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Quittung gegen Rassismus

Racial Profiling Bremens Grüne wollen, dass die Polizei bei Kontrollen Quittungen ausstellt. Die Idee kommt aus der Polizei, doch die will es so nicht gemeint haben

„Die Quittung bitte!“: Junge Männer afrikanischer Herkunft müssen besonders häufig verdachtsunabhängige Kontrollen über sich ergehen lassen, können das aber meist nicht beweisen Foto: Boris Roessler/dpa

von Paulina Hemesath

Die Polizei in Bremen soll Personenkontrollen in Zukunft schriftlich begründen müssen. Das haben die Bremer Grünen in der Innendeputation am vergangenen Donnerstag gefordert. Die Kontrollierten sollten eine Quittung erhalten, auf der der Grund der Kontrolle vermerkt ist. „Es erreichen uns immer wieder Beschwerden, dass die Polizei unbegründet kontrolliert“, sagt Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft. Vor allem Menschen mit dunkler Haut- und Haarfarbe würden häufig angehalten.

Dass es für solche Vorfälle keine konkreten Fallzahlen gibt, kritisiert Dennis Brandt von der Bremer „Kampagne von Opfern rassistischer Polizeigewalt“ (KOP). Laut Brandt sind vor allem schwarze Jugendliche im Steintorviertel und in der Bahnhofsvorstadt den verdachtsunabhängigen Kontrollen ausgesetzt. Allerdings meldeten sich nur wenige Betroffene bei der KOP, da häufig Beweise für eine unangebrachte Kon­trolle fehlten. Deswegen findet Brandt Kontrollquittungen gut: „Dann werden solche Fälle endlich statistisch erfassbar werden und die Opfer können die Vorfälle besser dokumentieren.“

Welche Folgen dieses sogenannte Racial Profiling haben kann, macht der Fall Laye-Alama Condé deutlich: Am 31. Dezember 2004 hatte die Polizei den aus Sierra Leone stammendem Asylbewerber festgenommen. Aufgrund seiner Hautfarbe und seines Aufenthalts im Bremer Steintorviertel, wo regelmäßig aus afrikanischen Ländern stammende junge Männer Drogen verkaufen, wurde er verdächtigt, Drogen verschluckt zu haben, damit er nicht wegen Dealens verhaftet werden könnte. Condé wurde damals gewaltsam ein Brechmittel verabreicht. Er wehrte sich gegen die Einnahme und starb später an einer Wasserlunge sowie an Hirnschäden.

Seit 2011 hat sich die Bremer Polizei auf mehreren Fachtagungen mithilfe von Expertinnen und Experten mit dem Thema Racial Profiling auseinandergesetzt. Daraus entstand bei der Ortspolizei Bremerhaven auch die Idee für den Einsatz von Kontrollquittungen. Davon erhoffte man sich eine Sensibilisierung der Kolleginnen und Kollegen für Racial Profiling im Zusammenhang mit Personenkontrollen.

Diesen Vorschlag haben die Bremer Grünen nun aufgegriffen und in der Innendeputation einen zeitlich begrenzten Testlauf vorgeschlagen. Bremens Vize-Polizeipräsident Dirk Fasse räumte zwar ein, dass es wichtig sei, die Beamtinnen und Beamten in Bezug auf Racial Profiling zu sensibilisieren – dies solle allerdings mithilfe des Verhaltenskodexes für die Polizei stattfinden. Auch in Bremerhaven gebe es derzeit keine Bestrebungen, Kontrollquittungen einzuführen.

Bei CDU, SPD und FDP stößt der Vorschlag der Grünen ebenfalls auf Ablehnung. Holger Welt (SPD) hält Kontrollquittungen für „aktuell nicht notwendig“. Laut Wilhelm Hinners (CDU) sind sich die Polizistinnen und Polizisten der Personenkontrolle als „sensibles Instrument“ bewusst und werden in ihrem Dienst genügend darauf vorbereitet. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) fügt hinzu, dass der Tagungsbericht „missverständlich formuliert“ sei. Schon im nächsten Absatz habe die Polizei in ihrem Bericht auf das Risiko hingewiesen, die Quittungspflicht könne zu einer „Diffamierung“ von Polizeiarbeit führen. Deshalb gebe es nach Rücksprache mit der Polizei keine guten Gründe, Kontrollquittungen einzuführen.

Auch für den Grünen Fecker stellen die Kontrollquittungen kein Allheilmittel für eine transparente Polizeiarbeit dar. Einen Testlauf sei diese Maßnahme allerdings allemal wert. Dann könne sich im Alltag ja zeigen, ob sie ein effektives Mittel gegen das Racial Profiling darstellt.

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