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Umgang mit Drogentod im BerghainJa, hier wird konsumiert

Eine „Spiegel“-Reportage mystifiziert einen Ecstasy-Todesfall. Dabei sind Drogen längst Mainstream. Nur wer das akzeptiert, kann aufklären.

Wenn man zu viel nimmt, wird es gefährlich: Ecstasy Foto: dpa

Es ist wieder passiert, eine Reportage aus dem Drogenmilieu verschreckt die Spiegel-Leser. Alle paar Jahre ist es so weit, da berichtet ein Journalist von „Pferdenarkosemitteln“ und „Graffitientfernern“, die sich die „Techno-Jünger“ reinziehen. Das bleibt zwar auch in der Wiederholung tendenziös und ungenau, aber es ist immer wieder aufregend.

Diesmal setzt der preisgekrönte Journalist Alexander Osang noch einen drauf, er beschuldigt in seiner ausführlichen Reportage für den aktuellen Spiegel über eine junge Frau aus den USA, die im Sommer 2017 innerhalb weniger Stunden wohl zwei Ecstasy-Pillen nahm und am Morgen in einem Berliner Krankenhaus an Multiorganversagen verstarb, die Betreiber des Berliner Clubs Berghain, nach dem Tod der Frau „einfach so weiter“ zu machen.

Er beschuldigt auch eine Mitarbeiterin der unterlassenen Hilfeleistung, weil sie die Rettung zu spät rief. Ob das stimmt, lässt sich nicht nachprüfen. Die Polizei hat sie nicht vernommen und ob das Leben der Amerikanerin gerettet worden wäre, hätte sie der Notarzt die strittigen 15 Minuten früher behandelt, fragt der Reporter niemanden.

Ein Mensch stirbt anscheinend an einer Überdosis. Das ist in den wenigsten Fällen eine Geschichte für ein Nachrichtenmagazin. Aber jede Redaktion weiß, dass das Berghain in der Aufmerksamkeitsspirale gleich nach Sex kommt. Mythen verbinden sich mit diesem Ort, weil das, was da passiert, quasi auch unter der Bettdecke geschieht. Doch genauso, wie sich die meisten von uns denken können, was beim Nachbarn auf der Schlafcouch vor sich geht, so steht es auch mit diesem Club, der in den immer gleichen Umschreibungen durcherzählt wird. Und ähnlich langweilig wie bei Nachbars Sex geht es übrigens auch in den Clubs her.

Nicht nur in Berlin gibt es Drogen

Die Geschichte ist also nicht die Frau, sondern der Ort. Das Berghain muss herhalten, genauso wie der tragische Tod einer Frau, um die Empörungssau durchs Dorf zu treiben: In Clubs werden Drogen konsumiert und keiner tut etwas! So weit, so richtig. Was genau getan werden soll, bleibt aber leider unklar. Die meisten Berliner Clubs kontrollieren ihre Gäste auf Drogen und nehmen sie ihnen ab. In vielen Berliner Clubs patrouillieren die Türsteher und wecken – zum Leidwesen der Gäste – Schlafende auf, um zu gewährleisten, dass sie nicht gerade an Erbrochenem ersticken. Viele Clubs haben Räume, in denen Gäste mit – leichter – Überdosis ausnüchtern können oder auf das Eintreffen der Rettung warten. In einigen Clubs hängen Warnungen, man solle auf seine Getränke achten, manche Clubs hängen Bilder von Pillen auf, die viel zu hoch dosiert sind.

Leider nicht alle. Die Mitarbeiter kennen zwar Symptome einiger Drogen, doch sind die Angestellten weder Ärzte noch immer empathisch gegenüber den wenigen Gästen, die sich bis zur Besinnungslosigkeit abschießen, anstatt einen Therapeuten zu konsultieren oder aber den Zwängen der Lohnarbeit anders zu entkommen. Kunden können nerven. Clubs tolerieren Drogenkonsum auch als Teil der Technokultur, nicht immer nur aus bloßem Profitkalkül. Daraus ergibt sich eine Verantwortung. Aber keine alleinige.

Das Berghain muss nicht mit der Presse reden. Das ist für viele Journalisten ein Affront. Für andere eindrucksvoll. Diese Schweigekultur mag den Reiz des Technomythos noch ein bisschen erhalten und Freiheitsräume, sexueller und hedonistischer Prägung, für einige erhalten.

