piwik no script img

Rekrutierung von JugendlichenBundeswehr wirbt effizienter

Die Bundeswehr spart bei der TV-Werbung, trifft weniger Schüler, ist aber online erfolgreich. Klar wird: Länder haben Einfluß auf die Präsenz an Schulen.

Deutschland dienen? Ob Jugendliche darauf Lust bekommen, haben auch die Bundesländer in der Hand Foto: dpa

Berlin taz | Die Bundeswehr hat 2016 erstmals etwas weniger Geld für Nachwuchswerbung ausgegeben als in den Vorjahren. Die Ausgaben sanken im Vergleich zu 2015 um eine Million Euro auf 34,1 Millionen Euro, wie aus einer Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die der taz vorliegt.

Hauptgrund für die Genügsamkeit war dem Verteidigungsministerium zufolge der Erfolg der Webserie „Die Rekruten“, die TV-Werbung einsparte. In dieser seit November im Internet verfügbaren Serie kann man die Grundausbildung frischer SoldatInnen verfolgen: vom Weckruf um 5 Uhr morgens, über Versuche, sich als Farn im Wald zu tarnen, bis zu einer Art Wasserballett, auch Überlebenstraining genannt.

Jugendoffiziere, die politische Bildung anbieten, und Karriereberater, die die Bundeswehr aus der Arbeitgeberperspektive vorstellen, haben im vergangenen Jahr weniger SchülerInnen erreicht als 2015, wie die Antwort des Ministeriums auf eine weitere Anfrage der Linkspartei zeigt. Die Zahl der SchülerInnen, die im Rahmen des Unterrichts an Vorträgen, Ausstellungen, Truppenbesuchen oder Seminaren teilnahmen, sank 2016 von 475.000 auf 369.000.

Signifikante Veränderungen ergaben sich vor allem in Bundesländern, in denen die Regierung gezielt Einfluss auf die Bundeswehrbesuche genommen hatte. So hatte etwa das Kultusministerium Sachsen-Anhalt im Jahr 2014 eine Handreichung verteilt, wonach bei Einladung von VertreterInnen der Bundeswehr darauf zu achten sei, „parallel oder zeitnah auch Vertreterinnen oder Vertretern friedenspolitischer Organisationen die Gelegenheit zur Darstellung entgegenstehender Positionen … zu gewähren“. Das resultierte, wie das Verteidigungsministerium feststellt, „in einer deutlich verminderten Nachfrage nach dem Angebot der Jugendoffiziere“.

An Schulen bitte Frieden?

Dagegen sei in Baden-Württemberg ein positiver Einfluss der Politik auf die Arbeit der Jugendoffiziere zu beobachten, so das Ministerium. Die nach der Landtagswahl neu eingesetzte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte das zuvor gestrichene Thema „Sicherheitspolitik“ wieder als Abiturthema in das Curriculum der sozialkundlichen Fächer eingeführt, „was zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Vorträgen von Jugendoffizieren in der gymnasialen Oberstufe führte“.

Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, kritisiert den Einsatz der Bundeswehr an Schulen: „Natürlich sollen Schülerinnen und Schüler auch über Sicherheitspolitik etwas lernen – aber ausgerechnet die Bundeswehr damit zu beauftragen heißt, den Bock zum Gärtner zu machen.“ Die Bundeswehr habe genügend Mittel für ihre Reklame. „Da soll sie doch wenigstens die Schulen in Frieden lassen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • „Die Bundeswehr habe genügend Mittel für ihre Reklame. „Da soll sie doch wenigstens die Schulen in Frieden lassen.“ (Ulla Jelpke)

     

    „Bravo!“ möchte ich rufen, denn auch ich habe Bauchgrimmen beim Gedanken von Militärs in der Schule. Ich habe als Schüler in der DDR den Wehrkundeunterricht selbst erlebt, gedacht zur Verherrlichung der „Soldaten auf Friedenswacht“ und offizieller Bestandteil der Schulausbildung. Offiziere der DDR-Armee (NVA) waren sehr häufig in Klassenzimmern zu Gast, um den Schülern den Militärdienst schmackhaft zu machen. Auf die Lehrer allein hat man sich da nicht verlassen!

     

    Ganz zu schweigen von der paramilitärischen „Gesellschaft für Sport und Technik“ (GST), die ausdrücklich zur Werbung von Offiziersnachwuchs diente und deren Mitglied (mehr oder weniger freiwillig) die Jugendlichen werden konnten.

     

    Doch wenn ausgerechnet die Linkspartei jetzt vollmundig obengenannte Forderung stellt, hat das ein „Geschmäckle“. Denn verantwortlich für die als „Friedensdienst“ hingestellte Militarisierung aller Lebensbereiche in der DDR war die Staatspartei SED, aus der nach 1989 und mehreren Häutungen die „Linke“ hervorgegangen ist.

     

    Leider verblasst die Erinnerung allmählich, deshalb diese Anmerkung!