform“ wirkte der Bremer AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis als Schriftführer. Der Verein gab im September die Selbstauflösung bekannt.

Auf der AfD-Pressekonferenz kündigte Magnitz nach taz-Informationen erneut an, auch nach einer Wahl in die Bremische Bürgerschaft sein Mandat als Bundestagsabgeordneter zu behalten. Er gehe davon aus, dass die große Koalition im Bund nicht mehr lange halten werde und es im Herbst zu Neuwahlen komme. Bei der Bürgerschaftswahl rechne er mit einem zweistelligen Ergebnis für die AfD, sagte er laut Deutscher Presse-Agentur. In der letzten Umfrage im September 2018 lag die AfD bei sechs Prozent.

Nicht auf die Landesliste gewählt wurde laut Radio Bremen der aktuelle Bürgerschaftsabgeordnete der AfD, Alexander Tassis. Mit ihm lag der Parteivorstand im Streit und hatte mehrfach versucht, ihn auszuschließen. Der Fernsehjournalist Hinrich Lührssen, der gegen Magnitz in einer Kampfkandidatur um Platz 1 unterlag, erklärte auf Facebook: „Die Möglichkeit eines demokratischen Neuanfangs in der Bremer AfD ist vertan.“ Er habe den Landesvorstand verlassen. Er erklärte, an der Wahl hätten allein sechs Mitglieder der Magnitz-Familie teilgenommen. Magnitz’ Tochter trete auf Platz 5 der 13 Listenplätze an. Mit insgesamt 31 Parteiausschlussverfahren habe die Bremer AfD Chancen, als „politische Volltrottel im Guinness-Buch der Rekorde zu landen“, so Lührssen.

Ich hatte massive Wahrnehmungsprobleme in dem Moment. Ich kann es heute nicht mehr sagen

Frank Magnitz, Bremer AfD-Chef

Magnitz äußerte sich auch erneut zu dem Angriff auf ihn, bei dem er vor zwei Wochen verletzt wurde. Zunächst hatte die AfD behauptet, er sei mit einem Kantholz angegriffen und am Boden liegend getreten worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dieser Darstellung widersprochen. Magnitz berief sich daraufhin auf zwei Handwerker, die ihm geholfen hatten. Einer von ihnen erklärte nun der Neuen Osnabrücker Zeitung, er und sein Kollege hätten den Angriff gar nicht direkt beobachtet und daher auch gar kein Kantholz erwähnt. Am Montag erklärte Magnitz dazu laut dpa: „Ich hatte massive Wahrnehmungsprobleme in dem Moment. Ich kann es heute nicht mehr sagen.“

Zweifel scheint Magnitz an den Überwachungsaufnahmen zu haben, auf denen weder Kopftritte noch Kantholz zu sehen sind. Die Polizei Bremen hatte sie veröffentlicht und sah sich einem Shitstorm von AfD-AnhängerInnen ausgesetzt, die meinten, das Material wäre manipuliert. Die Polizei wies diese Vorwürfe zurück. Magnitz forderte nun einen unabhängigen Gutachter für das Videomaterial. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärte dazu der taz: „Wir sehen dafür überhaupt keine Veranlassung.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Ich finde, das ist Jammern auf hohem Niveau. Sicher ist es nicht schön, wenn man von einer Veranstaltung ausgeschlossen wird, aber eine Gefahr für die Pressefreiheit ist wohl kaum zu erkennen. Eher ein Armutszeugnis der Partei, das sich die taz öffentlichkeitswirksam zunutze machen kann. Schlimmer finde ich die persönlichen Repressalien, die Menschen erleben dürfen, die z. B. mal der falschen Zeitung ein Interview gegeben haben. Da wird bei öffentlichen Veranstaltungen schon mal der Zugeng verwehrt, die Diskussionsbeiträge werden niedergebrüllt und mitunter auch schon mal arbeitsrechtliche Konsequenzen gefordert. Insofern ist das mit den Grundrechten und wem die zustehen schon eine kniffelige Angelegenheit.

    • @Tabus überall:

      Es handelt sich hier um eine zumindest der Theorie nach offizielle Partei. Aber die Verlogenheit der Nazis kennen wir ja schon. Selbst posaunen sie immer herum, dass ihr Bullshit zensiert würde, aber wenn sie dann selbst mal an der Reihe sind, machen sie genau das, was sie anderen vorwerfen. Aber wie gesagt, das finde ich nicht weiter überraschend. Wer Fäkalparasiten unter dem Mikroskop beobachtet wird feststellen, dass sich diese eben auch wie Fäkalparasiten verhalten.