Drogen gehören zu Berlin als einstiges Freiheitsversprechen. Doch das Bundeswehr-Verweigerer-Berlin, das Nach-Wende-Rave-Berlin, das ist nicht mehr. Drogen erhalten nicht mehr den Mythos Berlin, denn sie gehören genauso zu Zürich, zu Bremen, zu Nürnberg und Tiflis. Techno ist schon länger kein Gegenmodell mehr, Drogenkonsum bedeutet keine Individualität, sondern ist Mainstream.

Die Verantwortung des Reporters

Denn Menschen nehmen überall Drogen. Ob es die Speed-Kids auf den Parkplätzen von Osnabrück sind oder die Stylisten in der Berliner Paris Bar, es ist schon verwunderlich, wie sehr verdrängt wird, dass die Mitmenschen schnubbeln. Da ist der Chirurg, da der Anwalt, da die Sozialpädagogin. Der Schriftsteller klar, die Schauspielerin. Aber auch der angehende Lehrer, der Fernsehverkäufer im Elektronikfachmarkt, sie alle nehmen ab und zu mal Kokain, Pillen, Gras oder Ketamin.

Letzteres muss man übrigens nur mal googeln, um herauszufinden, dass es nicht nur bei Pferden, sondern auch in der Humanmedizin als Narkotikum eingesetzt wird, aber auch in der Behandlung von Depressionen wirksam ist.

Clubs tolerieren Drogen als Teilder Technokultur, nicht immer nur aus bloßem Profitkalkül. Sie sind aber nicht allein verantwortlich

Aber wenn Drogenberichterstattung nicht auf Aufklärung bedacht ist, sondern auf größtmögliche Emotion, wird sie Konsumenten nicht dazu bringen, zunächst mit einer Viertel-Pille zu starten, sondern befeuert die Attraktivität des Verbotenen. Der Reporter hat also eine ähnliche Verantwortung wie der Clubbetreiber. Denn die Drogenkonsumenten, die man an der Kasse von Aldi trifft, beim Kinderarzt, im Meeting, die ihre Drogen nicht nur im Berghain konsumieren, sondern auch auf der Hochzeitsfeier in Husum, in der Eckkneipe, dem Restaurant, nehmen keine zwei Pillen in kurzer Zeit, wenn sie sich ein bisschen auskennen.

Man erfährt im Spiegel-Text zwar, dass die Anwältin des Opfer-Ehemanns raucht, allerdings nichts über die Gefahren durch die unterschiedliche Zusammensetzung von Ecstasy-Tabletten. Ob man sie bei Freunden, auf der Straße, im Darknet, in Clubs kauft, in den letzten Jahren tauchen immer wieder Pillen auf, die extrem hohe MDMA-Dosierungen haben oder anstatt MDMA andere Inhaltsstoffe enthalten, letztens zum Beispiel Tadalafil, ein Potenzmittel. Oder Paramethoxyamphetamin, das günstiger ist und auch schnell mal tödlich.

Drugchecking rettet Leben

Im Internet findet man Warnungen: „Diese XTC-Tablette enthält 243.1 mg MDMA.“ Daneben ein Bild einer grünen Tablette mit der Aufschrift „Flügel“. „Bei solch hohen Dosen können auftreten: ‚Kiefer mahlen‘, Augen- und Nervenzucken, Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle, Halluzinationen. Es besteht zudem die Gefahr einer lebensbedrohlichen Überhitzung, da die Körpertemperatur ansteigt.“

Diese Warnungen werden von Drugchecking-Organisationen durchgeführt, der Berliner Senat überlegt auch, welche einzuführen. Sie retten Leben. Doch die Opposition zeigt sich entsetzt – und es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, was Boulevardmedien titeln würden, wenn der Berliner Senat Menschen oder Organisationen beauftragen würde, in Nachtclubs Drogen auf ihre Reinheit hin zu überprüfen.

Die Stadt Zürich hat so etwas schon: Die Webseite Saferparty.ch wird durch das Sozialdepartement der Stadt betrieben. „Es gibt keinen Drogenkonsum ohne Risiko! Risikofrei ist nur ein vollständiger Verzicht auf Drogen! Wenn du dich dennoch entscheidest, Drogen zu konsumieren, solltest du zumindest die Safer-Use-Regeln befolgen“, schreiben sie auf ihrer Seite.

Anstatt Clubbesuchern am Eingang das Club-Logo aufzustempeln, könnte man auch mal so eine Warnung auf die Handrücken drücken. Vielleicht bringt es was. Aber es wäre eben auch ein Eingeständnis der Clubs: Ja, hier wird konsumiert. Und dieses Eingeständnis könnte zu Problemen führen. Denn Drogen sind immer noch illegal. Deswegen gibt es zu wenig Aufklärung, deswegen gibt es saugefährliche Pillen, deswegen ist diese junge Frau gestorben.

