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Kommentar Diesel-Fahrverbot in BerlinAbkühlen unwahrscheinlich

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Der Diesel-Kompromiss der Großen Koalition sollte Fahrverbote verhindern, doch ein Berliner Gericht hat anders entschieden. Der Druck steigt.

Keine Durchfahrt für Diesel-Fahrzeuge Foto: reuters

E in Fahrverbot für Diesel-Pkws auf der Friedrichstraße – kommt es dazu wirklich, geht die Bedeutung weit über Berlin hinaus. Ein Premiumprodukt der deutschen Industrie darf im Zentrum der eigenen Hauptstadt nicht mehr benutzt werden – wem will man das erklären?

Nicht nur die rot-rot-grüne Landesregierung der Hauptstadt steckt angesichts der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts in der Bredouille, auch wenn diese noch nicht rechtskräftig ist. Prekärer wird die Lage auch für die Bundesregierung, besonders für Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), und die Autohersteller BMW, Daimler, Volkswagen. Erst in der vergangenen Woche einigte sich die Große Koalition auf einen Diesel-Kompromiss. Das Ziel lautet, Fahrverbote, die die Wähler*innen im täglichen Leben beeinträchtigen, zu vermeiden.

Man wollte das Problem eindämmen, indem die vermeintliche Lösung auf 14 besonders betroffene Städte mit hoher Luftbelastung durch dreckige Diesel konzentriert wird. Dort bekämen gut eine Million Diesel-Besitzer lukrative Zuschüsse zum Kauf neuerer, sauberer Wagen oder eine Nachrüstung ihres alten Gefährts mittels Katalysator. Fall erledigt. Doch so funktio­niert das nicht.

Denn Berlin gehörte bisher nicht zu den 14 Problemstädten. Die Sache zieht Kreise. Weitere Kommunen mit ähnlichen Gerichtsentscheidungen könnten folgen. Wie in Berlin klagt die Umwelthilfe in mehr als zwei Dutzend weiteren Städten, darunter Bonn, Köln, Dortmund, dem halben Ruhrgebiet.

Zusätzliche Nachrüstungen notwendig

Hunderttausenden, vielleicht Millio­nen Diesel-Besitzern zusätzlich müssten Regierung und Industrie das Umtausch- und Nachrüstangebot machen. Die Kosten steigen stark. Umgekehrt dürfte die Bereitschaft der Autokonzerne abnehmen, denjenigen Autohaltern einen Stickoxid-Katalysator zu bezahlen, die sich keinen neuen Wagen leisten können.

Anstatt abzukühlen, wird sich der Konflikt wohl verschärfen. Damit steigt der Druck auf die Regierung, anstatt einer halbgaren eine solide Lösung zu präsentieren. Diese muss die Verpflichtung für die Hersteller beinhalten, alle von Fahrverboten bedrohten Wagen auf Firmenkosten nachzurüsten.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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9 Kommentare

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  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    weiß hier jemand die co2 bilanz vom pferd auf 100 km

  • Warum spielt die taz dieses unsinnige Medienspekrakel mit? Stickoxide im diskutierten Konzentrationsbereich sind mit ziemlicher Sicherheit nicht gesundheitsschädlich. Es sind vor allem die Ultrafeinstäube. Die wiederum sind in Dieselabgasen mit Partikefiltetn fast nicht vorhanden, sondern vor allem in Benzinern mit Direkteinsptitzung, der größte Teil kommt zudem vom Reifenabrieb, auch der E-Autos.



    Diesel stoßen weniger CO2 aus als Benziner, aber das ist einfach zu kompliziert fürs Publikum?



    Es wird nicht aus falschen Gründen das Richtige getan. Welch ein groteskes Schauspiel.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Technisch, ökologisch und ökonomisch Schwachsinn. Trotzdem machen wir es, denn der stramm ordentliche Deutsche ist gründlich in Allem was er anpackt.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Diese ganzen „Fahrverbotsorgien“, die ich in der Sache begrüße, führen erst einmal zu Medienaufmerksamkeit und dann zu dem Verhalten, durch dass sich die deutsche Nachkriegspolitik seit Adenauer auszeichnet: Negieren der Sachlage, systematisches Ausweichverhalten in Problemsituationen, politische Sponsoren nicht beschädigen und schlussendlich ein paar Brotkrumen unter das Volk werfen.



    Das hat bisher gut geklappt, denn die Verschmutzung der Städte durch den überbordenden Verkehr und die Regelwerkskonforme „Mogelei“ bei Abgasangaben gibt es nicht seit Gestern sondern seit Jahren. Allen Protesten zum Trotz. Was die Umwelthilfe nun so wunderbar zelebriert ist folgerichtig, wird politisches Handeln allerdings nicht verändern. Nur unausweichlicher Druck kann das. Und das schöne Nachbarschaftsbeispiel der Niederländer: Ich kenne Amsterdamm noch zu Zeigen des Autoverkehrs, als die Stadt in Abgasen quasi „absoff“. Dann kam die Änderung.

  • Dieser Dieselkompromiss ist seit der Umweltprämie wohl das Schäbigste, was sich die deutsche Politik hier aktiv leistet. Von ihrer Passivität bei dem Abgastestbetrug nicht zu sprechen.

    Wenn die Antwort der Politik nur weitere Subventionen für betrügerische Konzerne ist, finde ich es folgerichtig, dass geltendes Recht stumpf durchgesetzt wird. Damit schwindet zwar der Gestaltungsspielraum - aber anders scheint sich ja nichts zu bewegen.