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Deutschland verfehlt KlimaschutzzieleGrüne Energie auf der Kippe

Neue Zahlen belegen: Deutschland verpasst das EU-Ziel bei der CO2-Reduktion. Auch der Ausbau von grüner Energie droht zu scheitern.

Deutschlands Klimaziele verschwinden hinterm Horizont Foto: dpa

Berlin taz | Deutschland wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur sein nationales Klimaziel für 2020 verfehlen, sondern dabei auch gegen europäische Vorgaben verstoßen. Denn die Bundesregierung geht davon aus, dass Deutschland deutlich hinter seinen EU-Emissionszielen bei Gebäuden, Verkehr und Landwirtschaft zurückbleiben wird.

Dieser Ausstoß von Klimagasen „dürfte im Jahr 2020 um 3,3 Prozentpunkte über dem europäischen Ziel (-14 Prozent) liegen“, heißt es in einer Analyse des Bundesumweltministeriums, die der taz vorliegt. Außerdem befürchten die Experten, dass Deutschland auch sein EU-Ziel zum Ausbau der erneuerbaren Energien verfehlen könnte.

„Wir werden nicht einmal unser EU-Ziel für 2020 erreichen“, hatte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) letzte Woche beim Klima-Kongress des Bundesverbands der deutschen Industrie gesagt. Das Ziel bezieht sich auf die CO2-Emissionen, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Weil es in den letzten Jahren nur langsamen Fortschritt bei der Dämmung von Gebäuden, bei effizienten Heizungen, der Landwirtschaft und im Verkehr gegeben hat, „ist davon auszugehen, dass Deutschland sein 2020-Ziel hier ebenso verfehlen wird wie sein national definiertes Ziel“, heißt es im Papier. Die Lücke zwischen Soll und Haben für 2020 liegt demnach insgesamt bei etwa 70 Millionen Tonnen in den Jahren 2019 und 2020.

Während der nationale Fehlschlag beim Klimaziel vor allem innenpolitisch peinlich ist, wird das Versagen auf europäischer Ebene politisch heikel – und teuer. Denn um die Klimaziele noch zu erfüllen, muss Deutschland von anderen EU-Staaten Nachweise über Emissionsminderung („heiße Luft“) kaufen – was einige hundert Millionen Euro kosten dürfte.

Der Preis ist noch nicht fixiert

„Wir werden erstmals zahlen müssen“, vermutet Staatssekretär Flasbarth. Deutschland gehört damit zu den schwarzen Schafen in der EU. Nur Irland und Malta liegen mit 15 oder 10 Prozent weit über ihren Versprechen. Es folgen Belgien, Deutschland, Luxemburg und Österreich mit etwa 3 Prozentpunkten im roten Bereich.

Die Bundesregierung muss Geld in die Hand nehmen, weil die EU-Klimaziele sie dazu zwingen. „Die CO2-Einsparziele für 2020 sind rechtlich verbindlich“, erklärte die EU-Kommission auf Anfrage. Kaufen können die Deutschen bei Ländern, die in den letzten Jahren weniger emittiert haben, als sie durften, etwa Ungarn, der Slowakei oder Kroatien. Ein Preis für die Tonne CO2 ist bisher nicht fixiert. Nimmt man aber den Preis im Emissionshandel von 5 bis 7 Euro zum Vergleich, landet man schnell bei mindestens 350 Millionen Euro.

Deutschland schwächelt auch bei einem zweiten europäischen Ziel im Klimaschutz. Bis 2020 sollen 20 Prozent der gesamten Energie in Europa regenerativ erzeugt sein. Für Deutschland heißt das in der nationalen Aufteilung: 18 Prozent der Energie (nicht nur Strom, sondern auch für Wärme und Verkehr) müssen grün sein. Das aber ist unsicher. Nach einem Gutachten des Bundesverbands Erneuerbarer Energien (BEE) vom Sommer 2017 wird Deutschland auch dieses Ziel reißen: Statt der angepeilten 18 würden in 2020 nur 16 Prozent erreicht, warnt der BEE.

Wenig Fortschritt bei Wärme und Verkehr

Die EU-Kommission mahnt auch hier, die Ziele seien bindend. Schließlich haben sie alle Länder 2007 gemeinsam beschlossen: Minus 20 Prozent CO2, 20 Prozent Erneuerbare, 20 Prozent mehr Effizienz bis 2020. Allerdings erreicht Deutschland laut Projektionsbericht der EU knapp sein Ziel. Energieexperte Felix Matthes vom Öko-Institut meint, das Ergebnis werde wahrscheinlich „knapp über oder knapp unter dem EU-Erneuerbaren-Ziel“ liegen. 2017 mit seinen Rekordernten an Wind habe die Bilanz verbessert. Immer noch gebe es aber zu wenig Fortschritt bei der Wärme und beim Verkehr.

