: „Die Menschen sollen selbst zu Wort kommen“
Die Diversity-Trainerin Judy Gummich über weiße Strukturen in der taz
Judy Gummich ist Trainerin und Beraterin für Menschenrechte, Inklusion und Diversity.Sie lebt in Berlin und ist Mitbegründerin und war Geschäftsführerin von Adefra e.V. (afrodeutsche Frauen im Verein Schwarzer Frauen in Deutschland).
taz: Hast du die taz in der Anfangszeit mitbekommen? Wenn ja, wie?
Judy Gummich: Sporadisch, ich lebte in München und kam aus kleinbürgerlichem Milieu. Ich fand interessant, dass es eine andere Art Zeitung gab, aber mir war sie zu links. Später, Anfang/Mitte der 80er Jahre, als ich mich dann zuerst bei Kofra (Kommunikationszentrum für Frauen und Arbeit) und in der Frauenfriedensbewegung engagierte und nach dem Buch „Farbe bekennen“ auch Adefra (kurz für afrodeutsche Frauen im Verein Schwarze Frauen in Deutschland) mitgegründet hatte, war sie mir zu weiß. Mir fehlte die Offenheit für andere. Ich kam da nicht vor.
Wie nimmst du die taz heute wahr?
Ich suche vor allem nach Themen wie Migration, Rassismus, feministische Theorien und gucke: Was greift die taz auf, was andere vielleicht nicht berichten? Ich sehe das Bemühen, aber sie geht mir zu wenig auf Strukturprobleme ein: es fehlt eine Vernetzung etwa zwischen Schwarzen Zusammenhängen, Frauenbewegungen und anderen intersektionalen Dimensionen, Alter, Behinderung oder Religion etwa.
Was wäre für dich aus der Perspektive gesellschaftlicher Entwicklung wichtig in einer Tageszeitung?
Na ja, eben dieses Spannungsfeld mehr in den Blick zu nehmen, eine Auseinandersetzung darüber, in welchen Strukturen die taz sich bewegt und auch die Tazler*innen selbst. Zum Beispiel kann natürlich eine weiße Redakteurin die Verleihung eines Preises an eine Schwarze Autorin kritisieren, wenn ihr das Buch nicht gefällt, aber sie muss auch verstehen, dass sie damit in der Schwarzen Community was auslöst. Denn da haben gibt es so viele Diskriminierungserfahrungen und freuen sich über so einen Preis schon deshalb, weil endlich mal eine Schwarze Autorin gewürdigt wird. Darüber muss offen debattiert werden können. Ebenso wie über die Probleme der Ethnisierung von Religion. Generell wünsche ich mir, dass nicht so viel über Menschen geschrieben wird, sondern sie selbst zu Wort kommen, gerade in Zeiten von Social Media.
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