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33 Kommentare

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  • "Deswegen gibt es zu wenig Aufklärung, deswegen gibt es saugefährliche Pillen, deswegen ist diese junge Frau gestorben."

    Faktencheck: Wurde sie gezwungen? Wurde es ihr ohne ihr Wissen verabreicht?



    Beide male: NEIN!



    Die 30 jährige Frau starb, weil sie illegal erworbene Drogen einnahm mit dem Wissen, über die Zusammensetzung nichts zu wissen. Das nenne ich Lebensmüde. Da ist weder das Berghain noch der Spiegel noch der Senat oder jemand anderes als sie selbst für verantwortlich!

    Sie war 30, nicht 13!

    Und vermutlich weder geistig behindert noch sonst wie eingeschränkt hinsichtlich ihrer Selbstständigkeit im Leben.

    Sie ist das Risiko bewußt eingegangen, so wie jemand, der mit 200 durch die Stadt rast, bewußt sein Leben und das von anderen riskiert. Nur weil man die für jede*n ersichtliche Gefahr verdrängt, verschwindet sie nicht. Und das wußte sie, ihre Entscheidung, ihr Körper, ihre Gesundheit.

    Es ist bedauerlich, dass immer wieder Menschen an Drogen und auch Alkohol sterben, die Gefahren kann jede*r jederzeit Nachlesen, wer dennoch diese Substanzen konsumiert, übernimmt die Verantwortung für sein handeln.

    Ich wiederhole: Sie war 30 und nicht 13! Und nimmt dann gleich 2 von den Pillen, deren Inhaltsstoffe sie nicht kennen kann? Ihre Verantwortung, ganz klar. Wer so hemmungslos sein Leben riskiert, kann es verlieren, das gilt für Freeclimber, Raser, Drogenkonsumenten.



    Wenn sie vorhatte, im nächsten Jahr Kinder zu bekommen, und dann Substanzen nimmt, die hochgiftig sein können, scheint ohnehin nicht den größten Weitblick und Verantwortungsgefühl für andere zu haben. Sie hat damit auch die zukünftige Schwangerschaft und die Gesundheit der geplanten Kinder gefährdet!

  • Das Berghain ist eine Weltmarke. Die Schlangen in Berlin nirgendwo länger als dort. Menschen, die keine Raver sind, wollen unbedingt hin. Frei nach dem Motto: Muss man mal gesehen haben. Selbst Tourguides reisen jetzt an. Sonntags nachmittags, wenn es meist am vollsten ist, stellen sie sich mit ihrer Gruppe ans Ende der Schlange und erklären ihren staunenden Gästen, dass es der wohl gesetzloseste Raum der Stadt ist. Davon gibt es in Berlin zwar viel schärfere. Das KitKat zum Beispiel. Aber, weil das Berghain eben weltberühmt ist, muss es hier am krassesten zugehen. Darum ist, wer hier an Drogen stirbt, interessanter als jedes andere Drogenopfer. Schließlich wird auf vielen Klos in Berlin gekokst. Doch erzählt darüber, wird nur vom Grill Royal. Wir alle wissen, dass eine Story nur heiß ist, wenn sie prickelt. Und das Berghain ist eben der beste Storyteller. Es erzählt das Drama von bösen Drogen und mystischen Club-Betreibern so wie kein anderer Ort in Berlin. Das weiß auch der Spiegel-Autor. News ist ein Drogentod erst, wenn er hier stattfindet. Das kann man jetzt doof finden. Oder ungerecht. Fest steht: wenn Menschen in einem Club sterben, der Drogen toleriert, dann trägt er Mitschuld. Denn im Gegensatz zu Alkohol und Nikotin ist das Risiko beim Konsumieren so, dass Menschen auf der Stelle tot umfallen. Es ist eben nicht jeder so verantwortungsbewusst, kauft seine Drogen beim Händler des Vertrauens im Darknet. Von Freunden, die sie schon als Versuchstiere getestet haben, mischt nicht und geht brav nach Hause, wenn die Wirkung nachgelassen hat. Nein, wer schon ein Mal im Berghain war weiß: der Abend darf hier nicht zu Ende gehen. Die flirrende Musik, der Flirt mit dem Unterbewusstsein: es ist echt geil. Und weil alle Beteiligten das wissen, sollten sie Verantwortung übernehmen, für die, die es selbst nicht können. In anderen Ländern sind Paramedics, also Rettungssanitäter, Pflicht in Clubs. Sie helfen bei allen medizinischen Sachen. Auch bei einer Überdosis Drogen.

