Dinge des Jahres 2018: „Unschärfen am Rand“
Hans-Georg Maaßen konnte in Chemnitz keine Hetzjagden erkennen. Lag es an seiner Brille? Wir haben bei der Optikerin Katharina Pech nachgefragt.
Kleine ovale Gläser, goldenes Metall, braune Kunststoffbügel – bei dem Brillenmodell „Swing A“ des Herstellers Lunor handelt es sich um das Modell, das während der bizarren Einlassungen des Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen auf eben dessen Nase saß. Viele Menschen hat der Fall Maaßen bewegt, noch viele mehr haben sich gefragt: Was ist nur los mit diesem Mann? Wir haben die Augenoptikermeisterin Katharina Pech gefragt, ob seine Brille vielleicht Schuld an allem gewesen sein könnte.
taz am wochenende: Frau Pech, 2018 hat die Style-Community herzlich über Maaßens Brille gelacht. Was sagen Sie als Profi zu seiner Wahl?
Katharina Pech: Das Modell ist sehr konservativ und nicht modern, insofern passt es ganz gut. Tatsächlich geht die Mode zwar wieder in Richtung goldene Metallgestelle, die haben allerdings deutlich größere Gläser. Dieser reanimierte John-Lennon-Style ist besonders bei jüngeren Kunden beliebt.
Wie viel kostet denn die Lunor „Swing A“?
Die Brille kostet ohne Gläser 500 Euro.
Vielfach wurde kritisiert, dass die Brille viel zu klein für Herrn Maaßens Kopf sei. Ist das denn so?
Die Brille ist vielleicht zu klein für den aktuellen Zeitgeist, in Bezug auf Herrn Maaßens Gesicht jedoch stimmen die Proportionen.
Also doch kein modischer Fauxpas?
Im Jahresrückblick der taz am wochenende menschelt es nicht, versprochen. Nach allzu menschlichen Weihnachtstagen haben wir uns den Dingen des Jahres zugewandt. Menschen sterben oder verlassen das Scheinwerferlicht, aus vermeintlichen Sensationen wird Alltag. Aber die Dinge des Jahres, die bleiben.
Na ja, Herr Maaßen hat diese Brille ja schon sehr lange – und wie es bei Accessoires eben so ist: Warten lohnt sich, irgendwann wird alles wieder modern.
Mal abgesehen von der Stylefrage, was sind denn die Vorteile, die diese Brillenfassung hat?
Wenn ein Brillenträger sehr hohe Dioptrien-Werte hat, egal ob plus oder minus, dann eignen sich solche Fassungen mit kleinen Gläsern sehr gut. Denn umso höher die Werte und umso größer die Gläser, desto dicker wirkt das Glas auch. Dann sieht es schnell so aus, als hätte man Flaschenböden im Gesicht, und das will ja keiner.
Und die Nachteile dieser Brille?
Katharina Pech ist Augenoptikermeisterin und arbeitet im Optik-Fachgeschäft „Brillenkammer“ in Berlin-Friedrichshain
Man kann nur dort scharf sehen, wo Brillenglas ist. Bei kleineren Gläsern hat man also eine geringere Fläche zum Durchschauen.
Also hat man tendenziell Sehschwierigkeiten am linken und rechten Rand?
Ja, das kann vorkommen. Bei Herrn Maaßen sitzt die Brille darum auch so nahe am Gesicht. Das hat einen Schlüsselloch-Effekt. Umso näher das Glas am Auge sitzt, desto mehr Sehfläche hat man.
Im Alter kommt es häufig zu Altersweitsichtigkeit, dafür braucht man spezielle Gleitsichtgläser, die sowohl einen Sehteil für die Ferne, als auch für die Nähe haben. Geht das bei einem so kleinen Brillengestell überhaupt?
Dafür braucht es einen Experten. Wenn alles ordentlich ausgemessen ist, geht das.
Was ist, wenn man keine Gleitsichtgläser trägt, obwohl man sie braucht?
Dann hat man entweder Schwierigkeiten mit der Weitsicht oder man sieht alles in der unmittelbaren Nähe verschwommen.
Maaßen hat sich 2018 mit seinen Aussagen ins Abseits geschossen. Hat er das nicht kommen sehen?
Also, an der Brille kann es jedenfalls nicht gelegen haben.
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