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Neue Diesel sauber, Elektroautos dreckig?

Verkehr Der Abgasskandal hat den Wahlkampf erreicht. Dabei kommen diverse Fakten unter die Räder

GÖTTINGEN taz | Mit der Verkehrspolitik gibt es durch den Diesel-Skandal plötzlich ein Thema, über das im Wahlkampf wirklich gestritten wird. Doch nicht alle Argumente, die derzeit vorgebracht werden, zeugen von tiefer Sachkenntnis. Darum gibt es hier einen Faktencheck.

Sind Elektroautos gar nicht umweltfreundlicher?

Mit Zweifeln am Elektroauto versuchen derzeit vor allem Politiker aus Union und FDP zu punkten. „Elektromobilität bringt nichts, wenn der Strom zu 40 Prozent aus Kohle kommt“, behauptet etwa FDP-Chef Christian Lindner regelmäßig.

Fakt ist:Schon beim heutigen Strommix mit 40 Prozent Kohlestrom und unter Berücksichtigung des gesamten Herstellungsprozesses sind Elektroautos klimafreundlicher als vergleichbare Benziner oder Diesel, zeigen Berechnungen des Umweltministeriums und Öko-Instituts. In der Kompaktklasse verursacht ein E-Wagen im Vergleich zu einem modernen Verbrennungsmotor mit Spritspartechnik 12 Prozent weniger CO2. Mit steigendem Ökostromanteil wächst dieser Vorteil weiter.

Gibt es gar kein Problem beim Diesel?

Mit dieser Behauptung ist der ehemalige Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Donnerstag zum Gegenangriff auf SPD und Grüne übergegangen, die im Wahlkampf für eine Abkehr vom Verbrennungsmotor werben. „Die von deutschen Ingenieuren gebauten Verbrennungsmotoren sind die besten der Welt“, erklärte er im Deutschlandfunk. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betont immer wieder, er glaube an den „sauberen Diesel“.

Fakt ist: Selbst die neuesten Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 überschritten die geltenden Stickoxid-Grenzwerte bei Tests des Umweltbundesamts auf der Straße im Durchschnitt um das 6-Fache – und sind damit kaum sauberer als ältere Euro-4-Diesel. Ein Umstieg nützt derzeit also wenig und schützt auch nicht vor Fahrverboten. Mit aufwendiger Technik können Diesel aber tatsächlich sauber werden, das beweisen einzelne Fahrzeuge wie der BMW 520D, der nur ein Drittel der erlaubten Stickoxid-Menge ausstößt. Das ist derzeit aber eine große Ausnahme.

Verbreitet das Umwelt­bundesamt (UBA) Lügen?

Mit diesem Vorwurf garnierte Ramsauer seine Diesel-Verteidigung. Die Berechnungen der obersten deutschen Umweltbehörde seien „oft weit von der Wahrheit entfernt“ und geprägt von „Hysterie“.

Fakt ist: Für seine Anschuldigungen lieferte der CSU-Mann keinerlei Beleg. Selbst der Automobilverband VDA zweifle die Daten der Behörde nicht an, sagte UBA-Chefin Maria Krautzberger der taz. „Insofern wundert uns der Vorwurf schon sehr.“ Malte Kreutzfeldt

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