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Eingeschränkter Schutz für SyrerInnenGericht stärkt umstrittene Bamf-Praxis

Anders als noch vor zwei Jahren bekommen SyrerInnen meist nur noch subsidiären Schutz. Ein Gericht hat eine Klage dagegen nun zurückgewiesen.

Enttäuscht: der klagende Syrer (l.) und ein Dolmetscher (r.) nach dem Urteil in Münster Foto: dpa

Münster afp | Im Rechtsstreit über den Status syrischer Flüchtlinge hat mit dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster ein weiteres Obergericht die Praxis des Flüchtlingsbundesamts (Bamf) bestätigt, Syrern nur eingeschränkten Schutz zuzubilligen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der syrische Staat zurückkehrende Asylbewerber allein wegen deren Aufenthalts in Deutschland oder illegalen Verlassens ihres Heimatlands als Gegner verfolge, befand das OVG am Dienstag. (Az. 14 A 2316/16.A)

Im vorliegenden Fall ging es um einen 48-jährigen syrischen Familienvater, der im September 2015 aus der seinerzeit belagerten syrischen Stadt Aleppo über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland geflohen war und hier Asyl beantragt hatte. Das Bamf erkannte dem Syrer lediglich den sogenannten subsidiären Schutzstatus zu.

Dieser schützt zwar vor Abschiebung, Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz dürfen ihre Familien aber erst nach geraumer Zeit nachholen. Die entsprechende Entscheidungspraxis des Bundesamts geht auf das Asylpaket II zurück.

Der Syrer klagte gegen die Bamf-Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht Münster, das ihm daraufhin den vollen Schutzstatus als Flüchtling zuerkannte. Dieses Urteil änderte das OVG nun ab: Es gebe keine Erkenntnisse, dass zurückkehrende syrische Asylbewerber wegen ihres Asylantrags und Aufenthalts in Deutschland sowie eventuell wegen illegalen Verlassens Syriens vom syrischen Staat als politische Gegner angesehen und verfolgt würden.

Dies sei auch angesichts von Millionen syrischer Flüchtlinge und der mehreren hunderttausend syrischen Asylbewerber in Europa auszuschließen, urteilte der OVG-Senat. „Es hieße, dem syrischen Regime ohne greifbaren Anhalt Realitätsblindheit zu unterstellen, wenn angenommen werde, es könne nicht erkennen, dass die Masse der Flüchtlinge vor dem Bürgerkrieg fliehe“, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts.

Die Revision gegen ihr Urteil ließen die Münsteraner Richter nicht zu. Dagegen kann der klagende Syrer Beschwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden müsste.

In den vergangenen Monaten hatten bereits weitere Oberverwaltungsgerichte die aktuelle Entscheidungspraxis des Bamf bestätigt, darunter das OVG Schleswig im vergangenen November. Das Bundesamt hatte im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 90.000 Syrern nur den eingeschränkten Schutz zuerkannt. In über 30.000 Fällen klagten die Betroffenen dagegen.

Die in erster Instanz zuständigen Verwaltungsgerichte urteilten in den Streitfällen bislang unterschiedlich. Das Bundesverfassungsgericht forderte inzwischen eine grundsätzliche Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht ein.

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2 Kommentare

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  • Das Grundproblem ist, dass Merkel das Asylrecht komplett ausgehebelt hat mit ihrer 2015er Entscheidung. Asyl ist immer ein Individualrecht. Der subsidäre Schutz hingegen gilt für Kriegsflüchtlinge. Und beides ist kien Niederlassungsrecht.

    Wenn sich die Umstände im Herkunftsland ändern, müssen Flüchtlinge wieder das Asylland verlassen.

    Wenn das nicht konsequent durchgesetzt wird, endet das letztendlich in kompletter Abschottung wegen Überlastung der einheimischen Bevölkerung.

  • Ein sinnvolles und der Faktenlage entsprechendes Urteil.