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EU-Rechnungshof will Tunnel prüfenMillionen im Fehmarnbelt verbuddelt

Eine Sonderprüfung will der Europäische Rechnungshof beim Fehmarnbelt-Projekt durchführen. Fast ein Siebtel der Mittel soll verschwunden sein.

So soll die Einfahrt auf deutscher Seite mal aussehen: Der Belttunnel am Fährhafen Puttgarden. Foto: obs/Beltretter e.V.

HAMBURG taz | Es geht um fehlende Millionenbeträge. Um 23,1 Millionen Euro aus EU-Mitteln, deren Verbleib unklar ist. Zumindest könne die staatliche dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S, dieser Vorwurf steht im Raum, nicht nachweisen, was sie mit dem Geld gemacht hat. Und deshalb stehen ihr demnächst Besucher der traditionell humorlosen Art ins Haus: Der Europäische Rechnungshof will nach taz-Informationen eine Sonderprüfung der Ein- und Ausgaben durchführen.

Noch in diesem Monat sollen die Betriebsprüfer der EU ausschwärmen, um „eine Untersuchung des Handelns aller Mitwirkenden vor Ort“ durchzuführen, berichtete ein Eingeweihter der taz. Das bedeutet, dass all jene unter die Lupe der Luxemburger Rechnungsprüfer geraten können, die mit dem geplanten Bau der Fehmarnbelt-Querung zu tun haben: Neben Femern A/S kann dies das dänische und das bundesdeutsche Verkehrsministerium, die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium Schleswig-Holstein sowie dessen Landesbetrieb Verkehr (LBV) betreffen.

Bis Ende 2019 will der EU-Rechnungshof einen ausführlichen Bericht vorlegen. Dann werden nach den Europa-Wahlen Ende Mai in Brüssel eine neue EU-Kommission und einE neuE VerkehrskommissarIn agieren. „Das ist eine klare Misstrauenserklärung des Rechnungshofes an die Tunnelplaner“, so der Eingeweihte zur taz.

Der EU-Rechnungshofpräsident Klaus-Heiner Lehne (CDU) hatte im Oktober vor dem EU-Parlament angekündigt, „eine zunehmend steigende Zahl dieser Prüfungen“ zu veranlassen. Zuvor hatte sein Haus für das Jahr 2017 einen Fehlbetrag von insgesamt 3,3 Milliarden Euro ermittelt. Für diese Summe hatten von der EU bezuschusste Projekte keine ordnungsgemäße Verwendung nachweisen können.

Der Ostseetunnel

Kernstück der Fehmarnbelt-Querung (FBQ) ist ein Straßen- und Schienentunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn.

Für den Tunnel sollen 89 Elemente mit Straßen- und Schienentrassen in einem auszuhebenden Meeresgraben versenkt werden. Er soll rund 18 Kilometer lang, 60 Meter breit und 30 Meter tief werden.

Die Kostenschätzung für den Tunnel beträgt aktuell 7,4 Milliarden Euro.

Einen EU-Zuschuss von 1,4 Milliarden Euro wollte Dänemark dafür haben. Für die restlichen sechs Milliarden Euro bürgt der dänische Staat.

Zuschuss und Staatsgarantien müssen nach einem Urteil des Europäischen Gerichts vom 12. 12. 2018 neu geprüft werden.

Zwar macht das bei einem Etat von weit über einer Billion Euro einen Schwund von „nur 2,4 Prozent aus, so Lehne. Dennoch wolle er mit zusätzlichen „Wirtschaftlichkeitsprüfungen“ dafür sorgen, dass EU-Mittel künftig „nicht nur ordnungsgemäß, sondern auch sinnvoll verwendet“ werden.

