Christian Rath über die Abschiebung gefährlicher Islamisten: Die Justiz im Amri-Schock
Nein, die deutschen Innenminister sind keine Versager und auch keine Weicheier. Sie haben zu Recht das 2004 geschaffene Instrument der „Abschiebungsanordnung“ bisher so gut wie nie genutzt. Denn es war nicht damit zu rechnen, dass die Rechtsprechung die Hürden für die Annahme einer „terroristischen Gefahr“ so niedrig definieren wird, wie es nun das Bundesverwaltungsgericht getan hat.
Ein so genannter Gefährder kann sein Aufenthaltsrecht künftig schon verlieren, ohne dass er mit der Vorbereitung eines Terrorakts überhaupt begonnen hat, er muss nicht einmal einen konkreten Plan dafür haben. Es genügt eine islamistische Gesinnung plus eine vage Gewaltbereitschaft.
Man kann durchaus nachvollziehen, dass die Leipziger Richter nach dem Berliner Anschlag die Hürden nun so niedrig ansetzen. Schließlich lag gegen den Attentäter Anis Amri vorher auch nicht mehr vor. Ein Jahr früher aber hätten die Richter wohl anders geurteilt.
Die nun festgelegten niedrigen Hürden für eine Antiterror-Abschiebung sind auch nicht grundsätzlich falsch. Denn der letzte Schritt zur Mordbereitschaft kommt bei Islamisten oft unglaublich schnell. Doch was bei relativ frisch eingereisten Ausländern wie Anis Amri vertretbar ist, sieht anders aus, wenn es Menschen trifft, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind. Hier wirkt eine Abschiebung ungleich härter, deshalb müssen die Hürden auch deutlich höher definiert werden.
Im konkreten Fall ist bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. An diesem Punkt sollte Karlsruhe die Bestimmungen für eine solche Abstimmung korrigieren. Übrigens hätte man im Fall Amri eine Antiterror-Abschiebungsanordnung gar nicht gebraucht. Als (zu Recht) abgelehnter Asylbewerber war er bereits Monate vor seinen Morden ausreisepflichtig. Hätte NRW ihn in Abschiebehaft genommen, wäre der Anschlag von Berlin nicht passiert.
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