piwik no script img

Kolumne Pflanzen essenGepelltes Ei im Großraumwaggon

Böse Keime auf den Sitzpolstern, arme Schweine im Linseneintopf – unsere vegane Kolumnistin hat auf einer ICE-Fahrt ganz schön was zu tun.

Senk ju for Miet-ieting with Deutsche Bahn Foto: dpa

H aben Sie auch einen Keimfimmel? Ich bin ja eine von denen, die auf Reisen nach Sitzplatzeinnahme zuallererst ihr Keimkiller-Sortiment auspackt: Desinfektionstücher, kolloidales Silberspray, antibakterielle ätherische Öle für den Rachenraum und meine portable antimikrobielle UV-C-Lampe, die sogar Krankenhauskeime abtöten können soll. Dass ich damit aussehe wie eine Art leicht dementer Jedi-Ritter mit Lichtschwert – unbezahlbar!

Sie merken schon, vegan hin oder her: Keime fallen bei mir nicht unter die zu schützenden Lebensformen. Mit Keuchhusten, Ebola, Schnupfen mache ich kurzen Prozess. So wie neulich im ICE von Kaiserslautern nach Paris. Erst mal gründlich die Armlehne und den Tisch abgewischt und dann noch mal mit der UV-C-Lampe über den Sitz und Kopfstütze, die ich im Anschluss mit einem eigens dafür mitgenommenen Schal abdecke.

Keimfrei reisen ist einfach. Tierfrei ist eine andere Sache. Die Speisekarte im ICE geht mich mit einem Bild von Linseneintopf mit Wiener Würstchen an. „Schmeckt wie hausgemacht!“, verspricht die Deutsche Bahn. Für mich als Pflanzenfresser sind kleine Stücke gepressten Schweins aber alles andere als appetitanregend.

Positive Überraschung dann im Innenteil: Es gibt auch veganes Focaccia Tomate-Olive und Gerstensalat mit Kürbis, Lauch und Cranberries, für Vegetarier sogar noch mehr Optionen. Zumindest verhungern muss ich nicht, auch wenn die Auswahl etwas dürftig ist.

Biokaffee? Ja. Sojamilch? Leider nein

Tee und Kaffee der DB sind sogar fair trade (cool!) und bio (klasse!), allerdings: dazu Soja- oder Mandelmilch? Leider nein. Nach Hafermilch traue ich mich schon gar nicht mehr zu fragen. Dabei ist die Mischung Kaffee und Kuhmilch äußerst mitreisendenunfreundlich. Macht nämlich Mundgeruch. Das ist besonders nach ein paar Tassen und Stunden im Zug unschön. Hat ja auch nicht jeder, wie ich, Pfefferminztropfen, extrastark, griffbereit.

Aber es kann immer schlimmer kommen. Eine Frau weiter vorne im Waggon pellt sich ein gekochtes Ei. Ich nehme ja eh immer schon Großraum, weil im geschlossenen Abteil zu nah an anderen Menschen und deren Keimen, Sie wissen schon. Selbst die zehn Meter Distanz nützen nichts.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Es riecht, als hätten alle zehntausend Teufel der Hölle simultan Verdauungsbeschwerden. Da hilft nur noch: Pfefferminzöl in eine der OP-Masken, die ich stets in einer Seitentasche meines Carry-On trage (weiß man ja nie, wann die Schweinegrippe ausbricht), zu tröpfeln und das Ding aufzuziehen.

Apropos vegan Zug fahren: Das amerikanische Amtrak liegt der Deutschen Bahn hinsichtlich Veggie-Angebot noch um ein paar ICE-Längen voraus. In US-Zügen bekommt man inzwischen sogar schon vegane Burger und Cheesecake. Liebe DB, dafür wäre es auch bei uns allerhöchste Eisenbahn! Ich teile gerne ein bahnbrechendes Rezept.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Sojamilch ist im Urzustand eine wässerige, grüne, stinkende Brühe. Ich weiß nicht (und will es auch nicht wissen), wieviel Chemie und Zusatzstoffe es braucht, um daraus eine Art Milch herzustellen. Wie man dieses Gebräu der kerngesunden Kuhmilch vorziehen kann, geht über meinen Horizont.

    • @Hartwig Lein:

      Ich weiß ja nicht, wo Du das her hast, aber ich kann nur das Video der Sendung mit der Maus empfehlen. Sojamilch ist bei der Herstellung weiß und darin ist nichts anderes als gekochte Sojabohnen und Wasser.

