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Lankwitzer Dilemma

Unterkunft III Für ein neues Heim sollen Parkbäume gefällt werden. Eine Initiative ist für Flüchtlinge, will aber den Park erhalten

Die Bürgerinitiative „Park Haus Leonore“ sagt ja zu Flüchtlingen – aber nicht, wenn dafür Bäume eines Parks abgeholzt werden müssen. Sie wehrt sich gegen Pläne der Senatsverwaltung, auf dem Gelände des Vivantes-Pflegeheims „Haus Leonore“ in Lankwitz eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Denn der Senat will eine Modulare Unterkunft (MUF) für 480 Flüchtlinge in einem Park errichten, der vor mehr als hundert Jahren von dem Nervenarzt James Fraenkel angelegt wurde.

Ein Park, mit dem Vivantes das Pflegeheim bewirbt: Das „Haus Leonore“ liege „inmitten eines weitläufigen Parks“, steht auf der Homepage des Pflegedienstleisters. Nun sollen etwa 110 Bäume gefällt werden, um Platz für die Flüchtlingsunterkunft zu schaffen. Um dies zu verhindern, hat die Bürgerinitiative einen offenen Brief an Noch-Bausenator Andreas Geisel (SPD) geschrieben und eine Onlinepetition gestartet, die am Sonntag knapp 650 Unterstützer unterschrieben hatten.

„Mit der Ansiedlung der Flüchtlinge rennt man bei uns offene Türen ein“, schickt Holger Holzschuher von der Initiative voraus. „Aber ich habe keinerlei Verständnis, wie man auch nur daran denken kann, diesen alten Baumbestand zu fällen für eine Bebauung, für die man Alternativen finden würde.“

Senat: „Dringend nötig“

Geisels Verwaltung sieht das anders: „Die Leonorenstraße ist der einzige MUF-Standort in einer bürgerlichen Gegend eines westlichen Bezirks“, sagt Sprecher Martin Pallgen. Die Baumaßnahme dort sei dringend notwendig, weil von den etwa 37.000 Flüchtlingen in Berlin noch etwa 21.000 in Notunterkünften untergebracht seien.

Holzschuher kennt dieses Argument: „Der Bezirk hat andere Grundstücke in Steglitz-Zehlendorf abgeblockt, sodass sich der Senat auf die Leonorenstraße kapriziert hat, weil sie als einzige übrig geblieben ist.“ Die Bürgerinitiative schlägt vor, die Unterkunft einige hundert Meter entfernt zu errichten – auf einem Teil des Vivantes-Grundstücks, auf dem sich mehrere leer stehende Gebäude befinden. „Entweder man baut die bestehenden, verfallenden Gebäude um, oder man reißt sie ab und baut neue Gebäude für Flüchtlinge“, sagt Holzschuher. Sprecher ­Pallgen entgegnet: „Der Abriss von vorhandenen Altbauten und eine andere Positionierung der MUF auf dem Grundstück wurde geprüft, aber verworfen.“

„Ruinen“ werden gebraucht

Auch Vivantes könne auf die vermeintlichen Ruinen nicht verzichten, erklärt deren Sprecherin Astrid Steuber. „In den dortigen Gebäuden befindet sich relevante Infrastruktur wie eine Trafostation und ein Notstromaggregat.“ Anders als diese sei der Park nicht betriebsnotwendig. Vivantes wolle solche Grundstücke verkaufen, um mit dem Erlös dringend notwendige Investitionen wie die Sanierung des Klinikums Neukölln teilweise zu finanzieren.

220 Bäume und die Spazierwege für das benachbarte Seniorenheim sollen der Senatsverwaltung zufolge bei den Bauarbeiten erhalten bleiben. „Die Heimbewohner werden den Garten für ihre Spaziergänge weiter benutzen können“, so Steuber. „Insofern geht die Unruhe nur von den Anwohnern aus.“

Damit liegt sie nicht ganz richtig. Die ehemalige Vorsitzende des Heimbeirats im „Haus Leonore“ etwa erklärt: „Die Bewohner des Heims finden es furchtbar und sind traurig, dass die Bäume abgeholzt werden. Wenn die Bäume weg sind, bleibt ihnen nur noch ein kleiner Teil des Parks“, sagt Hannelore Kühn-Kleeberg.

Holger Holzschuher und seine Bürgerinitiative wollen aber nicht aufgeben: „Der Park muss erhalten bleiben. Wir versuchen jetzt, unser Anliegen ins Abgeordnetenhaus zu tragen“, sagt er. Elisabeth Kimmerle

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