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Kommentar Zollstreit EU-USAEine Front gegen Trump

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Trumps Appetit auf Protektionismus ist ungebrochen. Die EU darf sich nicht erpressen lassen und muss sich nach neuen Partnern umsehen.

Böser, böser Stahl! Foto: dpa

N ein, dies ist noch kein Handelskrieg. Die Abschottungs-Zölle der USA gegen Stahl und Aluminium aus Europa sind, ökonomisch betrachtet, lächerlich. Auch die nun von der EU geplanten Vergeltungsmaßnahmen bei Jeans, Whiskey und Motorrädern made in USA sind alles andere als eine Kriegserklärung, sondern bloß symbolische Nadelstiche.

Dennoch ist die Lage ernst. US-Präsident Donald Trump hat im Zollstreit gezeigt, was ihm die europäischen „Partner“ wert sind: fast nichts, jedenfalls weniger als ein paar Wählerstimmen im amerikanischen Rust Belt. Das Gerede von den gemeinsamen westlichen Werten und der transatlantischen Partnerschaft hat sich als hohl erwiesen.

Gleichzeitig haben die Europäer gezeigt, wozu sie für den Fetisch des freien Handels bereit sind: zu fast allem. Sie wollten nicht nur die Welthandelsorganisation WTO auf den Kopf stellen, um Trump zu gefallen. Sie wollten auch gefracktes Flüssiggas aus den USA kaufen und ihre öffentlichen Beschaffungsmärkte für US-Konzerne öffnen.

Gebracht hat es nichts, im Gegenteil. Die USA haben Deutsche, Franzosen und die EU-Kommission gegeneinander ausgespielt und den Druck immer mehr erhöht. Nachdem die EU bereits mehrere Angebote gemacht hatte, leitete Trump auch noch ein Prüfverfahren gegen Autos aus Übersee ein. Angeblich sollen sie die nationale Sicherheit gefährden.

Der Westen ist tot, schauen wir uns nach neuen Partnern um!

Das zeigt: Appeasement hat Trumps Appetit auf Alleingänge nicht geschmälert, sondern noch vergrößert. Und es könnte noch schlimmer kommen. Wenn nicht alles täuscht, dann sind die Stahl- und Aluminiumzölle nur ein Vorspiel. Trump wird nichts unversucht lassen, die EU weiter zu provozieren und immer neue Zugeständnisse zu fordern.

Deshalb ist es wichtig, dass die Europäer hart bleiben. Die bisherige Linie, nicht mit der vorgehaltenen Pistole des amerikanischen Cowboys zu verhandeln, war richtig; sie darf nicht aufgeweicht werden. Neue Gespräche darf erst erst geben, wenn die EU ihre eigenen Schutzmaßnahmen in Kraft gesetzt hat, nicht vorher. Wir dürfen uns nicht provozieren lassen, Erpressung darf sich nicht auszahlen.

Nachhaltiges Gleichgewicht im Welthandel

Doch aus Deutschland kommen schon wieder andere Töne. So hat CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier offen gelassen, ob die angekündigten europäischen Vergeltungszölle überhaupt kommen. Und EU-Kommissar Günther Oettinger (ebenfalls CDU) hat sich für ein „TTIP light“ ausgesprochen – also eine abgespeckte Version jenes Freihandelsabkommens, gegen das Hunderttausende auf die Straße gegangen sind.

Sollte das am Ende der Preis sein, den wir zahlen müssen, um einen Handelskrieg abzuwenden? Soll die EU stillhalten und hinter den Kulissen einen neuen „Deal“ aushandeln? Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, das kann es nicht sein. Trump würde dies nur als Schwäche werten. Besser wäre es, unter dem Schutz der europäischen Gegenmaßnahmen eine neue, internationale Abwehrfront aufzubauen.