      Was ist denn in der "kerngesunden Kuhmilch" alles drin? Antibiotika, Hormone, zu viel Phosphor und alle Schadstoffe, die die Kuh zu sich genommen hat.



      Für Menschen-Babys wäre reine Kuhmilch extrem schädlich, einfach mal beim Zentrum der Gesundheit oder anderen Seiten informieren!

  • Ist ja eigentlich inkonsequent!

    .

    Der Lokführer, der Schaffner, das Personal,der Zug, der Strom...usw...

    .

    Alles Leute, von Leuten gemacht.... die die armen Tiere fressen & dem Veganer mittelbar ermöglichen, sein "Leben" zu leben. Ohne solche "Zuarbeit" ging "Vegan leben" objektiv nicht. Wie steckt man/Frau das weg?

    .

    Ist es nicht gleich, ob ich selbst oder meine Zuarbeiter "für mich" ...???

    .

    Gruss Sikasuu

    .

    Ps. Kommt mir sehr ähnlich vor wie die Abschaffung der Ausbeutung & Sozialstandrads hier in Europa.

    .

    Wir haben das dann weit nach Asien verlegt, da sehen wir dann nicht wie schlecht es den Leuten, die unsere Shirts, IT usw. bauen müssen, geht:-(

  • Echt amüsant.Ich finde es gut,wenn man(frau) sich selbst "auf die Schüppe"nehmen kann!

  • Ich habe mich extra registriert, um diesen Artikel zu kommentieren. Ich dachte bisher immer, Kommentieren sei etwas für gelangweilte, schlechteglaunte Querulanten. Wahrscheinlich bin ich auch einer. Ich habe selten so einen schlechten und sinnlosen Artikel in der taz gelesen. Als Veganer kann ich nicht verstehen, wie man als Veganerin die eigene Überzeugung so lächelich machen kann. Warum das ganze mit einer schlechten Satire über Hygienewahn beginnt, erschließt sich mir nicht. Die Forderung nach veganem Cheesecake und Burgern im ICE ist ja wohl pfui. Vegane Ernährung sollte doch mehr sein als irgendein Lifestyle, dahinter steckt zum Glück bei vielen Veganern die Sorge um den Planeten und vielleicht ganz grundlegend ein Bewusstsein für Ernährung.

    Sie regen sich über Menschen auf, die im Zug ein Ei essen? Und müssen dann darüber einen Artikel schreiben? Ich habe versucht, den ganzen Artikel als Satire zu verstehen und ihn nochmal gelesen. Ne, ich weiß nicht. Jetzt hör ich wieder auf zu kommentieren, sonst werd ich so wie Sie.

  • Keimfrei reisen geht nicht. Allein was Sie an nützlicher Darmflora und schützenden Hautkeimen begleitet, geht ins Unermessliche. Aber wie man sich allen Ernstes veganes Junkfood wie Burger und Cheesecake als Nährmittel wünschen kann, geht über meinen Verstand. Wer sich einmal die Mühe gemacht hat die Zutatenliste dieser lebensmittelchemischen Kunstwerke aus Wasser, Öl, Emulgatoren, diverser E-Nummern, Maltodextrin, Farbstoffe nund Sojaauszügen zu lesen, weiss dass Selbstverarschung z. Z. immer mit dem Adjektiv 'vegan' umschrieben wird.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Tee, oder Kaffee mit Milch, Soja- oder Mandelmilch?!

    Pfuideibel.

  • Ist das hier eigentlich eine satirische Kolumne oder wie ist dieses Keimgeblubber zu verstehen?

     

    Das Speiseangebot der Bahn finde ich vegangerecht. Klar geht immer mehr, aber es ist nach wie vor ein Zug und kein Spartenrestaurant.

     

    Mundgeruch ist indes am Milchkaffee kaum das größte Problem. Kaffee ist ein Kolonialgut, dass bis heute Abhängigkeiten zementiert. Das lässt sich mit Fairtrade noch moralisch zurechtbiegen, aber die Massen die hierzulande an Kaffee verbraucht werden sind mehr als fragwürdig.

  • Oh, mein Gott! Wenn Sie schon keimfreien Fernverkehr haben wollen, dann will ich erst gar nicht wissen was los ist, wenns mal um Nah-Verkehr geht. Geht wohl nur spirituell-pantomimisch im Neoprenanzug, oder?