  • "Ver.di-Landesleiter Detlef Ahting erklärte, wer missliebige Berichterstattung zurückweise, missachte das Grundrecht der Pressefreiheit"

    Der Herr Ahting weiß anscheinend nicht, was das Grundrecht auf Pressefreiheit bedeutet. Es bedeutet, dass der Staat die Presse nicht einschränken darf. Es bedeutet nicht, dass eine Partei einer Zeitung Informationen zur Verfügung stellen muss.

    Und schon garnicht bedeutet es, dass eine Partei mißliebige Berichterstattung *nicht zurückweisen darf*.

  • Skandal! Die taz ist von einer Pressekonferenz der AfD ausgeschlossen worden!! Und dabei steht es ihr doch zu, ihre Nase überall reinzustecken, besonders da rein, wo‘s der Nase stinkt!!!

    Gib einem Menschen Macht und du lernst ihn kennen. Die Presse, heißt es ja, wäre die vierte Gewalt. Offenbar glauben einige ihrer Mitglieder ernsthaft, sie hätten mehr Rechte als Pflichten. Dem selben Glauben hängen offenbar einige AfD-Mitglieder an. Ihrer Ansicht nach völlig zu recht, denn: Ist die AfD vielleicht nicht in diversen Parlamenten vertreten? Und ist die Legislative nicht auch eine Macht in diesem Staate? Eine ganz offizielle sogar?

    Wäre es nicht AfD-Partei-Vize Thomas Jürgewitz gewesen, der die taz „eine Institution im Kampf gegen rechts“ genannt hat, sondern, sagen wir, der Grünen-Parteivorsitzende Robert Habeck, wäre diese Zuschreibung vermutlich eine Ehre gewesen. So ist sie eine Beschimpfung. Denn dass man durchaus „vernünftig berichte[t]“, hält man ja schließlich für ausgemacht bei der taz. Und jeder, der was anderes behauptet, ist eindeutig ein Nazi(-Sympathisant).

    Mal ehrlich, Leute: Ich weiß nicht, was undemokratischer ist, der Ausschluss von einer (Presse-)Konferenz oder eine Berichterstattung, die als tendenziös wahrgenommen werden kann. Die journalistische Sorgfaltspflicht ist leider auch nicht immer was sie war - oder doch sein sollte. Man muss ja Leute, die keine Ahnung haben (wollen) von Politik und/oder von Pressearbeit, nicht unbedingt zusätzlich irritieren. Genau genommen sollte man lieber versuchen, sie für die gerechte Sache zu gewinnen. Ihnen zu zeigen, dass man selber auch ungerecht sein kann, ist nicht unbedingt zielführend. Es befördert nämlich Ungerechtigkeiten aller Art.

    Aber wer weiß, vielleicht lernt die taz ja auch nur grade das Siegen von Mandela, Gandhi und Jesus. Dann könnte sie gar nicht genug Opfer sein. Und wie das mit den freiwilligen Opfern so geht: Sie sind auch eine Art Selbstermächtigung. Manchmal sogar eine gewinnbringende.

  • Die Zeitung sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“. Na wenn das mal LOb ist:)

  • Nehmt es als Kompliment!

  • 8G
    87542 (Profil gelöscht)

    Warum sind nicht alle Presseleute gegangen?

    • @87542 (Profil gelöscht):

      Das habe ich mich auch sofort gefragt

  • „Als Grund für den Ausschluss nannte Partei-Vize Thomas Jürgewitz: Die taz sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“.“

    Das kann man als hohes Lob verbuchen.

  • mit insgesamt 31 parteiausschlussverfahren habe die bremer AfD chancen, als „politische volltrottel im guinness-buch der rekorde zu landen“, so lührssen...

    ich wußte es doch, daß der hinrich lührssen der partei ausschließlich aus investigativen gründen beigetreten ist.

  • "Am Montag erklärte Magnitz dazu laut dpa: 'Ich hatte massive Wahrnehmungsprobleme in dem Moment.'.“

    Endlich mal eine glaubhafte Aussage. Nur ob hier nicht Präsens statt Imperfekt angebracht wäre, kann man noch in Frage stellen.

  • Ich sehe die Berichterstattung der taz und weiterer "Qualitätsmedien" mittlerweile auch eher tendenziös sowohl gegen rechts als auch gegen links - taz, bitte ncht wundern über solche Reaktionen!



    Aber mal wat anderes, was ist eigentlich mit Eurer Solidaritätsbekundung und Eurem Einsatz für Euren Kollegen Julian Assange, der seit einigen Jahren für die Brandmarkung unserer transatlantischen Freunde die "Gastfreundschaft" der ecuadorianischen Botschaft in london "genießt"? Noch immer keine Genehmigung bekommen?!