Und mit dem Tunnelprojekt in der Ostsee fängt er an, denn dieses weist nach taz-Informationen prozentual die höchste Fehlquote auf: Fast ein Siebtel des Geldes soll unauffindbar sein. Bislang wurde die Planung des Vorhabens aus Brüssel mit 160 Millionen Euro gefördert, für eben 23,1 Millionen Euro aber fehlen Nachweise über den Verbleib, das sind 14,4 Prozent. „Einsamer Rekord“, so der Eingeweihte, „da kann die italienische Baumafia nicht mithalten.“

Femern A/S erklärte auf Anfrage der taz, von dem Vorgang nichts zu wissen: „Uns liegen keine Informationen zu diesem Sachverhalt vor“, so die knappe schriftliche Antwort.

Sollte der EU-Rechnungshof seinen Verdacht bestätigen können, droht Femern A/S die Rückzahlung zumindest des Fehlbetrages, ob darüber hinaus ein Bußgeld verhängt werden kann, ist offen. Schlimmer jedoch wäre, dass die erhofften Bauzuschüsse in Höhe von bis zu 1,4 Milliarden Euro dann wohl kaum bewilligt würden.

Finanzierung wackelt

Am 12. Dezember vorigen Jahres hatte das Europäische Gericht (EuG) in Luxemburg diesen EU-Zuschuss und die dänischen Staatsgarantien für den Tunnelbau für rechtswidrig erklärt. Damit wackelt die Finanzierung des Vorhabens: Ohne Zuschuss steigt der Eigenfinanzierungsanteil um ein Viertel, ohne Staatsgarantien steigen die Kreditzinsen auf dem Finanzmarkt. Die Amortisierung des Tunnels aus Mauteinnahmen dürfte sich von geplanten 36 Jahren auf fast ein halbes Jahrhundert verlängern.

Zusätzliches Ungemach droht vom Bundesrechnungshof. Der kritisierte am 30. November 2018 in einem internen Vermerk, der der taz vorliegt, die Berichte des Bundesverkehrsministeriums zur Anbindung des Tunnels auf deutscher Seite als „unzureichend“. Deshalb will er ebenfalls eine „Prüfung der Vorplanung“ durchführen. Denn die von Ministerium und Deutscher Bahn genannten Kosten von 1,732 Milliarden Euro seien nicht nachvollziehbar.

Nabu wird klagen

Ebenso wie das Eisenbahnbundesamt spricht der Bundesrechnungshof von mehr als vier Milliarden Euro für den Streckenausbau inklusive einer neuen Querung des Fehmarnsunds. Plus Lärmschutz an der Bahnstrecke würden sich die Ausgaben, einst mit 860 Millionen Euro angegeben, auf bis zu 4,7 Milliarden Euro erhöhen.

Ungeachtet dessen ist Mitte Januar mit dem Beschluss für die Planfeststellung des Tunnels auf deutscher Seite zu rechnen. Dann wird, das ist bereits klar, der Naturschutzbund Nabu vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen: Das dauert Jahre.

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10 Kommentare

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  • "So soll die Einfahrt auf deutscher Seite mal aussehen" - WOW! Das ist eine masslos übertriebene Photomontage der Beltretter, welche sich gegen den Tunnelbau engagieren. Das hat weder was mit der Bauphase und schon ganz und gar nicht mit der Zeit nach der Fertigstellung des Tunnels etwas zu tun. Objektiv is' was Anderes.

  • Nein, liebe TAZ, so soll Einfahrt auf deutscher Seite mal sicher nicht aussehen!



    Dass die TAZ zum Artikel ein Bild der imaginären Horrordarstellung der Baustellen der sogenannten Beltretter dazu ins Netz stellt, ist ja wohl eine absolute Frechheit!



    Der Flächenverbrauch ist da völlig verzerrt und falsch dargestellt!



