Debatte um Hochhaus: Überflüssiges Wahrzeichen
Bürgerschaft hört Experten zum Wolkenkratzer an den Elbbrücken. Die Abgeordneten wollen ein Finanzdesaster wie bei der Elphi und eine Investitionsruine verhindern
Das Baugrundstück gehört der Stadt, das Parlament muss abschließend über den Verkauf entscheiden. Die Verträge über einen Verkauf für 122 Millionen Euro sind bereits ausgehandelt. Dem Zuschlag an den österreichischen Investor Signa Prime Selection ging ein einstufiges Auswahlverfahren voraus, das zum einen die architektonische Qualität bewertete und zum anderen die Realisierungssicherheit.
Der Kaufpreis spielte dabei eine untergeordnete Rolle, was vom ersten Experten auch gleich moniert wurde. Das Grundstück werde um 37 Prozent billiger abgegeben als der östliche Teil der Hafencity, kritisierte der von der Linken aufgebotene Stadtplaner Mario Bloem, der schon als Kritiker der Bunkeraufstockung in der Feldstraße hervorgetreten ist.
Bloem verwarf die Behauptung des Architekturbüros David Chipperfield, mit dem Elbtower entstehe ein neues Wahrzeichen. Ein solches müsse charakteristisch für einen Ort sein; dieser Turm könne jedoch überall stehen. Charakteristisch seien hingegen bereits die Elbbrücken, die ins Elbtal passten und den Ort auf hinreichende Weise akzentuierten. „Hier sind die Elbbrücken die Nummer eins“, sagte der Planer. Sie müssten nur etwas zugänglicher gemacht werden.
Hochhaus allein kein städtebaulicher Schwerpunkt
Volker Halbach von Blauraum Architekten erinnerte an den Hafencity-Masterplan, der mehrere Hochhäuser zwischen den Elbbrücken vorsah. „Wir brauchen einen Eckpunkt an der östlichen Seite der Hafencity“, sagte er.
Halbach wehrte Bloems Kritik ab, das gläserne Gebäude könnte anders als auf den veröffentlichten Darstellungen dunkel werden: Das Hochhaus erhalte eine zum Sonnenschutz vorgehängte Fassade aus hell beschichteten Aluminium-Lamellen. Es sei allerdings wichtig, beim Bau und den Details so lange wie möglich mit dem Architekten Chipperfield zusammenzuarbeiten.
Heike Sudmann, Die Linke
Der zwischen Verkehrswegen eingeklemmte Ort lasse sich auch beleben, sofern es gelänge, die ersten sechs Stockwerke für die Öffentlichkeit zu öffnen. Alles darüber soll Büros vorbehalten sein. Ein Hochhaus allein schaffe noch keinen städtebaulichen Schwerpunkt, sagte dagegen Bloem, was er mit der Ödnis rund um das Empire State Building in Manhattan illustrierte. Ob sich mit einem Aquarium, wie es schon einmal in der Hafencity geplant war, einem House of Pop und einem E-Sports-Center genügend Menschen für die Publikumsflächen in den Sockelgeschossen anziehen ließen, sei fraglich. Eine von der Bürgerschaft gewünschte Aussichtsplattform sei im Vertrag nicht enthalten.
Das könne nachverhandelt werden, versicherte Johannes Conradi von der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, was bei der Opposition ungute Erinnerungen an die kostspieligen Nachträge bei der Elbphilharmonie weckte. Conradi hat den Senat bei der Vertragsgestaltung beraten und wurde von der SPD-Fraktion als Experte benannt. Damit gehöre er wohl eher auf die Senatsbank, bemerkte Heike Sudmann von der Linken.
„Die Personen, die das planen, müssen sich überlegen, wie sie mit dem Gebäude Geld verdienen“, erinnerte Andreas Kleinau von Combine Consulting, ein weiterer Berater des Senats, der von der SPD nominiert wurde. Ein Hochhaus sei richtig, weil es eine Adresse schaffe und flexibel zu nutzen sei. Er sehe „für die öffentliche Hand keine wesentlichen Risiken“.
Der von der CDU benannte Immobilienentwickler Henning Laubinger warnte dagegen, der Investor Signa Prime Selection habe noch nie ein Hochhaus entwickelt. Derzeit gebe es eine immmobilienwirtschaftliche Sonderkonjunktur. „Was passiert eigentlich, wenn sich die Rahmendaten ändern?“, fragte Laubinger.
Absicherung für die Stadt schwierig
„Die Schwelle dafür, dass ein Investor seine Meinung ändert, ist höher als ich bei jedem anderen Projekt in dieser Stadt gesehen habe“, versicherte Anwalt Conradi. Sich abzusichern sei für die Stadt schwierig, warnte Laubinger: „Es geht darum, dass einem Projekt von einem solchen Gewicht plötzlich eine Zwangssituation entsteht.“
„Meine Horrorvorstellung ist die: Es sind 20 bis 30 Stockwerke gebaut und dann passiert was“, sagte Sudmann. In diesem Fall könne die Stadt in die Architekten- und Beraterverträge einsteigen, sagte Conradi. Für den Rohbau müsse sie nur zahlen, wenn sie diesen binnen zehn Jahren selbst nutzte oder weiterverkaufte.
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