Kommentar DiEM25-Bewegung: Die Kraft der Utopie
Europa droht zu zerfallen, Macron wird es nicht retten. Es ist Yanis Varoufakis' DIEM25-Bewegung, die helfen kann, nationale Egoismen zu überwinden.
E uropa ist in einer tiefen politischen Krise, und ohne eine Erneuerung könnte die Union schon bald auseinanderfallen. Das zeigen der Brexit, das Erstarken der EuropagegnerInnen in Italien, in Deutschland und vielen anderen Ländern. Viele setzen nun auf den französischen Präsidenten als Erneuerer und Retter. Doch Emmanuel Macron ist nicht der Richtige, um das langsame Sterben der Europäischen Union aufzuhalten. Er vertritt jenen neoliberalen Kurs, der die Union von innen zerstört, weil er Reiche reicher und Arme ärmer macht.
Ob Europa als politischer Verbund überlebt, ist nicht nur theoretisch wichtig. Es ist für uns alle eine Frage von Wohlstand oder Armut, und ja, auch wenn es pathetisch klingt: Es ist eine Frage von Krieg und Frieden.
Ausgerechnet aus Griechenland, das am meisten unter dem von den reichen EU-Staaten diktierten Kürzungswahn gelitten hat, kommt nun ein Hoffnungsschimmer: die Bewegung DiEM25 (Democracy in Europe Movement) 25. Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und seine MitstreiterInnen aus vielen Staaten haben sie ins Leben gerufen, um die EU demokratischer und gerechter zu machen – und so zu erneuern. Dieser Ansatz ist genau das, was Europa jetzt braucht, um zu überleben: Die konkrete Utopie eines geeinten Kontinents, auf dem nationale Egoismen überwunden sind, auf dem Wohlstand gleichmäßig verteilt wird und Menschen nicht nur formaldemokratisch mitbestimmen können.
In vielen Staaten wird DiEM25 bei den Europawahlen im Mai 2019 antreten, voraussichtlich auch in Deutschland. Wahrscheinlich wird sie sogar schon bei den Wahlen in Italien dabei sein. Das ist nicht nur politisch spannend, weil damit begeisterte EuropäerInnen eine Alternative zu den mehr oder weniger europaverzagten Angeboten auf dem Wahlzettel haben. Wichtiger ist darüber hinaus: Die Kandidatur setzt die Linkspartei und die SPD unter Druck, die beide starke europafeindliche Flügel haben.
Ob die Bewegung bei Wahlen gut abschneiden wird oder nicht, ist gar nicht so entscheidend. Schaffen Varoufakis und seine MitstreiterInnen es, der Diskussion um die Zukunft Europas neue, positive Impulse zu geben, ist das ein enormer Erfolg. Und wer weiß, vielleicht springt der Funke ja sogar über. In Deutschland fehlt eine politische Kraft, die ohne Wenn und Aber für ein geeintes, gerechtes Europa eintritt, zu dem auch die Solidarität zwischen armen und reichen Ländern gehört. In der öffentlichen Diskussion haben diejenigen die Oberhand, die in engen nationalstaatlichen Grenzen denken. Ihnen das Feld zu überlassen wäre fatal und gefährlich.
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