Dazu müssten sich die Europäer mit Chinesen, Kanadiern und Mexikanern an einen Tisch setzen, denn auch sie werden vom neuen US-Protektionismus getroffen. So könnte die EU beweisen, dass sie es ernst meint mit dem Multilateralismus. Bisher haben Altmaier und andere Transatlantiker eine solche Front verhindert – nun wird sie möglich. Der Westen ist tot, schauen wir uns nach neuen Partnern um!

Und wenn es dann doch noch zu Verhandlungen mit Trump kommt, dann sollte es nicht um ein „TTIP light“ oder andere schmutzige Deals gehen – sondern um fairen Handel. Es kann nicht das Ziel sein, den Absatz von BMW und Mercedes an der 5th Avenue in New York zu sichern. Nein, wir müssen zu einem neuen, nachhaltigen Gleichgewicht im Welthandel kommen. Sonst wird sich der Streit immer wieder neu entzünden, nicht nur mit Trump.

Klar, dem Exportweltmeister Deutschland wird dies schwer fallen. Er hängt wie ein Fixer an der Nadel des Exports. Doch Deutschland ist nicht die EU. Und „Freihandel über alles“ bringt uns im Streit mit Trump und seinen protektionistischen Truppen nicht weiter, „TTIP light“ schon gar nicht. Sonst würde am Ende nicht nur die Wirtschaft verlieren, sondern auch noch die Demokratie.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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13 Kommentare

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  • Die gesamte europäische Politik ist ausschließlich der Macht der Konzerne geschuldet!

     

    Politiker in diesem Konstrukt, welches sich EU nennt, haben nicht das Sagen, denn sie werden ausschließlich durch die Lobbyisten der Konzerne angeleitet!

     

    Alle Entscheidungen der EU Kommissionen beruhen auf die mehrheitlich gemachten Ansagen der Kapitalmacht des Kontinents!

     

    Jedes Gesetz, welches die direkte Regelung der Banken beinhaltet, wird von den Banken abgenickt, um den Schein nach Außen zu wahren, ohne direkte Konsequenzen ihres Handelns!

     

    Speziell die deutsche Politik unter Merkel hat sowohl das deutsche, wie auch das europäische Volk aus den Augen verloren!

    Wie man nun auch in Frankreich sieht, beginnt Macron damit auch Frankreich in ein Billiglohnland und eine soziale Wüste, siehe Hartz IV Gesetze, umzubauen, nur muss er mit mehr Widerstand umgehen, als es in Deutschland der Fall war, als die SPD unter Schröder begann, den Zusammenhalt der Deutschen zu zerstören!

     

    Die zwölf Jahre Merkel, bzw. die 8 Jahre GroKo mit der SPD haben jedweden Willen der Regierung für einen Ausgleich der Einkommens und Steuergerechtigkeit zerstört.

    In der Politik geht es heute nur noch um den Erhalt des Status Quo in der Arbeitspolitik und den Erhalt der Einkommenssicherung des Kapitals!

     

    Nun schon seit Jahren versäumte die EU sich so zu festigen, dass sie in der Lage gewesen wäre, mit Schwierigkeiten dieser jetzigen Couleur umgehen zu können, in dem sie eine gemeinsame Fiskalpolitik und Finanzpolitik auf den Weg gebracht hätte!

    Die jetzt auf die EU zukommenden Probleme durch Protagonisten wie China, Trump und Putin, entgegen zu treten, wird nicht mehr machbar sein, denn so zerstritten, wie die EU agiert, sieht sie aus als wäre sie längst Obsolet!

     

    Auch ist völlig unverständlich, dass es in der Bevölkerung ein so großes Verständnis für Russland gibt, sogar das Ende der Sanktionen gefordert wird, denn man würde nur von der einen Erpressbarkeit in die Nächste rutschen!

     

    Putin agiert wie Trump!

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Ach Herr Bonse. Ihr Antiamerikanismus in Ehren. Aber Ihr letztes geschriebenes Wort ist Demokratie. Und im Text schreiben Sie, D sollte stärker mit China und Mexiko handeln. Bravourös. Eine Edelfeder der Kieler Nachrichten hat heute die Türkei als stärkeren Partner vorgeschlagen. 2 Sätze vorher wurde aber Trump als Nationalist beschimpft. Fantastisch! Genau mein Humor. Brauch man für Journalismus eigentlich einen Schulabschluss?

