Aufsichtsratsitzung der Deutschen Bahn: Alles soll besser werden – nur wie?
Die Grünen wollen den Bahn-Konzern zerschlagen. Der Aufsichtsrat billigt hingegen die Vorstandspläne, fordert aber Verbesserungen.
Die Schienenwege, die Energiesparte und die Bahnhöfe will er in einer staatlich betriebenen Gesellschaft zusammenfassen. Eine alte Idee der Grünen. So soll auf der Schiene mehr Wettbewerb entstehen. Der Teilverkauf der Tochterunternehmen wiederum soll die nötigen Milliarden für den Aufbau einer modernen Bahn einbringen, zum Beispiel durch den Kauf weiterer Züge.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Als erstes meldete sich der Vorsitzende der Eisenbahn-Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu Wort. Die Trennung von Netz und Betrieb „löse keines der aktuellen Probleme“, betonte Alexander Kirchner. „Dort, wo man es probiert hat, kehrt man zum integrierten Konzern zurück“, sagte er mit Blick auf Frankreich und Großbritannien. Die Bahn brauche nicht mehr Trennung, sondern im Gegenteil eine stärkere Bündelung der Aufgaben sowie massive Investitionen in die Infrastruktur.
Gleichzeitig musste der Bahnvorstand den Aufsichtsrat, damit auch die Bundesregierung, von seiner Strategie im Kampf gegen Verspätungen, kaputte oder überfüllte Züge überzeugen. Am Ende der zweitägigen Sitzung im Bahntower am Potsdamer Platz blieb Chefkontrolleur Michael Odenwald, der früher als Staatssekretär im Verkehrsministerium mit der Bahn betraut war, kühl. „Der Aufsichtsrat erwartet nun, dass die festgestellten Defizite beseitigt und sich ergebene Chancen zügig und konsequent angepackt werden.“
Wie groß die Schwierigkeiten im Bahnbetrieb sind, wurde in den vergangenen Tagen bekannt. Nur jeder fünfte ICE rollt in einwandfreiem Zustand über die Gleise. In den Werkstätten fehlt so viel Personal, dass mitunter nur noch sicherheitsrelevante Wartungsarbeiten durchgeführt werden. Defekte Toiletten oder Türen werden dann erst nach langer Zeit repariert.
All kleinen und großen Probleme, vom teils schwachen Service bis hin zum gewaltigen Schuldenberg, will der Vorstand nun angehen. Auf rund 200 Seiten hatte Bahnchef Richard Lutz die Misere zusammenfassen lassen. Wo die rund fünf Milliarden Euro herkommen sollen, die das Unternehmen zusätzlich für Investitionen benötigt, ließ der Aufsichtsrat offen.
Zur Diskussion steht eine Vermarktung des bahneigenen Glasfasernetzes. Aber auch ein Teilverkauf der Spedition Schenker oder britischen Bahntocher Arriva waren schon einmal im Gespräch. Aus dem laufenden Geschäft kann Lutz die Investitionen jedenfalls nicht mehr leisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Berliner Kurator verurteilt
Er verbreitete Hass-Collagen nach dem 7. Oktober
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar