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Gipfeltreffen gegen BewegungsfreiheitIn den Untergrund wegen G 20

Wegen der befürchten Staus beim Treffen der Staatschefs empfiehlt der Senat U- und S-Bahn. Buslinien werden aufgespalten.

Drunter, drüber oder nebendran: Der HVV empfiehlt, das G-20-Treffen per Bahn zu umfahren, wie hier an der Messe Foto: Christina Sabrowsky/dpa

Hamburg taz | Sich während des G-20-Gipfels in Hamburg zu bewegen, wird zu einer Herausforderung. Wegen des Treffens der Staats- und Regierungschefs ist an vielen Orten mit überraschenden Stopps zu rechnen. Der ADAC warnt vor einem „völligen Verkehrskollaps“; der Senat rechnet mit „erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen“ in der Innenstadt und rät, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, vor allem U- und S-Bahn.

„Neben den Straßensperren rund um das Messegelände und die Elbphilharmonie werden spontane Absperrungen den Verkehr in und rund um Hamburg zeitweise zum Erliegen bringen“, warnt der ADAC. Busse und Bahnen seien als Alternativen „nur bedingt geeignet“, zum einen wegen planmäßiger Einschränkungen, zum andern weil es durch Aktionen militanter G-20-Gegner zu Ausfällen kommen könne.

Die Probleme entstehen vor allem durch die Strecken, auf denen sich die Staatenlenker und ihre Delegationen bewegen. Um Anschläge zu erschweren, werden dafür jeweils drei Alternativrouten vorgehalten, von denen eine kurzfristig ausgewählt wird. Die meisten dürften in der Demonstrationsverbotszone zwischen dem Flughafen und dem Messegelände liegen.

Wie taz-Recherchen ergaben, dürften weitere Strecken aus dem Süderelberaum dazu kommen, denn US-Präsident Donald Trump soll auf der Airbus-Werkspiste in Finkenwerder landen. Per Auto müsste er entweder durch den Elbtunnel fahren oder quer durch den Süderelberaum und über die Elbbrücke. Der Alte Elbtunnel wird während der Gipfeltage gesperrt – aber nicht wegen Trump & Co.: Die Hafenbehörde HPA nutzt die Tage für Sanierungs- und Wartungsarbeiten.

„Es muss nicht jeder Hamburger leiden“

Behörden und Verkehrsunternehmen haben ein Konzept für einen möglichst reibungsarmen öffentlichen Nahverkehr ausgearbeitet. Ihr zentraler Tipp ist, das Auto stehen zu lassen und die Routen der Staatsgäste per U- und S-Bahn zu über- oder unterqueren. Auf der Strecke der S1 zum Flughafen werden nachts zusätzliche Züge verkehren. Auch die U-Bahn wird verstärkt.

Die Buslinien werden auf dem Weg zur Innenstadt zum Teil mehrfach unterbrochen. An diesen Punkten wenden die Busse und fahren wieder zurück. Die Fahrgäste können entweder auf die Schnellbahn umsteigen oder mit einem anderen Bus auf der Linie weiterfahren. In der Innenstadt setzt der HVV statt der regulären Busse Shuttles ein.

Das Versprechen

Ein besonderes Verkehrskonzept gilt zum G-20-Gifpfel vom 6. Juli, 12 Uhr, bis 8. Juli 20 Uhr im HVV. Dieser verspricht:

Jeder wird an sein Ziel kommen, wenn auch mal mit Verspätung.

Alle Buslinien fahren, allerdings mit Umsteigeunterbrechungen.

Nur acht Busaltestellen außerhalb der City werden nicht bedient.

Drei Bahnhofseingänge an der Messe werden geschlossen.

„Wenn es lokale Beeinträchtigungen gibt, wollen wir sie lokal begrenzen“, umreißt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum das Ziel des Verkehrskonzepts. „Es muss nicht jeder Hamburger leiden, bloß weil in der Innenstadt ein Stau entsteht.“

Aufgrund des Vorrangs der Flugzeuge der Staatsgäste werden auch Fluggäste unter dem Gipfel zu leiden haben. „Wer vom 6. bis 9. Juli über den Hamburg Airport reist, sollte etwas mehr Geduld mitbringen“, sagt Flughafen-Sprecherin Janet Niemeier. Der Ferienflieger Condor hat deshalb einige seiner Flüge gleich nach Hannover verlegt.

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9 Kommentare

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  • Also meiner Meinung nach hätte man durchaus andere Optionen in Betracht ziehen sollen. Denn mitten in einer Millionenstadt eine Veranstaltung abzuhalten die Gegendemonstranten anzieht, wie der Mond die Motten, ist einfach nur dämlich. Wäre nicht das ehemalige Expo-Gelände in Hannover irgendwie chramanter gewesen? Gut angebunden, gut erreichbar, gut zu schützen und das alles ohne 100.000en Anwohnern auf den Sack zu gehen.Aber evtl. gibts ja doch noch Hintergedanken die sich dem Außenstehenden nur schwer erschließen.

  • Warum?! Ganz ehrlich, ich verstehe es nicht. Warum muss der Gipfel unbedingt mitten in einer Großstadt stattfinden? Gibt es keine abgelegenen Orte mehr, die besser zu schützen wären und den Steuerzahler weniger kosten würden? Warum plant man ein solches Treffen, wenn es denn schon in Hamburg sein muss, nicht an einem Ort mit weniger Konfliktpotenzial? Ist das Dummheit, Arroganz oder Ignoranz? Je mehr ich über die Planungen zum G20 lesen, desto mehr gewinne ich den Eindruck, dass da irgendwo jemand mal eine Idee in den Raum geworfen hat, ohne eine Ahnung von den Konsequenzen zu haben und irgendwann konnte man nicht mehr zurück.

    Der gesamte Vorgang ist für mich ein Paradebeispiel und symptomatisch für die Politik in Deutschland: an den Bürgern vorbei, maßlos und ungeachtet der Folgen.

    Den nächsten G20 dann bitte in Berlin. Vielleicht gleich auf dem BER.

    • @Holzkopf:

      Warum sollte eine legale, zumindest nicht verbotene (und damit zunächst einmal auch legitime) Veranstaltung der Exekutive eigentlich nicht ungehindert stattfinden können?

       

      Um die Sache mal vom Kopf auf die Füße zu stellen: Traurig genug, dass die Gesellschaft von nicht sozialisierten Menschen durchsetzt ist, die es erfordern, die Exekutive abzuschotten. Das ist, wenn schon, der eigentliche "Skandal".

       

      Es gibt eine Menge "Veranstaltungen", die ich gerne verhindern würde. Kann ich - und zwar zu Recht - nicht. Was den viel bemühten Verweis auf das Ausweichen in die Pampa anlangt: kann man drüber reden, aber erst dann, wenn z.B. 50% aller Bundesligaspiele auch auf Flugzeugträgern stattfinden.

      • @Trango:

        Die Veranstaltung wird ja durchgesetzt, ich glaube daran zweifelt niemand auch nur annäheurngsweise. Die Frage ist vielmehr, welche Gründe die Politiker haben, die erwartbaren Probleme und Kosten, die mit der Ortswahl verbunden sind, als geringer als den Nutzen einzuschätzen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie dies nicht als Privatpersonen beschließen...

      • @Trango:

        Ich gebe Ihnen Recht, dass die Gewaltbereitschaft einiger Demonstrationsteilnehmer ein Problem ist und die Staatsgäste vor Übergriffen zu schützen hat. Meine Kritik zielt aber eher auf die Tatsache, dass, trotz der Erfahrung aus vergangenen Gipfeln, gerade dieser Veranstaltungsort gewählt wurde.

        Ihr Vergleich mit Bundesligaspielen ist, denke ich, nicht ganz zutreffend. Ich sehe einen großen Unterschied zwischen Menschen, die sich einfach nur prügeln wollen, und Menschen, denen das Recht auf Versammlung und freier Meinungsäußerung entzogen wird.

        Auch ist doch die Frage, was war denn zuerst? Ungerechte Politik oder gewaltbereite Demonstranten?

        • @Holzkopf:

          Die Einschätzung, welche Politik "ungerecht" ist, ist natürlich sehr subjektiv. Zu Gegenveranstaltungen ist auch überhaupt nichts zu sagen. Diese sind auch nicht Anlass der Maßnahmen, sondern die Parolen à la "G 20 angreifen", "Smash G 20" und andere spätpubertäre Phänomene.

           

          Vielleicht hat ja Hamburg noch Blockupy Frankfurt 2015 in Erinnerung...

          • @Trango:

            Wie gesagt, ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass Gewalt bei einer Demonstration nichts zu suchen hat und unterbunden gehört (was allerdings für beide Seiten gilt, sofern sie als Aktion und nicht als Reaktion erfolgt). Aber eben gerade weil man vergangene Gipfel als Beispiel hat, wundert mich die Wahl des "Austragungsortes".

            Mir wäre es auch lieber, man müsste nicht mit Gewalt rechnen, aber das, was sein sollte, und das, was Realität ist, sind zwei Paar Schuhe.

    • @Holzkopf:

      Verantwortlich ist Herr Olaf Scholz, der ja immer"gut regiert"

      • @Senza Parole:

        Das meine ich ja. Wie muss ich mir das vorstellen? Herr Scholz sagt, er will den Gipfel in Hamburg haben und hinterher macht man in Hamburg dicken Backen, als allen klar wird, was das bedeutet?! Da kann doch vorab niemand wirklich ernsthaft nachgedacht haben.