    • @Horatio:

      Faktencheck 2:



      Sie war Anwältin, nicht Teenie in der 8 Klasse!



      Sie kauften im Club von einem vermutlich unbekannten Pillen!



      Sie kannten den Notruf nicht, obwohl sie planten, illegale Pillen zu nehmen! Mit 30 ist da mal wirklich Wahnsinn! Als Anwältin null Pläne für den Notfall!



      Sie wollte keinen Arzt!

      Sie haben sich wie 13 jährige benommen, die Angst vor den Eltern haben wegen der Drogen. Und auch mit der Vorsorge, welcher studierte Mensch fährt in ein fremdes Land ohne sich um Notrufnumern zu kümmern? Das ist ja schon absurd! Wo ist das eine Schuld bei anderen zu suchen? Sie nehmen Drogen unbekannter Herkunft, zumindest Jennifer, und dann sollen alle anderen Schuld sein? Das war doch ein Unglück mit Ansage, spätestens ab dem Krampfen, der Hitze und der Atemnot.

      Ich werde richtig äergerlich, wenn ich den Tazartikel nochmal überdenke. Es wirkt so, als wolle man hier künstlich sein Vorurteil bestätigen, der Staat ist böse und an allem Schuld wegen der Drogengesetze. Ne, die Kosumentin hat sich derart leichtsinnig verhalten, dass da niemand helfen kann.

      Natürlich kann man es von der empathischen Seite sehen, sie war verärgert, weil ihr an der Tür die Droge weggenommen wurde was eher dafür spricht, dass man keine Drogen duldet, ausser man will den Verkauf bestimmter Dealer fördern, dass weiß wohl niemand ausser die Betreiber und die Türsteher.



      Sie war verärgert, wollte jetzt endlich ihren Spaß und nimmt 2 Pillen, um runter zu kommen. Das ist menschlich und auch sehr tragisch, weil es wirklich so ziemlich das gefährlichste ist, was man als Mensch tun kann.

      Daran ist niemand Schuld und niemand sonst für verantwortlich also sie selbst !

    • @Horatio:

      " Es ist eben nicht jeder so verantwortungsbewusst, kauft seine Drogen beim Händler des Vertrauens im Darknet. Von Freunden, die sie schon als Versuchstiere getestet haben, mischt nicht und geht brav nach Hause, wenn die Wirkung nachgelassen hat"

      Illegale Drogen können von Pille zu Pille varieren. Verunreinigungen bei in einen kleinen Teil der Produktion gelangen, folglich sind viele Pillen ok. Wer so etwas nimmt, konsumiert mit jeder neuen Einheit eine unbekannte Dosis und unbekannte Inhaltsstoffe! Da nützen Tests von Freunden nichts.



      Verantwortung sich selbst gegenüber bedeutet, so einen Dreck nicht zu nehmen. Außer man ist bereit, für ein sicher geiles Erlebnis zu verrecken.

      Die Drogenpolitik ist unklug, sicher. Aber solange sie das ist, solange sind die Substanzen eben hochgefährlich. Und das weiß wirklich jeder! Jeder ist für sich verantwortlich.

  • Amen!!!

    In Österreich gab es früher die Organisation Check-it in Clubs und auf Raves und dadurch viel weniger Unglücksfälle. Aufklärung statt Verbote machen immer Sinn!

  • Blödsinn. In Deutschland sterben jedes Jahr weniger als 10 Menschen an Ecstasy, und jedes mal gibts nen Schrei. Was ist mit den 80.000 Alkoholtoten? Sollte man da nicht 80.000 Artikel im Jahr verfassen? ich finde schon!

  • Keine Macht den Drogen.

  • In jeder anderen Stadt wäre so ein Club auseinander und vorübergehend geschlossen worde.

     

    Schade dass in Berlin scheinbar Gesetze gleichgültig sind.

    Ist ja hip.

  • Ich finde diesen TAZ-Artikel nicht weniger tendenziös: "Es ist wieder passiert... Alle paar Jahre ist es soweit..." "Spiegel-Leser werden verschreckt..." Die Sprache, der sich Laura Ewert bedient ist im Gegensatz zu Osangs nüchternem, fast schon langweiligem, auf jeden Fall unaufgeregten Ton Effekthascherei. Ihr Stil ist belehrend, ereifernd und meinungsmachend. Da fühle ich mich von Osang sachlicher - und wenn es das gäbe - objektiver aufgeklärt.

