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Machtkampf in UgandaDer Rapper und der Präsident

Präsident Yoweri Museveni darf ab sofort im Amt noch älter werden. Dagegen geht der jüngste Abgeordnete, der Musikstar Bobi Wine, in die Offensive.

Rapper und Abgeordneter: Bobi Wine in seinem Studio Foto: Simone Schlindwein

Kampala taz | Vor Ugandas Parlament im Zentrum der Hauptstadt Kampala herrscht Hochbetrieb. Dutzende Regierungsfahrzeuge stehen vor der Sicherheitskontrolle. Motorradtaxifahrer und Fußgänger strömen von allen Seiten herbei. Manche tragen Banner: „Museveni – geh nicht!“ steht da.

Drinnen versammeln sich die Abgeordneten der Regierungspartei NRM (Nationale Widerstandsbewegung) zu einem Fraktionstreffen. Der Grund sei geheim, hat ein Minister vorher gegenüber der taz erklärt. Doch jeder wusste: Da war etwas ganz Wichtiges im Busch – und was, konnten sich die Ugander denken. Seit Wochen diskutiert das ganze Land über eine mögliche Verfassungsänderung.

Bisher schreibt die Verfassung ein Höchstalter von 75 Jahren für den Präsidenten vor. Präsident Yoweri Museveni, seit 1986 im Amt, ist mittlerweile 71. Bei den nächsten Wahlen 2021 darf er also nur antreten, wenn die Altersgrenze abgeschafft wird.

Nur zwei NRM-Abgeordnete enthielten sich, als dieses Ansinnen am Dienstag durch die Fraktion ging. Der Rest war dafür. Die NRM hält 293 der 426 Sitze im Parlament. Die formelle Abstimmung über die Verfassungsänderung am Donnerstag ist also reine Formsache.

„Schämt euch!“

Aber nicht für alle. „Schämt euch!“, brüllt Ugandas jüngster Abgeordneter, Robert Kyagulanyi Ssentamu, ins Mikrofon. Er ist vom Parlament direkt in sein Studio in seinen Vorstadtwahlkreis Kyadondo gefahren. Ssentamu ist 35 und Musiker, landesweit ist er unter seinem Künstlernamen Bobi Wine bekannt.

Im Juli kam er durch eine Nachwahl als Parteiloser ins Parlament. Seitdem mischt er die politische Szene gewaltig auf.

In seinem stickigen gepolsterten Studio hat Bobi Wine früher Rap eingesungen. Jetzt übt er vor dem Mikrofon politische Reden. Die gelb-rot-schwarze Krawatte in Ugandas Nationalfarben hängt ihm locker um den Hals, sein Hemd aus der Hose, er ist barfuß.

„Das ist ein sehr trauriger Tag für unser Land“, sagt er ins Mikrofon. „Seid ihr euch eigentlich bewusst, dass eure Kinder und Enkel den Mist ausbaden müssen, den ihr heute angerichtet habt?“ Bobi Wine ist wütend, seine Stimme überschlägt sich fast. Der Aufnahmeleiter gibt ihm ein Zeichen, er soll den Satz wiederholen. Bobi setzt noch einmal an.

„Den Mist ausbaden“

Die Audiobotschaft soll über soziale Netzwerke verbreitet werden. Sie spricht Museveni direkt an. „Als Sie 1986 an die Macht kamen, haben Sie gesagt, das Problem Afrikas seien die Herrscher, die zu lange an der Macht bleiben – heute sind Sie selbst einer von ihnen!“

Bobi Wines Team hockt in der Aufnahmeleitung jenseits der schalldichten Scheibe auf dem Teppichboden. Die meisten tragen Dreadlocks, der Geruch von Marihuana zieht ins Studio. Einer trägt Anzug: Bobi Wines Anwalt. Als die Audiobotschaft den an Museveni gerichteten Satz erreicht: „Kommen und sagen Sie noch mal, was Sie im Fernsehen gesagt haben, als Sie gefragt wurden, ob Sie mit 75 Jahren immer noch an der Macht sein werden!“, schüttelt der Anwalt den Kopf.

Bobi Wine hält inne. „Ist das selbstmörderisch?“, fragt er. Der Anwalt seufzt: „Es muss auf jeden Fall alles korrekt sein.“ Sie diskutieren, ob man öffentlich „Mist“ in einer politischen Rede sagen kann. „Das kann Ärger geben“, so der Anwalt.

Ugandas Polizeieinheiten sind dafür bekannt, gegen Oppositionspolitiker knallhart durchzugreifen. Regelmäßig werden Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt, wenn Ugandas langjähriger Oppositionsführer Kizza Besigye auf Kampalas Straßen die Massen mobilisiert.

Besigye war einst Oberst in Musevenis Guerillaarmee und sein Leibarzt. Bobi Wine ist für Musevenis Generäle ein ganz anderes Kaliber, denn er ist jung und ein Superstar. 75 Prozent der ugandischen Bevölkerung sind unter 35 Jahre, sie haben noch keinen anderen Präsidenten erlebt als Museveni. Musikstar Wine ist durch seine Rapsongs als Museveni-Kritiker etabliert.

Der „Ghetto-Präsident“

„Ghetto-Präsident“ wird er von seinen Anhängern genannt. Sie legen jetzt alle Hoffnung in ihn. Wenn Wine durch die Dörfer zieht und mittlerweile nicht nur rappt, sondern auch politische Reden schwingt, hat er die Jugend hinter sich: „Präsident Museveni hat den Bezug zu euch schon längst verloren“, betont er. Wine dagegen ist einer von ihnen. Dass er in die Politik gegangen ist, bedeutet eine ganz neue Sprengkraft.

„Hätte ich Museveni getroffen, als er in meinem Alter war, wären wir sicher die besten Freunde geworden“, sagt Wine, nachdem er die Aufnahme beendet hat.

Sieht er sich selbst als kommenden Präsidentschaftskandidaten? Da lacht er schelmisch: „Ich habe ja immerhin das richtige Alter!“

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