    Was soll das?!?



    www.gis34.dk/map.a...3_dn8y6xdEoMQIyeyM

  • Das Projekt ist völlig überflüssig. Für was brauchen wir diese Verbindung ? Um Baufirmen für die Bauzeit zu beschäftigen ? Um dafür zu sorgen, daß skandinavischer Joghurt nun 45 Minuten früher auf dem Kontinent ankommt ? Was sicher sein wird, ist, daß früher oder später die ganzen Fährlinien pleitegehen werden und mit ihnen die gesamte Hafenstruktur inklusive Versorgungsbetriebe, Hotels, Resturants und Ausflugsgedöns. Wieviel hundert Menschen verlieren ihre Arbeit ? Ein, zwei, dreihundert ?

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Thomas Schöffel:

      um die Umverteilung von Steuergeldern von unten nach oben breitflächig sicherzustellen

    • @Thomas Schöffel:

      45 Minuten sind nur die reine Fahrtzeit mit dem Schiff. An den Enden muss auch noch be- und entladen werden. Laut Fahrplan liegen aktuell zwischen der Abfahrt im Bahnhof Puttgarden und der in Rodby 1:12 Std. Also dürfe die Einsparung schon deutlich größer ausfallen.

      Gerade für den Personenverkehr macht das einen gewaltigen Unterschied. Dazu kommt, dass ein Tunnel keine Abstimmung zwischen Schiene und Schiff braucht. Der Tunnel ist immer da und wartet, wenn ein Zug durchfährt.

      Beim Güterverkehr dürfte eher die wirtschaftlich tragbare Ergänzung der Alternativstrecke über Jütland und Fünen eine Rolle spielen. Auch wenn der Güterverkehr auf der Schine jetzt nicht gerade aus den Nähten platzt, dürfte es aber doch zumindes langfristig jede Menge Umstellungspotenzial von der Straße geben.

      • @Normalo:

        Na toll, Wenn Ihnen das so wichtig ist, daß Ihr Joghurt etwas früher kommt und dafür hunderte Arbeitsplätze wegfallen, dan wissen wir ja nun, was für Sie so wichtig ist.

        • @Thomas Schöffel:

          Den Unterschied zwischen Personen- und Güterverkehr verstehen Sie aber schon, oder? Wie schnell der Joghurt ankommt, interessiert mich primär nur, wenn er sich in jemands Tasdche befindet.

          Davon abgesehen ist das Festhalten an überholten Strukturen nur um der Arbeitsplätze willen eine allenfalls übergangsweise sinnvolle Praxis. Nicht umsonst werde schon seit über zwanzig Jahren keine Güterzüge mehr auf der Vogelfluglinie eingesetzt. Und das wird auch mit dem sonstigen Verkehr auf der Route nicht besser werden, da die Konkurrenzangebote im weiter wegziehen. Warum heute noch 5 Stunden auf einer Zugverbindung von gerade mal 330 km Länge verbringen?

          Davon abgesehen muss so ein Tunnel (einer der längsten Europas) mit seiner ganzen Infrastruktur erstmal gebaut werden. Wenn er (endlich) fertig ist, muss er gewartet werden. Die Leute, die den Bau und die Wartung machen, müssen essen etc.. Das bringt auch wieder Arbeitsplätze. Die Fähren werden weniger, aber sie müssen nicht ausgedient haben. Die über den Ärmelkanal fahren auch bis heute.

          • @Normalo:

            Das festhalten an Arbeitsplätzen als "Festhalten an überholten Strukturen" zu bezeichnen, ist schon ein starkes Stück. Sind wohl nicht Ihre Arbeitsplätze, oder Normalo ? Übrigens verkehren auf den Fähren jede Menge LKW. Ich schätze mal nicht, daß die Personen auf den Ladeflächen haben. Ich habe nichts gegen Brücken prinzipiell, aber an dieser Stelle ist das gigantisch teure Projekt m.E. überflüssig, wie nur was.

  • Das Projekt sollte jetzt auf zwei Bahngleise reduziert werden. Das senkt die Kosten und erhöht die Wirtschaftlichkeit.

  • 9G
    96177 (Profil gelöscht)

    für derartige Plünderungsprojekte geradezu typisch...

    es gibt nur eins:

    www.change.org/p/h...-ostsee/u/23812090