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Nach Chinas ImportstoppRätseln um den verschwundenen Müll

Große Mengen von Abfall dürfen nicht mehr nach China exportiert werden. Darum werden sie jetzt … – ja was eigentlich?

Sie sammeln den Müll ein. Die Maschine macht ihn klein. Doch wer entsorgt ihn fein? Foto: dpa

Die Abfallbranche ist gerade ein Feld für Rätselfreunde: Wo bleibt der Müll? Rund 750.000 Tonnen Kunststoffabfälle jährlich sind bislang im Schnitt aus Deutschland nach China exportiert worden. Doch seit Anfang des Jahres hat China seine Grenzen für dreckige und minderwertige Abfälle – etwa für bunte oder verschmutzte Folien – dichtgemacht.

Das spiegelt sich in den Verkaufspreisen. Konnten Rohstoffhändler Anfang 2017 bestimmte Folien für 250 bis 270 Euro pro Tonne verkaufen, erzielen sie im Januar für dieselbe Menge nur noch 20 Euro. Für andere Qualität sind die Preise von 225 Euro auf 0 Euro – in Worten: null – gesunken. Was bedeutet das?

Der Discounter Aldi-Nord etwa teilt auf Anfrage mit: „Die in der Warenlogistik eingesetzten Folien werden in unseren Zentrallagern und Verkaufsstellen sortenrein erfasst und anschließend ausgewählten Efb-zertifizierten Entsorgungsbetrieben übergeben.“ Doch dieses Modell rechnet sich derzeit nicht. So schrieb der wohlinformierte Branchendienst Euwid Anfang Januar, „die Sorgen, die aufgebaute getrennte Sammlung könnte für manche Kunststofffraktion mangels Vergütung eingestellt werden“, nähmen zu.

Wenn der Abfall nicht mehr über das Meer gen Osten schippert, wo bleibt er dann? Eine belegbare Antwort darauf gibt es derzeit nicht. Das Statistische Bundesamt zählt die Ausfuhren von Kunststoffabfällen getrennt nach Sorten in bestimmte Länder. Im Januar 2017 weisen die Statistiken über 47.000 Tonnen Abfall aus Ethylen – dahinter verbergen sich die Folien – aus, die nach China exportiert wurden. Das Jahr über schwankt die Menge, aber mit abnehmender Tendenz. Im November ist sie auf 1.500 Tonnen zusammengeschmolzen.

Mehr Müllverbrennung?

Durch Exporte in andere Länder wird diese Menge nicht aufgefangen. Den stärksten Anstieg verzeichnet noch Malaysia – dorthin hat sich die Exportmenge mehr als verdoppelt, von 2.500 Tonnen auf 5.900 Tonnen. Auch die Türkei und die Niederlande nahmen mehr ab. Insgesamt sind die Ausfuhren an Ethylenabfällen seit September vergangenen Jahres aber nicht mehr über 56.000 Tonnen geklettert. Im letzten Quartal sind, grob gerundet, 30.000 Tonnen weniger exportiert worden als bisher. Wie gesagt, es geht hier der Übersichtlichkeit halber nur um eine einzige Kunststofffraktion, das Ethylen.

Also werden die Folien und Schnitzel vielleicht verbrannt? „Wir haben auch gedacht, dass die Telefone jetzt bei uns heißlaufen“, sagt Rolf Oesterhoff, Geschäftsführer des Müllheizkraftwerkes Rothensee bei Magdeburg. Das sei aber nicht der Fall. Seiner Anlage würden nicht mehr Folien angeboten. Zurzeit seien die Müllverbrennungsanlagen auch gut ausgelastet – das gute Konsumklima schlägt durch. Es seien gar keine nennenswerten Kapazitäten für Kunststoffe vorhanden, die bislang nicht verheizt worden wären. Verbrannt in Müllverbrennungsanlagen oder Müllheizkraftwerken wird der Kunststoffabfall also auch nicht.

Vielleicht verschwindet er als Zusatz in den brennstoffhungrigen Öfen der Zementindustrie? Seit Jahren werden hier immer weniger Öl und Kohle verbrannt, dafür immer mehr „alternative Brennstoffe“ – also Kunststoffe. Es sei „grundsätzlich denkbar, dass aufgrund eines möglichen höheren Aufkommens hierzulande auch mehr Kunststoff in Zementwerken mitverbrannt wird“, heißt es aus dem Verein Deutscher Zementwerke. Jedoch: Eine allzu starke Anpassung an diese Gegebenheiten seitens der Zementwerke sei sehr unwahrscheinlich. Schließlich müsse der entsprechende Brennstoffmix behördlich genehmigt werden.

Zum Wertstoff umdeklariert?

Nun kommt die Grauzone. Gibt die Reinpfalz aus Zweibrücken einen Hinweis auf eine größere Entwicklung? Sie berichtet über „enorme Mengen von Kunststoffabfällen“, die der Entsorger Remondis aus Lünen in dem Zweibrücker Gewerbegebiet am Funkturm zwischenlagere. Stapeln die Entsorger gerade zigtausend Tonnen Kunststoffmüll irgendwo?

