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Kolumne MithulogieMamaPapaPenis

Der erste Mann, der in Deutschland ein Kind auf die Welt gebracht hat, klagt auf sein Recht, Vater zu sein – und nicht Mutter sein zu müssen.

Vater? Schwer zu sagen Foto: dpa

W enn es mir nicht gut geht, und damit meine ich richtig nicht-nicht gut, so ab 39 Grad Fieber, will ich meine Mama. Will ich, dass jemand mich im Arm hält und mir sagt, dass alles gut wird und ich mir keine Sorgen machen muss.

Das könnte auch ein Vater machen, klar, aber in unserer Familie war das nun mal meine Mutter. Wie wahrscheinlich in den meisten Familien. Das ist politisch doof, aber wenn ich Fieber habe, ist mir Gender brause. Weshalb ich nur zu glücklich bin, wenn mein Partner mich festhält und mir sagt: Ja, ich bin deine Mama. Das führt auch zu keinen Verwechslungen, weder während der Grippe noch später.

Der Staat ist da nicht so flexibel. Mutter ist, wer das Kind gebiert.

Ich bin Mutter zweier Kinder und habe nur eines davon geboren und werde ständig (zum Beispiel bei Elternsprechtagen oder Behörden) informiert: Dann sind Sie ja nicht die echte Mutter. Doch! Denn ich bin nicht fiktiv. Zumindest nicht so fiktiv wie die böse Stiefmutter aus irgendeinem Märchen. Stiefmütter sind immer böse, weiß man doch. Sprache macht etwas damit, wie wir die Welt wahrnehmen.

Deshalb ist es ein Problem, dass Männer, die Kinder gebären, in Deutschland (und nicht nur hier) noch immer die Mutter des Kindes sind. Nun könnte man einwenden: Das liegt daran, dass das eine so neue Angelegenheit ist, da brauchen alle eine Weile, bis sie das in ihren Kopf hineinbekommen. Und es scheint tatsächlich eines der Konzepte, die wirklich schwer zu verstehen sind.

Und, hattest du einen Dammschnitt?

Wenn ich also „erster schwangerer Mann“ oder „first man to give birth“ und Ähnliches googelt (andere Suchmaschinen sind ebenfalls erhältlich), bekomme ich eine ganze Reihe von Namen, auch wenn sich das „Guinness-Buch der Rekorde“ inzwischen auf Thomas Beatie geeinigt hat.

Jede Schwangerschaft eines Mannes wird erneut als große Überraschung behandelt, als etwas ganz Einzigartiges, das so bestimmt nie wieder vorkommen wird und deshalb nicht weiter beachtet werden muss. Also nicht weiter von rechtlicher Seite beachtet werden muss, während die Artikel sich so genüsslich mit den biologischen Details beschäftigen, als ginge das die Öffentlichkeit einen Scheiß an. Aber beim Kinderkriegen werden wir alle grenzüberschreitend.

Ich kann mich noch daran erinnern, als ich ein Baby bekommen hatte, war die erste Frage immer unweigerlich: Und, hattest du einen Dammschnitt? Von wildfremden Leuten!

Kindern ergeht es natürlich nicht besser. Wenn sie als Tochter oder als Sohn geboren werden, dann bleiben sie das de jure ihr Leben lang, egal was ihr wirkliches Geschlecht inzwischen ist. Steht zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht in der Lage ist, Papa zu sagen. Bis dahin alle ganz laut: DAMMSCHNITT!!!

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Mithu Sanyal
Autorin
Dr. Mithu M. Sanyal, Kulturwissenschaftlerin und Autorin Themen: Sex, Gender, Macht, (Post)Kolonialismus, Rassismus, Wissen schreibt eine regelmäßige Kolumne für die taz "Mithulogie" Bücher u.a. "Vulva" (Wagenbach), "Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens" (Nautilus.)
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9 Kommentare

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  • Wenn man den gesunden Menschenverstand benutzt ist es doch eigentlich ganz einfach: Ist der Gebärende zum Zeitpunkt der Geburt bereits Mann, dann ist es doch selbstverständlich, dass er der Vater des Kindes ist. War er zum Zeitpunkt der Geburt noch Frau und wurde erst später zum Mann, dann ist und bleibt er die Mutter des Kindes.

    Ich meine, wer in der DDR in Karl-Marx-Stadt geboren wurde, bleibt das ja schließlich auch sein Leben lang und muss es im Ausweis mit sich herumtragen, obwohl beides schon lange nicht mehr existiert...

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @draQla:

      "Wenn man den gesunden Menschenverstand benutzt ist es doch eigentlich ganz einfach: Ist der Gebärende zum Zeitpunkt der Geburt bereits Mann, ..."

       

      Das bekommt in meine Zitatesammlung einen Ehrenplatz.

    • @draQla:

      Das sieht das Bundesverfassungsgericht anders. Demnach ist für die rechtliche Änderung des Geschlechtsstatus nicht zwingend die dauerhafte Sterilisierung vorzunehmen, kommt es dann jedoch doch zu einer Geburt unter Ausnutzung des ursprünglich anderen Geschlechts, so ist für die elterschaftliche Zuordnung das ursprüngliche Geschlecht maßgeblich.

       

      Hier handelt es sich eher um eine politische Debatte, da unter Ausnutzung des Rechtsweges das begehrte Ziel nicht zu erreichen sein wird.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    "Deshalb ist es ein Problem, dass Männer, die Kinder gebären, in Deutschland noch immer die Mutter des Kindes sind."

     

    Ist das noch Journalismus, den man ernstnehmen soll?

  • Manchmal weiß ich dann wieder, wieso ich zunehmend den Eindruck habe, ohne mein Zutun in ein Monthy-Python-Film-Set geraten zu sein.

    Leider werden die Drehpausen immer kürzer, die Pausen-Snacks immer ungenießbarer - und den Ausgang find ich irgendwie auch nicht mehr.

  • Ich finde es jetzt nicht SO kritisabel, daß ein großer Teil der Leute nicht das Wort "Vater" für eine Person, die auf natürlichem Wege ein Kind austrägt und gebiert, verwenden möchte. Kann man das nicht auch irgendwie verstehen?

  • Die jetzt ergangene Entscheidung hat doch bereits das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2011 bereist vorgegeben (siehe Rdnr. 77 der damaligen Enstscheidung https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/01/rs20110111_1bvr329507.html).

     

    Die Zivilgerichte sind lediglich dieser Entscheidung gefolgt. Herr Papa bleibt juristisch also Herr Mama.

     

    Da bleibt wenig Hoffnung auf eine anderslautende Entscheidung im Falle einer weiteren Klage vor dem BVerfG.

    • @DiMa:

      Verunglimpfe meinen Pseudonym nicht. :P

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