: „DAS MISTSTÜCK, DAS WIR BRAUCHEN“
VON FRAUKE BÖGER, ENRICO iPPOLITO, JASMIN KALARICKAL UND PAUL WRUSCH Es ist schon Tradition geworden: Die taz wird gekapert. Diesmal von den Damen von ProQuote. Und wir? Haben getickert
Quotillas, Quotillos und tazlerInnen: Frauke Böger, Silke Burmester, Annette Bruhns, Leo Busch, Jan Feddersen, Nadine Fischer, Erik Irmer, Nora Jakob, Julia Karnick, Jörg Kohn, Ruth Kühn, Nicola Kuhrt, Jens Kuppi, Christiane Pieper, Janine Sack, Annabelle Seubert, Birte Siedenburg, Emilia Smechowski, Frances Uckermann, Anne Volk, Christiane Voß, Bettina Wündrich, Deniz Yücel, Clara Zink und viele mehr.
9.40 Uhr:
Die Fernsehteams von ZDF aspekte, ZDF frontal 21, NDR sind schon da. Selbst die TV-Sender haben bis auf wenige Ausnahmen (KameraMÄNNER) nur Frauen geschickt.
9.45 Uhr:
Doris Schröder-Köpf, Krista Sager von den Grünen, Dunja Hayali, Monika Grütters, CDU-Kulturpolitikerin in Berlin, Anne Will, und natürlich unsere Kriegsreporterin Silke Burmester sind da.
10.06 Uhr:
Ines Pohl übergibt an Annette Bruhns, Vorsitzende von ProQuote. Bruhns begrüßt alle. Es wird gesiezt. Fühlt sich komisch an, hier in der taz.
10.17 Uhr
Frage der Moderatorin: Was soll die Quote eigentlich bringen? Monika Grütters meint: „Gemischte Teams sind effizienter.“ Und sind Frauen bessere Journalisten? Da kommt gleich Widerspruch: „Das ist die falsche Frage, es ist unser Grundrecht, vertreten zu sein.“ Anne Will: „Warum bleiben manche Frauen stecken, obwohl sie riesige Lust haben, etwas zu machen? Ich bin immer gefördert worden. Habe mich dann auch entschieden, keine Kinder zu bekommen und habe dann wahrscheinlich freie Fahrt bekommen.“ (Mal am Rande: Wir sind alle verliebt in Anne Will.)
10.24 Uhr
Witz im Konferenzraum: „Wenn der Boxengeruch in einem Stall zu stark wird, werden nur noch die Böcke selektiert.“ Alle lachen. Warum schweigt eigentlich Dunja Hayali? Noch müde?
10.30 Uhr
Dunja Hayali ist endlich wach. „Die Quote ist eigentlich ein Armutszeugnis für Deutschland. Ich habe lange überlegt, ob ich hier mitmache bei ProQuote. Meine Eltern haben mir immer gesagt: Bildung, Bildung, Bildung – dann kannst du alles schaffen, aber die Realität sieht ganz anders aus. Die Quote als Brücke zur Normalität. Das ist das Miststück, das wir brauchen“, sagt sie.
10.34 Uhr:
„Es ist nicht mehr zeitgemäß, nur auf die Frauenquote zu setzen“, meint Ines Pohl, heute nicht Chefredakteurin der taz. Lisa Ortgies erwidert: „Frauen ziehen Frauen nach. So einfach ist das.“ Doris Schröder-Köpf: „Wir können nicht alle Probleme auf einmal lösen. Zuerst brauchen wir mehr Frauen, dann steht die Vielfalt auf dem Programm.“
10.45 Uhr:
Ein taz-Redakteur bringt Dunja Hayali einen Kaffee.
10.47 Uhr:
Ein Vorschlag kommt ganz gut an: Hosen runter von den Chefsesseln, Röcke hoch! Das mit den Röcken finden die meisten dann aber doch doof. Annette Bruhns: „Darf ich auch mal was sagen?“ Sie will die Vagina auf der Seite 1.
