piwik no script img

Legastheniker gegen MuslimeDeuschland den Deuschen

Sie wollen „Deutschland“ retten, aber können es nicht mal richtig schreiben: Die Hetzparolen an einer Hamburger Moschee sind fast schon komisch.

Einst Kirche, bald Moschee – auch wenn das einigen nicht passt: die Al-Nour-Moschee in Horn Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | „Deuschland den Deuschen – Nationaler Wiederstand“ steht am Boden des Eingangs. „Islam tötet“, „Vergewaltiger“ und „Terror“ steht an den Wänden der Al-Nour-Moschee – gespickt mit Rechtschreibfehlern. In der Nacht zum Montag haben bisher unbekannte Täter die Parolen angesprüht.

„Solche Schmierereien sind das erste Mal passiert“, sagt Daniel Abdin, Vorsitzender der Al-Nour-Gemeinde. „Ich denke, sie sind dem allgemeinen gesellschaftlichen Klima gegen ‚den Islam‘ geschuldet.“

Es war ein Nachbar, der der Gemeinde die Schmierereien an der noch nicht eröffneten Moschee gemeldet hatte. „Er war ganz betroffen“, sagt Abdin. Die Gemeinde selbst hatte die Parolen noch gar nicht bemerkt. Die Moschee in Horn soll erst am 26. September in Betrieb gehen.

Vor fünf Jahren hatte der Umbau der leer stehenden Kapernaum-Kirche begonnen. Viele Anwohner waren damals besorgt. Dass eine Kirche zur Moschee umgebaut werden sollte, enthielt eine politische Symbolik in der angeheizten Debatte um die vermeintliche Islamisierung der Bundesrepublik. „Oh Gott, oh Gott, die Islamisten kommen“, hätten Nachbarn befürchtet, sagt Abdin. Doch das sei 2013 gewesen, heute würden die Anwohner fragen: „Wann kommt ihr endlich?“

Die Gegendemos

Zwei Gegendemos gegen die „Merkel muss weg“-Kundgebung sind angemeldet:

„Hamburger Stimmen für Vielfalt“, 17 Uhr, Stephansplatz;

Kundgebung des „Hamburger Bündnisses gegen Rechts“, 17.30 Uhr, Hachmannplatz

Am Jungfernstieg, nahe der "Merkel muss weg"-Kundgebung, sollen sich beide Gegendemos vereinen

Vor fünf Jahren war die rechte Szene mit dem Versuch gescheitert, Ressentiments zu befeuern. Unter dem Motto „Lasst die Kirche im Dorf“ wollten „Pro Deutschland“, die „German Defence League Hamburg Division“ und die „Identitäre Bewegung“ im Stadtteil aufmarschieren. Trotz bundesweiter Mobilisierung kamen nur 28 Anhänger. Über 600 Gegendemonstranten, etliche aus der Nachbarschaft, begrüßten damals bereits Abdin mit Applaus.

Der sagt heute: „Wir sind hier angekommen, werden angenommen. Diese Schmierereien sind aber Ausdruck der anhaltenden Hetze.“ Ein Anwohner bestätigt das: „Ich glaube nicht, dass ein Nachbar diese Parolen gesprüht hat.“ Er sieht einen Zusammenhang zu der für Mittwoch angekündigten „Merkel muss weg“-Kundgebung. „Ich denke, das war der Anlass für die Schmierereien“, sagt er. Er wohnt gleich hinter der Moschee. „Hier bei uns ist die Stimmung gut“, betont er.

Jetzt weiß es auch der VS: Nazis gegen Merkel

Nachdem die Kundgebung „Merkel muss weg“ monatelang ausgesetzt hatte, hoffen die Organisatoren um den rechten Kampfsportler Thomas „Togger“ Gardlo am Abend auf rund 500 Teilnehmer. Im ersten Halbjahr 2018 hatten in Hamburg sogenannte Montagsdemonstrationen gegen die Asyl- und Einwanderungspolitik mit bis zu 200 Teilnehmern stattgefunden – mitten dabei Kader der NPD und der Identitären Bewegung.

„Wir haben seit dem Frühjahr darauf hingewiesen, dass sich hinter der Chiffre ‚Merkel muss weg‘ genau der üble, braune Mob von AfD-Mitläufer­Innen, Nazi-Hooligans, rechten Türstehern, NPD-Aktivisten, völkischen Identitären, Burschenschaftern und Pegida-AnhängerInnen verbirgt, welcher jetzt in Chemnitz mit Hitlergrüßen und Hetzjagden zur Lynchjustiz gerufen hat“, sagt ein Sprecher der Hamburger Bündnisses gegen Rechts.

Nun warnt auch der Verfassungsschutz: „Diese Kundgebung verantworten Rechtsextreme“, sagt Sprecher Marco Haase der taz. Teilnehmer sollten sich dessen bewusst sein, dass sie zu Rechtsextremen gingen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Rechtschreibung ist doch voll schwul! Was ein anstendiger hacht abeitender Däutscher Vamilienfater ist, der braucht doch kaine rechtschraibunk!

    Und überhaupt:



    Hitler isch libe disch! Isch wil 1 kint fon dier!

    ...meint mein Satire-Viertie, das Dume nazie prolmehtschen (19)!

  • Diese Rechtschreibschwäche, entstanden aus dem Widerwillen sich aktiv mit deutscher Kultur, hier in Form der Muttersprache auseinanderzusetzen, hat nichts mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche zu tun.



    Verachtung und Spucke ist eine adäquate Antwort auf Faschisten. Man ist diesen Menschen schon öfters, nicht nur in Deutschland, mit Freundlichkeit und Verständnis, anstatt mit einem Fußtritt entgegengetreten. Das funktioniert nicht. Für diese in ganz simplen, viehischen Mechanismen Behafteten wirkt das wie eine Unterwerfung, ist Bestätigung und Ansporn.



    Diese Unbildung und Verdrängung der Intelligenz ist selbstgewollt, quasi Identität des faschistischen Fußvolks.

  • Dass die Verantwortlichen orthographische Schwächen erweisen, mag zwar amüsant sein, unter den gebildeten Ständen noch einmal die Gewissheit suggerieren, die Bildung rette vor Ignoranz, usw. Den herablassenden Ton allerdings und die Diffamierung legasthenischer Menschen der Titelzeile kann sich der Autor und die Redaktion besser abgewöhnen. Wer die Taz täglich (mit Wohlwolen) liest, wird auch dort von einer Anzahl von Schreibfehlern begrüßt, über die müde zu lächeln desweilen auch nicht die leichteste Aufgabe ist. MfG,