    Ich frage mich, ob die Autorin den Artikel von Osang überhaupt gründlich gelesen hat. Zum Beispiel habe ich bei Osang sehr wohl gelesen, dass das Gerichtsmedizinische Institut erklärte, "dass zweifelhaft sei, dass Jennifer gerettet worden wäre, hätten die Helfer schneller reagiert." Ewert beklagt, Osang hätte in diesem Punkt nicht nachgefragt. Das stimmt so nicht.

    Und dass "Drogenkonsum Mainstream ist", wie Ewert schreibt, macht Osangs Darstellung der Reaktion der Polizisten und der Clubbetreiber mehr als deutlich.

    Letztendlich beklagen beide Autoren doch das gleiche. Dass quasi dabei zugeschaut wird, dass Menschen an Drogen sterben, dass zu wenig getan wird oder das Falsche getan wird, dass zu wenig aufgeklärt wird. Ich verstehe nicht, worüber Ewert sich überhaupt so aufregt. Sie sollte mal nach ihrem "blinden Fleck" suchen.

    • @Bonne:

      Die Frau ist Anwältin, wenn sie sich nicht informiert darüber, was in illegalen Drogen ist, hilft auch Aufklärung nicht. Sie hat Drogen von vermutlich unbekannten Gekauft und dann gleich 2 Pillen genommen, sie hat ihr leben mutwillig riskiert. Sie war 30 und Akademikerin, nicht 13 und ein Kind aus den Slums ohne Bildung, ich kann das nur wiederholen.

  • Schlechter Artikel mit allerlei Mumpitz.

    1. Osang wirft den heiligen Bergheinis nicht vor "einfach so weiter zu machen", sondern zitiert die Betreiber mit deren eigener Aussage "Wir machen weiter wie bisher"

    2. Es geht überhaupt nicht darum, wo, wann, wie viele Drogen genommen werden. Es geht um Strafverfolgungsbehörde, die Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung verschleppen. Es geht um einen Kultursenat, der das wissentlich toleriert, weil das Berhain für Berlins Tourismus als Aushängeschild viel zu wichtig ist.

  • 8G
    81236 (Profil gelöscht)

    Guter Artikel doch in der Bennung der Ursache für den Tod der Frau geht er nicht weit genug. Ein Aspekt ist der illegale Charakter des Konsumguts, sprich die hierdurch nicht staatlich kontrollierte Zusammensetzung der Droge. Doch Ursache für die Gefährlichkeit der Produkts ist eine Gesellschaft, die auf den Profiterwerb mittels des Verkaufs von Waren fusst. Die Produkte werden nicht nach dem Wunsch guter Bedürfnissbefriedigung für den Menschen hergestellt, sondern nach dem Zweck ihrer Kosteneffiziens, dem günstiger sein als, dem erzielen eines maximalen Profits. So haben die Krebstoten durch Stickoxide aus Dieselmotoren und die vergifteten durch lebensgefährlich zusammengepanschten Drogen mehr gemein als es oberflächlich gesehen zuerst den Anschein hat.

  • Ich habe mich sehr über den reißerischen Spiegel-Artikel geärgert. Eine Touristin nimmt eine Überdosis und stirbt daran - ihre Entscheidung, ihre Verantwortung. Mit dem Berghain hat das nur bedingt zu tun, es hätte so ähnlich überall passieren können, aber dann hätte Herr Osang keinen Artikel mit dem Etikett "Berghain" schreiben können, das der Geschichte Aufmerksamkeit verschafft. Die Haltung der Angehörigen, den Club verantwortlich machen zu wollen, erscheint mir sehr amerikanisch. Da fehlen jetzt nur noch finanzielle Forderungen.

  • was das Thema Profitkalkül angeht:

    Meiner Meinung nach verdienen Clubs am Drogenkonsum vor Ort nicht gerade. Eher im Gegenteil: wer sich mitgebrachte Teile klinkt, kauft im Club (hoffenltich) weniger Alkoholische Getränke.

    Nach eigenen Erfahrungen ist es in Clubs mit hoher Tendenz zu Drogenkonsum durchaus üblich und akzeptiert an der Bar kostenlos Wasser zu bekommen oder Getränkeflaschen am Waschbecken wieder zu befüllen. Dies ist ein wichtiger Schritt gegen Dehydrierung und Pberhitzung des Körpers wie im Artikel beschrieben.

  • "... den Zwängen der Lohnarbeit anders zu entkommen. Kunden können nerven. Clubs tolerieren Drogenkonsum auch als Teil der Technokultur, nicht immer nur aus bloßem Profitkalkül."

     

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es sich um die Zwänge der Lohnarbeit handelt, wenn jemand Drogen nimmt. So ein bisschen Ich-Abspaltung ist ja auch ganz nett, wenn man mit seiner Existenz nicht so zufrieden ist. Warum eine wie auch immer geartete Kultur illegale Drogen legitimieren soll, leuchtet mir auch nicht unmittelbar ein. Und auch nicht warum das Profitkalkül ausschließt. Mal im Ernst: Die Inhaber des Klubs verdienen sich eine goldene Nase. Steuervergünstigt übrigens, und sie speisen ihre Gewinne nicht alle direkt in Soli-Projekte für die Dritte Welt ein, sondern eher in ihr eigenes Wohlergehen.

     

    Dass die Existenz legaler Drogen wie Alkohol, Tabak etc. die Legalisierung illegaler Drogen rechtfertigt, ist auch einer der größten Irrtümer der Menscheitsgeschichte. So eine Gesellschaft hat Regeln, die sie sich selbst verleiht. Sie müssen nicht logisch sein. Solange sie gelten, sollte man sich möglichst daran halten. Wer was gegen sie hat, kann was dagegen unternehmen. Das nennt man dann politische Beteiligung. Aber das ist mühsamer als Pille einwerfen und irgendwo online rumproleten.

    • @pschelli:

      "Dass die Existenz legaler Drogen wie Alkohol, Tabak etc. die Legalisierung illegaler Drogen rechtfertigt, ist auch einer der größten Irrtümer der Menscheitsgeschichte."

       

      Und wie begründen Sie das? Dem würde ja zugrunde liegen, dass Gesetze einmal geschrieben und abgesegnet eine ewige Gültigkeit und vor allem Richtigkeit besitzen. Das Wort "Prohibition" und dessen Folgen sollten hier aber ein lautes Klingeln auslösen.

       

      Unabhängig davon ist es durchaus interessant zu hinterfragen, warum der Mensch die Grenze zwischen legal und illegal so zieht, wie der Mensch diese Grenze nun eben mal zieht. Und diese Linie auch hin und wieder gerne mal verschiebt.

       

      Inwiefern es rational ist Alkohol und Tabak zu legalisieren, andere potentielle Suchtmittel aber nicht, wurde bis heute noch von niemanden auf diesem Planeten rational und nachvollziehbar begründet.

  • Wie schade, dass ich nie erfahren werde, ob Laura Ewert schon vor dem Tod der jungen Frau gegen die Mystifizierung des Berghain war, oder ob erst die Thematisierung der Sache im Spiegel sie gegen die „Aufmerksamkeitsspirale“ aufgebracht hat, in deren Zentrum der Club seit Jahren steht.

     

    Aufmerksamkeit ist auch eine Droge. Wer sie konsumieren will, muss ganz besonders vorsichtig sein. Das Berghain hat es mindestens so sehr an Vorsicht fehlen lassen, wie die junge Amerikanerin. Es hätte wissen müssen: Wo viel Licht ist (Berühmtheit, hoher Umsatz), da ist auch viel Schatten (risikobehaftete Zielgruppe). Auf Mythen fahren nämlich besonders gerne solche Leute ab, die aus nachvollziehbaren Gründen mit sich und der realen Welt nicht sonderlich gut klar kommen. Wer seinen Profit aus solchen Leuten zieht, riskiert täglich die Bauchlandung.

     

    Übrigens: Auch ich empfinde Mitleid mit den Angehörigen der Opfer. Schließlich weiß ich aus Erfahrung, wie schwer es ist, sich Vorwürfe zu machen, wenn rein gar nichts mehr zu ändern ist an einer Sache. Sich zu fragen, ob man etwas hätte anders machen könne und was das ggf. gewesen wäre, ist für uns Menschen die Höchststrafe, wenn wir rein gar nichts mehr tun können.

  • Ein kleiner inhaltlicher Fehler hat sich eingeschlichen:

     

    "Denn Drogenkonsum ist immer noch illegal." - Das ist nicht korrekt.

     

    "Der Konsum illegaler Drogen allein ist nicht strafbar. Der Besitz, der Umgang und die Herstellung sind jedoch strafbar. Es ist allerdings sehr schwer in einem Strafverfahren zu beweisen, dass man nur konsumiert hat, da von einem vorherige Drogen - Besitz beziehungsweise Erwerb ausgegangen wird."

  • Liebe taz,

    vielen Dank für diese nahezu perfekte Antwort auf den Artikel des bislang auch von mir sehr geschätzten Journalisten Alexander Osang. Gerne würde ich hier noch etwas ergänzen. Und zwar die Todesfälle in Deutschland durch:

     

    - Nikotin: 110.000 pro Jahr (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.)

    - Alkohol: 74.000 pro Jahr (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.)

    - Straßenverkehr: 3.177 (Statistisches Bundesamt für das Jahr 2017)

    - illegale Rauschmittel: 1.333 (Bundeskriminalamt für das Jahr 2016)

     

    Oder anders gesagt: ein unregulierter Markt mit hunderten potentiellen

    Suchtmitteln verursacht 0,7% der genannten Todesfälle in Deutschland.

    Beim Oktoberfest halten Größen der Politik dennoch sehr gerne den

    Maßkrug strahlend in die Kameras.

     

    Mir tut es für Familie, Ehemann und Freundschaften von Jennifer sehr

    leid, dass sie einen geliebten Menschen verloren haben. Aber warum zieht Alexander Osang diesen Fall nicht in Vergleich zu den Opfern und Hinterbliebenen von

    Nikotin, Alkohol, Straßenverkehr?

     

    Und damit in häufigen Fällen

    beispielsweise auch Opfern häuslicher Gewalt? Sind regelmäßig

    verprügelte (in der Regel) Frauen von Männern, die die Finger nicht von Flaschen lassen können, Herrn Osang auch irgendwann mal eine mehrseitige Reportage wert?

     

    Ich würde es sehr begrüßen auch hierüber von ihm zu lesen. Da kann er sich von anderen Medien wie beispielsweise der taz eine Scheibe abschneiden.

    • @foberlin:

      Die Zahlen sind aber Äpfen und Birnen, die Sie da anführen. Die Zahlen zu den Todesfällen bzgl. Nikotin und Alkohol werden aus der allgemeinen Todesursachenstatistik extrahiert und schließen alle Todesfälle ein, bei denen eine Konsumgeschichte vorangegangen war oder vermutet wird. Das sind Schätzwerte. Die Toten durch illegale Rauschmittel (1333) sind die Toten die akut an ihrem unmittelbaren Konsum verstorben sind. Vor allem Heroin-Konsumenten nach einer Überdosis. Ich habe zwar keine Zahlen zur Hand, aber bin mir sehr sicher, dass sich weniger als 1333 Menschen im Jahr akut tot-saufen. Da muss man sich nämlich richtig für anstrengen....

      • @Elrond McKnallski:

        Ich finde es bedenkenswert, dass Sie den offiziellen Zahlen der Bundesregierung nicht trauen wollen.

         

        Glauben Sie wirklich, dass in Deutschland jährlich weniger als 1.333 Menschen durch den Konsum von Alkohol sterben? Falls ja, träumen Sie ruhig weiter in Ihrer Paradieswelt a la Pippi Langstrumpf.

        • @foberlin:

          Sie haben meinen Beitrag leider nicht aufmerksam genug gelesen, sondern sich gleich aufgeregt. Also nochmal: Es ist ein Unterschied, ob jemand durch Konsum UNMITTELBAR stirbt oder an den SPÄTFOLGEN.

           

          Die Zahlen zu den Drogentoten und die Zahlen zu den Alkoholtoten, die Sie angeführt haben, lassen sich schlicht und ergreifend nicht vergleichen. Dieser Fehler bei der Gegenüberstellung von Todesfällen bei legalen und illegalen Drogen wird immer wieder gemacht.

           

          Beispiel: Als Drogentoter wird zum Beispiel jemand bezeichnet, der, nachdem er Heroin konsumiert hat, an Atemstillstand verstirbt. Jemand, der jahrelang konsumiert hat, sagen wir z.B. Kokain, und irgendwann an Herzkreislaufproblemen zugrunde geht, wird in dieser Statistik nicht geführt.

           

          Die Zahl 74.000 bei den Alkoholtoten ist wiederum eine Schätzzahl, andere Statistiken kommen auf ca. 15.000, wieder andere auf über 80.000. Das können auch Leute sein, die 30 Jahre lang gesoffen haben und dann irgendwann an einer Leberzirrose draufgehen. Hier werden keine Einzelfälle zusammengezähl, sondern aus Gesundheits-Daten, z.B. der Krankenkassen und durch Studien, Statistiken erstellt.

           

          Sämtliche Rauschmittel, ob illegal oder legal, haben ihr eigenes Gefahrenpotential. Da bringt es nichts, auf so populistische Art und Weise, nicht zu vergleichende Zahlen gegenüber zu stellen, die suggerieren sollen, dass durch Alkohol 50 mal so viele Menschen sterben, wie durch alle illegalen Rauschmittel. Sorry, aber das ist totaler Schwachsinn.

           

          ...es ist schon bezeichnend für die Qualität der öffentlichen Debatte, dass solche Zahlen immer wieder verbreitet werden und unwidersprochen bleiben.