11.05 Uhr:
„Gute Kompromisse machen keine gute Titelseite“, wirft Dagmar Engel ein. Anne Will macht darauf aufmerksam, dass die taz vor allem für ihre Seite 1 geschätzt wird. Sie plädiert für die Hosen-runter-Röcke-hoch-Variante.
11.17 Uhr:
Doris Schröder-Köpf ist effizient: „Wir müssen abstimmen.“ Sieben sind für die Röcke auf der Titelseite, acht sind dagegen. Hayali: „Ach, das ist doch humorlos!“ Love auch für sie und den Kommentar. Ein Mann mit Baby kommt in den Konferenzraum. Progressiv sind wir hier. Anne Will ist Zahlenfetischistin – sie will die Zahl von 30 Prozent auf der Seite 1. Das ist die Forderung von ProQuote, 30 Prozent Chefredakteurinnen.
11.22 Uhr:
Anne Will sagt zu Ines Pohl: „Jetzt kannst du den Wein bringen.“
11.50 Uhr:
Alle sind in die Produktion abgetaucht, kurz wird es nochmal laut, weil nicht alle da sind, wo sie sein sollen, aber jetzt scheint die Arbeit zu laufen.
Frauen geht es nur ums Aussehen? Klar. Deshalb ist diese Quotentaz ein echtes Kunstwerk, vollbracht von den besten Illustratorinnen, Grafikerinnen und Comiczeichnerinnen des Landes. Sie alle beuteten sich aus für uns, die gute Sache und unser gemeinsames Ziel.
Eva Hillreiner: Unsinniges und Absurdes kombiniert die Illustratorin zu spielerischen, sinnstiftenden Fantasiewelten. Sie studierte Mode- und Kommunikationsgrafik an der Deutschen Meisterschule in München und lebt in Schweden. Seit 2008 arbeitet sie als Freie. „Voran, voran! Ich feure alle Damen an!“
Romy Blümel: Klarer Bezug zum Text ist ihr bei ihren Illustrationen sehr wichtig. An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg studierte sie Illustration. Seit 2008 arbeitet sie frei in Berlin. „Klar unterstütze ich ProQuote. Mich hat schon immer geärgert, dass Hochschulen überwiegend talentierte Künstlerinnen ausspucken, aber Männer den Kunstmarkt dominieren.“
Marie Bauer: Aufgewachsen in Berlin, Studium an der Bauhaus-Uni Weimar, Jobs als Grafikdesignerin in Hamburg, Den Haag, London. Seit 2009 freiberuflich. Frauen dominieren im Designstudium, in den Büros ist ihr Anteil in den oberen Etagen gering. „Ich freue mich, die Quotentaz mit meiner Grafik unterstützen zu können. Denn für Gleichberechtigung in der Medien- und Agenturlandschaft muss noch einiges getan werden.“
Katia Fouquet: Die international gefragte Illustratorin zeichnet bevorzugt starke Frauen. Leser von z. B. New York Times, Zeit und Le Monde diplomatique kennen ihre Zeichnungen. Sie arbeitet freiberuflich und lebt mit Familie in Berlin. 2013 erscheint ihre Graphic Novel.
12.20 Uhr:
Eine Insiderin plaudert: „Es wird zu viel geschrien. Aber dafür gibt es ganz viel Sekt und man darf rauchen.“ Das muss in den vergangenen Tagen gewesen sein, jetzt gerade raucht niemand, niemand reicht uns Sekt und es ist leise.
13 Uhr:
Die Seite-Eins-Schlagzeile steht fest.
14.33 Uhr:
Die Illustration für die Seite Eins ist fast fertig, es muss noch ein bisschen Volumen ins Haar.
15.23 Uhr:
„Die Vulva wandert nach innen!“ schallt es durch den Produktionsraum. Der Entwurf für die Seite Eins geht also nicht verloren, sondern findet seinen Platz in der Quoten-taz. Schön!
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