: Bomben-Jux auf der Veddel
Urteil gegen bekannten Harburger Nazi erwartet
Am Montag endet vor dem Landgericht Hamburg der Prozess gegen Stephan K. wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hält K. vor, auf dem S-Bahnhof Veddel einen Sprengsatz aus sogenannten „Pollenböllern“ und 73 Montageschrauben gezündet zu haben.
Schon gleich nach der Festnahme von K. hatte eine Debatte über einen politischen Hintergrund begonnen. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten ein rassistisches Motiv ausgeschlossen. Doch der Beschuldigte ohne festen Wohnsitz ist kein Unbekannter: Vor 26 Jahren war K. zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden – wegen der brutalen Ermordung des ehemaligen Kapitäns Gustav Schneeclaus, der Adolf Hitler als Verbrecher bezeichnet hatte. Mit einen Skinhead-Kameraden hatte K. in Buxtehude so schwer auf Schneeclaus eingetreten und -geschlagen, dass dieser drei Tage später starb.
Der bullige Mann mit Glatze und Tätowierungen ist schon zwölf Mal wegen Körperverletzung, Totschlags und Vergewaltigung verurteilt worden. Ein Verfahren wegen des Brüllens von „Heil Hitler“ 2015 wurde eingestellt, weil ein Verfahren mit einer höheren Strafe drohte.
In dem seit Juni laufenden Prozess versucht der Pflichtverteidiger von K., ihn reuig und nicht rechts erscheinen zu lassen. Vor Gericht räumte K. ein, dass er am 17. Dezember 2017 die Bombe in einer Plastiktüte gezündet habe. Eine spontane Idee, um Leute zu erschrecken, nachdem ihm ein Kumpel mit dem Spitznamen „La Bomba“ die beiden Böller geschenkt hatte. Dass der Bahnhof in einem Viertel mit vielen Migranten liegt, blieb unerwähnt.
Dieses Teilgeständnis erschütterte allerdings die Aussage der Ex-Freundin, mit der K. zwei Kinder hat. Lange vor dem Tag soll K. im Juni 2017 über einen Bombenanschlag mit „Polenböllern“ gesprochen haben. Dem Jugendamt will die Finanzbeamtin auch von diesen Gesprächen berichtet haben. Bis heute habe ihr Ex eine rechtsextreme Einstellung, sagte sie. Sie sagte zudem, K. meinte, dass man alle Ausländer „vergasen“ sollte und die Kinder den Umgang mit Waffen für den „bevorstehenden großen Kampf“ lernen müssten. Zu ihrer Aussage war es nur gekommen, weil sie sich selbst beim Gericht gemeldet hatte. Die Polizei hatte sie abgewimmelt.Andreas Speit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen