die dritte meinung: Zwei Unions-Politiker kritisieren Verleger-Lobbyismus im Koalitionsvertrag
Joachim Pfeiffer
ist wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion
Matthias Zimmer
ist Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales
Sicher, die Demokratie lebt vom Kompromiss. Doch neben positiven Ansätzen blüht im neuen Koalitionsvertrag leider staatliche Regulierungswut. Besonders fällt da das Vorhaben auf, die Zeitungsverleger künftig bei den Rentenbeiträgen der Austräger zu entlasten. Die Verleger sollen – als einzige Branche – bei den Minijobs nicht mehr 15 Prozent, sondern nur noch 5 Prozent Rentenbeiträge bezahlen. Den Differenzbetrag soll der Steuerzahler tragen. Die Begründung: Zeitungen sollen auch im ländlichen Raum weiter zugestellt werden – im Interesse älterer Menschen, für die die Tageszeitung häufig die einzige Informationsquelle sei.
Das erinnert an die verquere Argumentation bei der Einführung des Mindestlohns – auch für die Zeitungsausträger. Damals hieß es, das gefährde die Pressefreiheit. Nun kommt der Wunsch nach Vorzugsbehandlung durch die Hintertür zurück. Das vermittelt vielen Menschen das Gefühl, staatliches Handeln sei oft nur die Umsetzung mächtiger Lobbyinteressen. Zweifellos: Die Zeitungsverlage sind eine mächtige Lobby, auch dann, wenn ihre Redaktionen sich völlig anders positionieren.
Hier aber ist gleich ein doppelter ordnungspolitischer Sündenfall zu beklagen. Der erste ist die Privilegierung eines einzelnen Wirtschaftszweigs; man muss kein Prophet sein, um zu vermuten, dass andere Wirtschaftszweige mit ähnlich guten Gründen eine Gleichbehandlung einfordern. So zöge ein planwirtschaftlicher Eingriff den nächsten nach sich. Der zweite ist die indirekte Subventionierung durch die öffentliche Hand. Der Staat finanziert bereits eine „Grundversorgung“ an politischer Information in Form der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Eine staatliche „Grundversorgung“ mit Presseerzeugnissen ist hingegen keine Aufgabe des Staates; öffnete man diese Tür, dann ist es zu einem flächendeckenden staatlichen Presseorgan nur noch ein kleiner Schritt. Das wäre weder im Interesse der Verlage noch der Pressefreiheit. Daher gehört dieser Passus des Koalitionsvertrages zwingend auf den Prüfstand.
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