Möglich wäre auch, dass der Kunststoffmüll als Wertstoff umdeklariert wird; dann darf er unter der Fahne der „grünen Liste“ exportiert werden, etwa nach Polen. „Das wäre dann eine Aufgabe für den Zoll“, sagt Thomas Obermeier, Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Abfallwirtschaft. Er verweist auf Presseberichte aus Polen über deutsche Lkw, die illegal Müll in Schlesien entsorgen wollten. „Vor Jahren hatten wir die Skandale mit Abfall in Tongruben“, sagt Obermeier, „ist so etwas wieder im Anmarsch?“ Also, Rätselfreunde: Augen auf!

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10 Kommentare

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  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Als ich ein kleiner Stöpsel war, gabs Milch in der Milchkanne, vom Bäcker war alles in Papier eingepackt, beim Obst- und Gemüse-Händler gabs auch Papiertüten und man ging immer mit einer Einkaufstasche einkaufen. Das Papier der Papiertüten war keine beschichtete Kunststoffkacke, sondern konnte gesammelt und weiterverwertet werden. (In der DDR - hat man mir erzählt - soll es ein Pfandsystem mit sieben verschiedenen Flaschen für die ganze Republik gegeben haben...)

     

    Plastik-Müll = Null - geht alles!

  • Wann fangen nur endlich die Supermärkte an (besonders Bio-Obst/Gemüse) nicht mehr in Plastik zu packen? Wann führen sie mehr Glaspfand für Milchartikel ein? Wann werden Mogelverpackungen härter bestraft? Et cetera! ...ich sage euch wann: Wenn wir unser Kaufverhalten ändern, andere aufklären und uns dagegen engagieren!

    • @Sven Svarson:

      Gibts Pfand bei Milchartikeln? Hat das Zwangspfand irgend etwas am Verbraucherverhalten geändert?

      • @Berliner Berlin:

        Auf manche gibt es Pfand. Milch in Flaschen hat immer Pfand, Joghurt/Sahne etc. im Glas auch .Das sollte Ausgeweitet werden. Und Ja, es hat Auswirkungen! Hey WAAGE69, gib mir fünf! Mir ist es auch beim Mähen aufgefallen ;) aber ich hab mehr Mc Donalds, vorallem diese Becher aus der Cafe-Filiale. Die sollten besser nurnoch Mehrwegbecher rausgeben!

      • @Berliner Berlin:

        Also ich finde es ganz gut, dass ich beim ausmähen der Feld- und Straßengräben auch mal ein paar Meter am Stück auf dem Trecker sitzenbleiben kann.

         

        Pfandpflichtige Getränkedosen liegen so gut wie nicht mehr an den Straßenrändern. Absteigen muss ich noch immer um Flachmänner, Tetrapacks, Mc Donalds und Burgerkingmüll (wird immer mehr) Styroporfressfaltschachteln und was sonst noch so alles aus dem Autofenster fliegt aufzusammeln.

         

        Was ich dann so über den Tag auf meiner Schlepperkabine horte, mit nach Hause bringe und privat trennen und entsorgen darf ist schon beträchtlich, aber nix wofür man Pfand kriegt...:(

         

        Also wegen meiner dürfte das Zwangspfand gerne auch auf andere Verpackungen ausgedehnt werden - das ist das Einzige was hilft!

  • Ein Artikel voller "suspense"?

    Natürlich scheinen 700.000 t/a ein große Menge; aber ist sie das auch?

     

    Als Vergleich, Destatis 2015:

    Mit 52,0 % (209,0 Millionen Tonnen) bildeten die Bau- und Abbruchabfälle etwa die Hälfte des Gesamtaufkommens, gefolgt von den übrigen Abfällen (insbesondere aus Produktion und Gewerbe) mit 14,7 % (59,2 Millionen Tonnen) und den Siedlungsabfällen mit 12,8 % (51,6 Millionen Tonnen).

     

    Faktencheck und eine Recherche bei Remondis und Co. wäre hilfreich (Lagerfüllung steigt: ja!; deutsche Kunststoffrecycler erhöher derzeit Kapazitäten, EBS...) anstatt ein bissl rumspekulativieren Richtung Tongruben...., gell!

    • @Tom Farmer:

      Vielleicht erst mal aufmerksam lesen bevor man meckert. Es geht in dem Artikel nur um den Kunststoff Ethylen.

      • @Andreas J:

        Nein, eben... lesen!

        Das Problem(?) betrifft in der Praxis viele vormals exportierten Kunststoffabfälle die nach China gingen.

        Saubere und auch verunreinigte Qualitäten im Folienbereich PE (und PP). Das meint auch der Artikel.

         

        Dann geht es noch um die von Destatis erfassten Abfälle, und hier nimmt die Autorin "statistisch" Bezug auf Ethylenabfälle (PE, also Polymerethylene).

        Ich, und jeder andere der mit dem Thema zu tun hat kann eine Verfüllung von Tongruben mit derlei sortenreinem Abfall weit über 99,9 % ausschließen.

        Daher meine Bemerkung.

      • @Andreas J:

        Tom Farmer sagt doch aber auch nichts anderes. Die 750.000 t Kunststoffabfall bestehen nunmal zu einem großen Teil aus HDPE und LDPE. Verglichen mit den übrigen Abfallfraktionen ist das aber wenig. Also keine Tongruben, man sortiert es einfach nicht mehr aus und damit landet das Zeug im EBS oder im MHKW. Das, was nun eingelagert wird, sind die besseren Qualitäten, die sicherlich mal wieder an Wert gewinnen

  • Danke für diesen informativen Artikel, bitte bleibt dran und erinnert die Menschen immer wieder, dass Müllvermeidung der einzig gangbare Weg ist!