piwik no script img

Disziplinarverfahren gegen StaatsanwaltAfD-Politiker droht Berufsverbot

Ein Gericht in Stuttgart klärt, ob der AfD-Abgeordente Thomas Seitz weiter als Staatsanwalt tätig sein kann. Er habe Amt und Politik nicht getrennt.

Dies ist kein Rettungsschirm: Das Justizministerium wirft Thomas Seitz schwere Dienstvergehen vor Foto: dpa

Stuttgart taz | Dem Staatsanwalt und AfD-Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz droht die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Das zeichnet sich nach der mündlichen Verhandlung am Richterdienstgericht des Landes Baden-Württemberg ab. Das Urteil wird in einigen Wochen veröffentlicht.

Das CDU-geführte Landesjustizministerium warf Seitz schwere Dienstvergehen vor. So habe er sein Amt und die politische Aktivität nicht sauber getrennt. Auf einem Foto auf seiner Facebook-Seite war er mit AfD-Sticker und Robe über dem Arm zu sehen. Außerdem habe er sich mehrfach in „nicht hinnehmbarer Weise“ über Muslime und Flüchtlinge geäußert. Er habe von einer „Invasion“ gesprochen, die die Bundeswehr notfalls mit Waffengewalt aufhalten müsse.

Es sei „nicht gewährleistet, dass Sie diesen Bevölkerungsgruppen im Dienst noch neutral und unvoreingenommen entgegentreten“, sagte Landesvertreter Christian Pohl zu Seitz. Jedenfalls bestehe ein „böser Schein“. Außerdem habe Seitz die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ verletzt, kritisierte das Land. Er habe unter anderem die deutsche Justiz als „Gesinnungsjustiz“ bezeichnet.

Damit habe Seitz gegen die beamtenrechtlichen Pflichten zur Mäßigung, zur Neutralität und zur Verfassungstreue verstoßen. Die Schwere und Vielzahl der Dienstvergehen – insgesamt ging es um 17 Einzeläußerungen – lasse nur eine Möglichkeit zu, so der Landesvertreter: Seitz müsse der Beamtenstatus entzogen werden.

Seitz Anwalt Martin Konrad betonte, dass sich kein Vorwurf auf das dienstliche Verhalten seines Mandanten beziehen. Dort sei ihm nie Einseitigkeit vorgeworfen worden. Der Anwalt räumte ein, dass man über einen Verstoß gegen die Mäßigungspflicht diskutieren könne. Allerdings müsse im Wahlkampf auch ein Beamter „nicht nur mit dem Florett fechten“.

Noch kein Präzedenzfall

Seitz ergriff in der Verhandlung selbst das Wort. Seine Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt und teilweise aus dem Zusammenhang gerissen worden. „Ich habe nicht ins Blaue hinein gehetzt, sondern auf die konkrete Wirklichkeit Bezug genommen“, etwa als er vor „Randale“ in Flüchtlingsunterkünften warnte, die die Polizei überfordere. Dass er auf dem Foto seine Staatsanwaltsrobe über den Arm gelegt hatte, sei für unbefangene Betrachter gar nicht erkennbar.

Ich habe nicht ins Blaue hinein gehetzt

Thomas Seitz, AfD

Die Vorsitzende Richterin Ute Baisch sagte: „Es spricht einiges dafür, dass die Grenzen des Mäßigungsgebots überschritten wurden.“ Als Vergleich regte sie an, dass Seitz selbst seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragt. Seitz lehnte ab. Das Gericht will sich für das Urteil Zeit nehmen, weil es keine Präzedenzfälle gibt. Seitz Anwalt: „Der Fall hat das Zeug, beim Bundesverfassungsgericht zu landen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wie in Weimar, kommen viele Feinde der Demokratie aus den Reihen der Staatsbediensteten.

  • TU
    Test User , Autor Moderator ,
    Ein Gericht in Stuttgart klärt, ob der AfD-Abgeordente Thomas Seitz weiter als Staatsanwalt tätig sein kann. Er habe Amt und Politik nicht getrennt. [cms-article=5527618]