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Streit um UKW-Radio-AusstrahlungUKW? Läuft nicht o. k.

Die Radioverbreitung via UKW geht erst mal weiter. Aber der Streit zwischen Sendernetz- und Antennenbetreibern ist längst nicht gelöst.

Waffenruhe: Einstweilen ist der UKW-Empfang noch gesichert Foto: imago/Steinach

„Bis zu zehn Millionen Hörer könnten schon ab kommendem Mittwoch von einer Abschaltung ihrer UKW-Radiosender betroffen sein“, hatte Media-Broadcast-Chef Wolfgang Breuer in der vergangenen Woche in der Welt gedroht. 40 Radioveranstalter waren betroffen, darunter auch der NDR in Mecklenburg-Vorpommern oder der MDR.

Die Drohung ist mittlerweile wieder vom Tisch. Bis 30. Juni will Media Broadcast den Sendebetrieb aufrecht erhalten. Also: Alles wieder gut? Nein. Ganz im Gegenteil. Die Frist bis zum 30. Juni ist nicht mehr als eine Art Waffenstillstand, um allen Beteiligten Zeit zu geben für Friedensverhandlungen.

Wie angespannt die Situation ist, lässt sich in einem Brief nachlesen, den am Sonntag Christian Schwarz-Schilling (der mal Bundesminister für Post und Telekommunikation war) an Helmut Thoma geschickt hat (der jahrelang RTL-Chef war). Schwarz-Schilling ist heute Gesellschafter und Beiratsvorsitzender von Uplink, einem Sendernetzbetreiber. Helmut Thoma ist heute Aufsichtsratsvorsitzender der Freenet AG, zu der auch Media Broadcast gehört.

Schwarz-Schilling schreibt, dass ja gerade das Geschäftsmodell der Freenet AG „auf der ausgewogenen und erfolgreichen Liberalisierung von Telekommunikationsmonopolen“ basiere. Und mit Blick auf die Drohung von Media-Broadcast-Chef Breuer schreibt er weiter: „Umso mehr schockiert es mich, dass einer Ihrer Mitarbeiter vorsätzlich diese Errungenschaften, die auch Ihrem Unternehmen die Existenzberechtigung geben, aus egoistischen Gründen mit Füßen tritt.“

Drei Stufen vom Sender zum Radio

Wie kommt Schwarz-Schilling zu diesen Anschuldigungen? Dazu muss kurz erklärt werden, wie die Verbreitung von analogem UKW-Hörfunk abläuft: Das Signal nimmt – grob nachgezeichnet – drei Stufen bevor es im Küchen- oder Autoradio ankommt:

Erstens wird in einem Studio Hörfunkprogramm produziert. Zweitens übernimmt dann – wenn der Programmveranstalter kein eigenes Netz hat – ein Sendernetzbetreiber wie Uplink dieses Programm, wandelt es um und übergibt das aufbereitete UKW-Signal – drittens – an den Betreiber der jeweiligen Antenne. Der strahlt es dann aus. Dafür zahlen die Unternehmen von Stufe zwei an die Antennenbetreiber.

Die Freenet AG, genauer gesagt deren Tochter Media Broadcast, hat Ende letzten Jahres seine 700 Antennen verkauft. Bis dato war das Unternehmen ein Quasi-Monopolist. Nun gibt es mehrere Besitzer. Doch von Preiskampf ist nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die neuen Eigentümer sollen nun deutlich höhere Preise für die Nutzung einiger ihrer Antennen verlangen.

Minimonopol

Die Liberalisierung des Antennenmarkts hat zu nichts geführt. Konnte sie auch nicht: Bildet doch jede Antenne in ihrem Sendegebiet ein Minimonopol. Sie ist alternativlos. Und das trifft nun Firmen wie Uplink, das von Programmveranstaltern beauftragt wurde, den Senderbetrieb für sie zu gewährleisten.

Kann Uplink allerdings die Preise der Antennenbesitzer nicht zahlen, verliert es womöglich diese Aufträge – und dann wäre womöglich auf der Stufe zwei die Media Broadcast wieder im Spiel. Genau vor diesem Szenario scheint Schwarz-Schilling zu warnen.

Die Verhandlungen zwischen Sendernetzbetreibern und Antennenbesitzern sind übrigens laut Teilnehmern festgefahren. Es dürften also noch viele Briefe in der Sache folgen.

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1 Kommentar

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  • Das ist schon originell. Auf der einen Seite im Ring: Schwarz-Schilling, der als Bundespostminister unter Kohl einst die schon damals überholte Kupferverkabelung forcierte, um kommerziellen Rundfunk in Deutschland durchzusetzen. Auf der anderen Seite ex RTL-Chef Thoma, der Kritik an seinem Titten-Programm mit dem Spruch konterte: "Der Wurm muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken." Statler und Waldorf als Unternehmer. Beide forcierten die Privatisierung des Rundfunks und der Verbreitungstechnik und streiten sich nun wie die Kesselflicker um den Profit.