  • Trump zeigt sehr deutlich, dass die in Deutschland vorherrschende Meinung der Transatlantiker in die Sackgasse führt. Selbst dann bzw. erst recht dann, wenn plötzlich Stärke gegenüber den USA gezeigt werden soll, die Deutschland quasi tarnend als EU-Interessen verkauft. Ist es doch der deutsche Egoismus, der mittels Lohndumping gegenüber vergleichbaren Ländern in der EU und anderen großen Handelspartnern, auch in Verbindung mit protektionistischen Zöllen via EU, zu ökonomischen Verwerfungen führt. Und die deutsche Regierung bewegt sich nicht. Zumindest so lange nicht, wie die regierungstreuen Medien alle Schuld bei Trump suchen. Und auch so lange nicht, wie Deutschland in der EU als führende Wirtschaftsmacht andere Länder gängeln kann. Wenn Deutschland jetzt die Stärke der eigenen Muskeln entdeckt, ist es kein Wunder, dass von militärischer Aufrüstung schwadroniert wird. Dann, spätestens dann wird Deutschland zur Gefahr für den Frieden. Die Russenhetze ist erst der Auftakt. Die ständige Mäkelei gegenüber EU-Mitgliedsstaaten ist ein weiteres Indiz für den unfriedlichen Charakter. Nicht zu vergessen die Durchsetzung der Austeritätspolitik.

     

    Wenn von "Exportweltmeister" gesprochen wird, dann muss man auch die Kehrseite der Medaille sehen: Verkümmerung der Binnennachfrage, Verlotterung der Infrastruktur, Verwahrlosung sozialer Einrichtungen, Bildungskatastrophe usw.

     

    In einigen Jahren heißt es dann: Rechtsnationalisten, übernehmt die Macht!

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Mal einen Gang zurückschalten. Gerade Deutschland hat nach 45 in der Partnerschaft zu den USA ausschließlich bekommen und fast nichts gegeben, außer Exportüberschüsse. Des Weiteren existieren die Deutschen hier auf ihrer paradiesischen Wohlstandsinsel ausschließlich deshalb, weil Amerikaner Blut und Dollar gelassen haben. Und jetzt schützen Sie sich eben auch mal selbst. Ist völlig verständlich.

  • Wie bitte?! Deutschland zuerst?

     

    Ganz so kommt es rüber, wenn man die Presselandschaft überfliegt.

     

    Die permanente Autowerbung hat die Hirn-Denkschranke offenbar durchstoßen.

     

    Die gesamte EU liefert pro Jahr für knappe 5 Milliarden Euro Stahl und Aluminium in die USA. Knapp oberhalb der Nachweisbarkeitsgrenze also.

     

    Ich hätte nichts dagegen, wenn mit Zöllen auf allen möglichen Kleinkram gekontert würde. Denn dann würde Donald bestimmt wütend und würde die Zölle auf Automobile von derzeit 2.5 auf 10 Prozent heben, so wie die EU das bei US-Fahrzeug tut.

     

    Ja, das wünsche ich mir

  • Ich kenne die USA, ich habe seit 2010 in Miami / unweit von Trump`s Mar-a-Lago ein kleines Anwesen und bin jedes Jahr dort. Für die Amerikaner gibt es den Kontinent Europa aber was EU sein soll, weiß keiner so richtig.

     

    Donald Trump wird entweder ein Segen für die EU oder eine Katastrophe.

    Der französische Außenminister hat bereits angesagt, dass die EU keine lose Ansammlung von Vasallenstaaten sind. Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker meinte im Hinblick auf die Trump Zölle, dass was die können, können wir auch. Gleichzeitig führt Horst Seehofer bayrische Grenzkontrollen zu Österreich ein, die mir meine Wanderungen in den Alpen, wegen der zweistündigen Wartezeit an der Grenze versauen.