    • @foberlin:

      Ihre Zahlen sagen leider auch: Ein regulierter, legaler Suchtmittelmarkt (Nikotin, Alkohol, Autos), an dem der Staat zu allem Überfluss mitverdient, kann unter den aktuellen Umständen (Orientierungslosigkeit, Vereinzelung, Leistungsdruck, fehlende Aufklärung etc.) noch sehr viel schlimmere Folgen haben als ein unregulierter illegaler. Ich schlage deshalb vor, wir reden zunächst erst einmal ernsthaft über eine Vermenschlichung unserer Gesellschaft, bevor wir über eine Regulierung und Legalisierung weiterer Suchtmittel reden. Frei über ihren Konsum entscheiden können schließlich nur solche Leute, die halbwegs vernünftig sind und nicht permanent am Rad drehen wegen ungünstiger Lebensumstände.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        ...mein Körper gehört mir, nicht dem Staat. Gleiches gilt für mein Leben.

        Und, welcher Mensch ist Ihrer Meinung nach "vernünftig"?

        • @81331 (Profil gelöscht):

          Ich denke schon, dass man durch Vermittlung von Bildung auch Vernunft erzeugen kann.

           

          Ich persönlich habe von den synthetischen psychotropen Substanzen nur insofern Ahnung, wie ich die normalen kenne, die der Psychiater seinen Klienten verschreibt und hatte als Mitarbeiter in Heimen u.ä. ausreichend Gelegenheit, die Auswirkungen schon von denen zu betrachten. Daher greife ich lieber zu mir bekannten Substanzen wie Nikotin, Alkohol oder THC. Ich denke, dass das eine Folge von der Kenntnis der Wirkungen ist, die man auch anderen vermitteln kann.

  • Der Spiegel wird immer mehr und mehr ein "Juppie" Blatt! Das ganze: Wir sind Toll und Grün und Schlau getue nervt! Zum Fall selbst: SS= selber Schuld! Osang will wohl das B so ländlich wird wie der Rest der Republik!

  • Liebe TAZ, bitte die Geschichte ganz erzählen, auch vom in derselben Nacht im Berghain kollabierten Dealer.

     

    Liebe Berghain-Betrieber, bitte zeigt Respekt vor dem Opfer!

     

    Es lohnt sich, den Spiegel-Artikel ganz zu lesen (das Anmeldefenster anklicken, dann wird der Artikel kostenlos freigegeben):

    //http://www.spiegel.de/spiegel/berghain-in-berlin-wie-eine-junge-frau-im-beruehmtesten-klub-der-welt-starb-a-1198482.html

    • @stadtlandmensch:

      Im Spiegelartikel vermisse ich die Frage nach der Schuld des Opfers und ihrer Freunde. Das muss man, bei allem Respekt vor dem Opfer, aber tun. Wer Drogen (bewusst und freiwillig) konsumiert weiß, dass er sich damit auf einen schmalen Grat begibt und von dem Moment an selbstverantwortlich mit sich umgehen muss.

       

      Im Klartext meine ich damit: Wer Drogenerfahrung hat, und das hatte das Opfer (Kokain, Ecstasy), weiß, dass man himmelherrgottnochmal niemals 2 Pillen im kurzen Zeitraum nimmt und schon garnicht, wenn man die Dinger auf der Straße oder dem Clubklo gekauft hat.

       

      Die gleiche Schuld trifft m.E. den Partner, der ihr überhaupt erst die zweite Pille gegeben hat, was absolut unverantwortlich ist.

       

      Die ganze Geschichte hätte auch eine einem anderen Klub Berlins oder der Welt passieren können, wäre dann aber für den Autor nur minder interessant gewesen.

       

      Leider kann man den Artikel bei Spiegel nicht kommentieren.

      • @snah:

        da stimme ich dir zu

    • @stadtlandmensch:

      "Mystifikation" trifft es.

      • @Bandari:

        Bitte habt Respekt vor dem Opfer.

        • @stadtlandmensch:

          Respekt ist wichtig.

          Die Fakten zu benennen auch, damit andere sich klar werden können, was da falsch lief.

          Eine Anwältin kommt nach Deutschland, man informiert sich nicht über Notrufnummern, obwohl offenbar der Konsum illgaler Drogen geplant war und kauft dann in einem Club Pillen und nimmt gleich 2 davon. Das ist leider lebensbedrohlich, das wußte jeder der Beteiligten!

          So kann man durch klare Aussagen darauf hinweisen, wie man sie klug um umsichtig verhält und wie man sein Leben völlig überflüssig in Gefahr bringt!

  • Toller Kommentar. Danke!