Die Warnungen haben auch immer mit der aktuellen politischen Lage zu tun. Die Grünstromlobby BEE machte ihre düstere Prognose vor der Bundestagswahl im September 2017. Sie untermauerte damit ihre Forderung an die nächste Regierung „den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich zu beschleunigen und nachhaltig den Verbrauch zu senken“.

Und auch die aktuellen Zahlen aus dem SPD-geführten Umweltministerium zum CO2-Ziel stehen bereits in dem Bericht „united4climate“ der EU-Kommission vom November 2017. Aber erst jetzt wird in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD über die Zukunft der Klimaziele gerungen.

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27 Kommentare

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  • Starre Ziele für einzelne Länder machen eh' wenig Sinn. Vielleicht kann man in Malta und Irland einfach PV oder Windkraft sinnvoller nutzen. Im Emissionshandel gibt es nur ein Ziel für die EU insgesamt, das durch Handel zwischen Emittenten sowohl sicher als auch zu minimalen volkswirtschaftlichen Kosten erreicht wird. Der Anteil sog. erneuerbaren Energien ist eigentlich auch kein eigenes Ziel sondern nur eines von möglichen Mitteln, um das Ziel der Emissionsminderung zu erreichen.

    Der Emissionshandel sollte endlich auf möglichst alle Emittenten ausgedehnt werden und durch eine Mindestpreissteuerung wirksam gemacht werden. Siehe: http://thecompensators.org/de/2016/a-fixed-price-for-the-ets/

    • @alfonearth:

      Vielleicht exportieren wir einige Emissionsminderungen mit dem überschüssigen Windstrom. Für den Export mussten wir z.T. Geld zahlen, und jetzt auch noch für den RE-Import der Emissionsminderungen. Allerdings verdrängt der Windstrom ja vor allem emissionsarme Gaskraftwerke und Wasserkraft.

  • Ich wüsste nicht, was wir hätten besser machen können

    • @Gregor Tobias:

      Das glaube ich Ihnen aufs Wort.

  • Man kann Wirtschaftswachstum nicht vom Energieverbrauch, oder Nutzen, abkoppeln. Also jedenfalls nicht in unserer Art von Wirtschaft, in einer Sklavenhaltergesellschaft mag das anders sein. Deswegen wird es auch kein "grünes" Wachstum geben. Unsere Masterressource ist Öl!

  • Tja, als Trump aus dem Klimaschutzabkommen ausgestiegen ist, hagelte es-zu Recht- jeder Menge Kritik von deutscher Seite. Es bleibt zu hoffen, dass diese Kritik jetzt nicht ausbleibt.

    Eigentlich gibt es nur eine faire Lösung:

    Auszurechnen, wieviel Co2 sich die Menschheit pro Kopf gönnt. Und diesen Wert gemäß Bevölkerungszahl auf die Länder umzulegen.

  • Wenig Fortschritte beim Verkehr? Gar keine würde ich sagen. Mehr LKWs, mehr Busse, mehr SUVs...

    Kaum Radverkehr, kaum Fußgänger. Wie auch in unseren total fehlentwickelten autogerechten Städten.

  • Strom ist zu teuer.

     

    Immer mehr Empfängern von Sozialhilfe wird der Strom abgedreht, weil sie die Rechnung nicht mehr bezahlen können.

     

    Das bedeutet:

    - kein Kühlschrank

    - kein Fernsehen

    - kein Internet

    - und im Boiler-Fall auch kein Warmwasser

     

    Strom muss billiger werden!

    Wenn Braunkohle und Atom billiger sind als Solarenergie, dann bitte mehr davon.

    • @Maike123:

      wohnen sie zufaellig in st. petersburg?

    • @Maike123:

      Mehr "Sozialhilfe"!

  • Man sollte sich eben nicht allzu ehrgeizige Ziele setzen, sondern nur diese, die man auch tatsächlich erreichen kann. Dies gilt im Privatem, wie im Öffentlichen.

    • @Nikolai Nikitin:

      Das Versagen die Ziele zu erreichen ist politisch begründet. EEG-Gesetz einseitig zu Lasten der Kleinverbraucher und des Handwerks.

      Das Versagen selbst die ältesten Kohlekraftwerke abzuschalten bedeutete auch die Stillegung von neuen Gaskraftwerken mit wesentlich höherem Wirkungsgrad und damit geringerem Schadstoffausstoß.

      Die Geschenke an die Autoindustrie in Form von Mogelpackungen beim Schadstoffausstoß.

       

      All das hat nnichts mit ehrgeizigen Zielen zu tun, sondern mit schlampiger Arbeit der Politiker.

    • @Nikolai Nikitin:

      gehts noch tendenzioeser?

      sie kommentieren ja ne ganze menge, so langsam habe ich das gefuehl, sie sind ein troll.

      lassen sie sich mal von greenpeace, der deutschen umwelthilfe oder dem umweltamt belehren: die (viel zu unehrgeizigen ziele) waeren locker zu erreichen gewesen, also keine frage des koennens, sondern nur des wollens.

      mein tip: sparen sie sich doch gleich mal ihren altklugen letzten pseudophilosophischen satz und tun sie was fuer die umwelt.

      • @the real günni:

        Jemand, der sich The Real Günni nennt, bezeichnet mich, der ich hier unter Klarnamen schreibe, als Troll. Das ist wirklich trollig.

        • @Nikolai Nikitin:

          inhalte. es geht hier immer nur um inhalte. aber nebelkerzenwerfen ist ja ihr beruf.

          • @the real günni:

            Wieso ist es eine Nebelkerze, wenn ich appelliere, sich nur die Ziele zu setzen, die auch wirklich erreicht werden können ? Alles andere schafft doch nur Frust unter den Menschen.

            • @Nikolai Nikitin:

              na, weil´s sie sind, nochmal:

               

              lassen sie sich mal von greenpeace, der deutschen umwelthilfe oder dem umweltamt belehren: die (viel zu unehrgeizigen ziele) waeren locker zu erreichen gewesen

              • @the real günni:

                Greenpeace, die Deutsche Umwelthilfe und die Umweltämter argumentieren nicht objektiv, sondern sind ihren Ideologien verhaftet.

              • @the real günni:

                echt jetzt!

    • @Nikolai Nikitin:

      Alternativ dazu könnte man auch Parteien wählen, die es bei einem was unsere Zukunft betrifft wichtigsten Thema ernst meint und auch Mut hat schwierige Themen anzugehen. CDU, SPD und FDP sind halt lauter Memmen und die AfD ist im Vorherein zu blöd dazu.

      • @Radl Rambo:

        Sie halten mich für einen Anhänger der CDU, SPD, FDP oder AfD ?

    • @Nikolai Nikitin:

      Sich gar keine Ziele setzen, kann es doch auch nicht sein. Also jedenfalls wenn es um einen Mißstand geht. Die Anreicherung der Athmosphäre mit CO2 ist nun nicht mit "etwas zuviel Schokolade gegessen" zu vergleichen.

      • 2G
        21272 (Profil gelöscht)
        @Energiefuchs:

        Doch, das ist ein guter Vergleich. CO2 in der Luft hat keine Auswirkung auf das Klima.

        • @21272 (Profil gelöscht):

          WIOFelkjwpowfp ,wsofhoump...,.casohdfodshow h! oiudefiovefho ? cffipo!!!!!

  • Wenn nur Irland und Malta innerhalb der EU die Ziele erreichen dürfte es doch relativ einfach sein, via Mehrheitsbeschluss die Vorgaben bzw. die Strafzahlungen zu kippen. Durch einen entsprechenden Beschluss wäre die rechtliche Verbindlichkeit schnell hinfällig.

    • @DiMa:

      "Nur Irland und Malta liegen mit 15 oder 10 Prozent weit über ihren Versprechen." Irland und Malta liegen mit Abstand am weitesten hinter den vereinbarten Zielen.

       

      Erst einmal aufmerksam lesen, dann politische Vorschläge machen, gell?

      • @Hanksson:

        Danke für den Hinweis.

         

        Nun, das liegt auch am etwas verwirrenden und inkonsistenten Stil des Autoren. Wenn ich ein Versprechen übererfülle ist das sprachlich ertsmal positiv. Wenn dann noch die Quellen unklar bleiben, indem es im gleichen Kontext jeweils heißt "er sagte", "steht in dem Papier" und dann wieder "vermutet Staatssekretär Flasbarth" wird es unübersichtlich. Die klassischen Klimasünder Polen und Griechenland fehlen ferner ganz.