Spionageliste der Türkei: De Maizière vermutet „Provokation“
Die Bundesregierung ist verärgert und die CDU fordert die Ausweisung türkischer Spitzel. Die Bundesanwaltschaft ermittel wegen der Liste.
Er glaube nicht, dass die Liste „naiv“ übergeben worden sei, sagte der Innenminister am Donnerstag im ZDF. Womöglich sei das geschehen, um „die türkischen Beziehungen mit uns zu belasten, uns in irgendeiner Weise zu provozieren“, sagte de Maizière. Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu sprach von einer „Provokation“. Die türkische Regierung betreibe „permanent Grenzüberschreitungen“.
Nach Angaben deutscher Behörden hat der türkische Geheimdienst MIT Informationen über rund 300 Menschen und Einrichtungen in Deutschland gesammelt, die er mit der sogenannten Gülen-Bewegung in Verbindung bringt. Sie wird von Ankara für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht. Am Rande der Sicherheitskonferenz in München im Februar überreichte der MIT eine Liste mit Hunderten Namen, Adressen, Telefonnummern und teilweise Fotos an BND-Chef Bruno Kahl. De Maizière bedauerte, dass der Vorgang durch Medienberichte publik gemacht wurde.
Wegen der Liste ermittelt inzwischen die Bundesanwaltschaft. Die Bundesregierung betont, man werde das nicht hinnehmen. „Spionage ist strafbar, unser Recht gilt auch für den türkischen Geheimdienst“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der Bild-Zeitung.
Aus der Union werden indes Forderungen nach einer Ausweisung türkischer Spitzel laut. „Lassen sich die Agenten ausfindig machen, muss ihnen der Prozess gemacht werden“, sagte der CDU-Geheimdienstexperte Patrick Sensburg dem Handelsblatt. „Sollten die Personen Diplomatenpässe haben, muss man ihnen die Akkreditierung entziehen und sie ausweisen.“ Das Vorgehen des türkischen Geheimdienstes sei „illegal“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen