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Diplomatie mit RusslandJa, die Wurst ist wohl da

Als deutsche Regierungschefin meidet Angela Merkel spürbar weitere Eskalationen mit Wladimir Putin. Für sie bleibt eher die Rolle der großen Schwester.

Schon 2007 provozierte Putin Merkel bei ihrem Besuch in Russland – mit seinem Hund Foto: ap

Berlin taz | Eine Sache wie die mit Putins Grillwurst darf nicht noch einmal passieren. Darauf wird das Protokoll beim deutschen G20-Gipfel peinlich genau achten. Bloß keine Bilder produzieren, die auch nur den Anschein erwecken könnten, der russische Präsident werde respektlos behandelt! Der Besuch von Putin in Hamburg ist von höchster Brisanz.

2014, beim Gipfel im australischen Brisbane, hatte es hässliche Fotos gegeben, auf denen Wladimir Putin bei einem Barbecue der Staatschefs einsam vor seinem Teller saß. Die vermeintliche Botschaft: Mit dem Krim-Kriegsherrn wollen Oba­ma und Merkel nicht mal essen. Das Ergebnis: Putin reiste vorzeitig ab. Seine Begründung: Er habe zu arbeiten.

Diesmal muss es besser laufen, zu viel steht in Hamburg auf dem Spiel. Schließlich wird Wladimir Putin zum ersten Mal seit dessen Amtsantritt US-Präsident Donald Trump treffen. „Am Rande“, wie es heißt. Aber die Begegnung zwischen den beiden Politikern, die bisher ausschließlich telefoniert hatten, hat höchste strategische Priorität. Das Verhältnis zwischen den beiden Supermächten Russland und den USA ist angespannt.

Für Angela Merkel bleibt da eher die Rolle der großen Schwester. Oder, wie es der linke Außenpolitiker Stefan Liebich formuliert: „Es wäre wichtig, dass Angela Merkel auf Donald Trump und Wladimir Putin einwirkt, damit sie die globale Rolle, die sie haben, verantwortungsbewusst ausfüllen.“

Es kommt auf Details an

Erstaunlich ist, wie sich Putins Status dadurch verändert hat, dass das größere politische Problem inzwischen Donald Trump heißt. Ob in der Syrien-Frage, wo Russland als Schutzmacht von Syriens Präsident Assad agiert, oder beim Ukrai­ne-Konflikt – überall lähmt die US-Administration bislang weitere Schritte. Niemand bewegt sich, weil alle auf Trump warten.

G20 in Hamburg

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

Für Putin wäre vor allem die Aufhebung der von den USA und der EU verhängten Sanktionen gegen sein Land wichtig. Seit 2014 werden diese einfach immer weiter verlängert. Und weil sowohl er als auch die Europäische Union Einreisesperren gegen unliebsame Politik- und WirtschaftsvertreterInnen verhängt haben, gibt es auch keine Treffen, bei denen man ins Gespräch kommen könnte. Das hat Konsequenzen auch für die deutsche Wirtschaft: Wegen der Sanktionen sind vor allem ostdeutschen Unternehmen die Russland-Aufträge weggebrochen.

Als deutsche Regierungschefin vermeidet Angela Merkel spürbar weitere Eskalationen. Wohl auch als Vorbereitung auf den G20-Gipfel hat sie erst im Mai Wladimir Putin in Sotschi getroffen. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz bemühte sie sich, Gemeinsamkeiten zwischen Berlin und Moskau herauszuarbeiten. Putin revanchierte sich mit einer provokanten Schimpfkanonade gegen die verfeindete Ukraine. In Hamburg kommt es jetzt auf jedes Detail an.

Vielleicht gibt es Fischbrötchen.

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2 Kommentare

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  • Ein selten schlechter Artikel.

    Putin ist kein verärgertes Kind, das wegen eines "Bratwurstfotos" abreist. Allerdings hat er wirklich besseres zu tun als sich von allen Seiten kritisieren und maßregeln zu lassen. Als Staatschef kann er sehr wohl einschätzen, wann Gespräche noch Sinn machen und wann nicht mehr. Jetzt kommt die TAZ daher, und stellt ihn als leicht zu beleidigend dar. Arroganz ist auch mit im Spiel, wenn Trump, Putin und Merkel auch nur im selben Satz genannt werden. Mit Diplomatie hat Frau Merkel nämlich nichts am Hut, und die restliche Bundesregierung auch nicht.

  • Merkwürdig, eine Szene, in der Putin nur durch geschickte Schnitttechnik allein war, zum Aufhänger eines Artikels zu machen. Aber sei's drum. Schlimmer ist, der mitschwingende Größenwahn.

     

    Die deutsche Kanzlerin als große Schwester, der beiden Männer, die Herren über das mit riesigem Abstand größte Zerstörungspotential auf dem Planeten sind? Wenn sie Glück hat, darf sie Tee servieren. Die verrückte Idee, dass M. die Führerin der "freien Welt" ist, treibt immer neue Blühten.

     

    Gut ist allerdings, dass sich in Hamburg die wirklich Mächtigen (nicht nur P & T) über den Weg laufen. Vielleicht entschärft das die Lage ein klein wenig.