    Die EU kann gar nichts, außer die eigenen Bürger zu schikanieren. Die Europäer wollen ihre die Muskeln spielen lassen. Solche Muskeln hat die EU eigentlich genug: Die EU ist ein Markt mit mehr als 510 Millionen Einwohnern. Die USA haben knapp 325 Millionen Einwohner. Der Handel zwischen den USA und der EU entspricht etwa einem Drittel des weltweiten Handels. Es gäbe also keinen Grund, sich den USA gegenüber als hilflose Befehlsempfänger zu positionieren. Nur gibt es keine nennenswerte gemeinsame europäische Stimme, die ein Mandat aufweist Trump mit dem gesamten Gewicht der EU gegenüberzutreten. Auch hat die die EU keine funktionierende gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, oder gar eine gemeinsame Haushalts- und Finanzpolitik.

    Die EU ist nur eine nummerisch Größe, ein kopfloser Muskelprotz. Stellen Sie mal einen solchen kopflosen Muskelprotz in den Ring, selbst ein sechsjähriges Kind könnte es schlagen.

     

    Wenn die Politiker die EU nicht auf Vordermann bringen, kann Trump nicht nur schalten und walten wie er will mit der EU, sondern die EU wird insgesamt allen um die Ohren fliegen.

     

    Die Uneinigkeit in der EU ist der wahre Grund für das Dilemma.

    • @Nico Frank:

      Vielleicht ist der EU aber auch irgendwie (unter)bewußt, dass die Amis in den letzten 25 Jahren so richtig den "Freihandel" ausbaden mussten und entweder nett dabei lächelten (Obama, Clinton) oder andere Probleme (11.9) am Hals hatten (Bush).

  • Geschäftsverbot für McDonalds in Europa!

    • 9G
      97796 (Profil gelöscht)
      @Grmpf:

      Klar doch...

  • Wann steht endlich die NATO zur Disposition?

    Oder soll Onkel Donald hier auch die Möglichkeit zur Erpressung -frei Haus- behalten?

  • "Gleichzeitig haben die Europäer gezeigt, wozu sie für den Fetisch des freien Handels bereit sind: zu fast allem."

     

    Das dürfte hauptsächlich deutschen Interessen geschuldet sein.

     

    "Doch aus Deutschland kommen schon wieder andere Töne. So hat CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier offen gelassen, ob die angekündigten europäischen Vergeltungszölle überhaupt kommen."

     

    Deutschland ist durch Exportfixierung absolut abhängig und erpressbar. Von dieser falschen Wirtschaftsausrichtung einmal abgesehen, ist es so einfach unmöglich eine starke Verhandlungsposition zu haben.

    Andere "Partner" sind da nur ein X für ein U.

     

    Es wird auch eine Zeit nach Trump geben und vielleicht ist es da ganz hilfreich jetzt nicht allzu viele Beziehungen zu kappen.

     

    Mich stört etwas der staatstragende Ton, auch wenn es hier heißt die EU muß Stärke zeigen, ist es nichts anderes als Deutschland muß Stärke zeigen.

    • @nutzer:

      Altmaier und Oettinger haben einen sehr unangenehmen Geruch angenommen, weil sie zu lange in Trumps Hintern herumkriechen. Das widerspricht der Vernunft, der europäischen Gemeinschaft und der europäischen Solidarität. Beide sind höchst ungeeignet in ihren Jobs und peinlich für Deutschland.

  • Ist ja ein ganz toller Ratschlag! So ähnlich wie "Vermeiden Sie Stress" beim Arzt! Die EU hat sich durch die völlige militärische Abhängigkeit von der NATO und damit den USA über Jahrzehnte erpressbar gemacht - und das mehr als blauäugig! Das lässt sich nicht von heute auf morgen umkehren - nicht ohne sich wieder erpressbar zu machen! Ob nun Trump oder China macht keinen Unterschied - wer die zum Freund hat, braucht keine Feinde mehr!