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Kommentar Donald Trump und SyrienDie heilige Dreifaltigkeit

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Seit Trump und Putin sich annähern, ist ein Bündnis der beiden mit Assad wahrscheinlich. Das Land wird aufgeteilt, doch die Bevölkerung leidet.

Eine Kirche am Rand von Damaskus. Der Glaube wird hier leider wenig helfen Foto: dpa

D ie neue Großoffensive russischer und syrischer Luft-, Boden- sowie erstmals auch Seestreitkräfte gegen Oppositionsmilizen und mit dem Al-Qaida-Terrornetzwerk verbundene Kämpfer in Aleppo, Idlib und Homs begann am Dienstag. Und das nur wenige Stunden nach einem Telefonat, in dem Russlands Präsident Wladimir Putin und sein designierter US-Amtskollege Donald Trump nach Angaben des Kreml ihre künftige „Kooperation im Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ besprachen. Syriens Präsident Baschar al-Assad bot sich Trump inzwischen bereits als „natürlicher Verbündeter“ an, „wenn Trump die Terroristen bekämpft“.

Diesem Trio scheinbar entschlossener Kämpfer gegen den Terrorismus dürfte sich schon bald der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan rhetorisch anschließen. Wahrscheinlich ist, dass die von Putin und Assad befehligten Militärs mit stillschweigender Billigung auch der Obama-Administration schon in den zwei Monaten bis zu Trumps Amtsantritt das gesamte westliche Drittel Syriens von Aleppo im Norden bis Darra im Süden unter ihre Kontrolle bringen und sämtliche dort noch präsenten „feindlichen Kräfte“ vernichten oder vertreiben – inklusive der bislang von Washington als „legitim“ unterstützten Oppositionsmilizen.

Die absehbar erheblichen Opfer unter der Zivilbevölkerung werden dann von allen Beteiligten in Kauf genommen als der Preis für ein „realpolitisches“ Szenario: die Dreiteilung Syriens in das von Damaskus und Moskau kontrollierte westliche Drittel, ein kurdisches Autonomiegebiet an der Nordostgrenze zur Türkei sowie die derzeit vom „Islamischen Staat“ (IS) kontrollierten rund 50 Prozent des syrischen Territoriums.

Selbst wenn sich der IS damit begnügen würde und selbst wenn Erdoğan seinen Krieg gegen die Kurden beenden würde: Mit einer Friedenlösung für die SyrerInnen hat dieses „realpolitische“ Szenario nichts zu tun.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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7 Kommentare

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  • Ein autonomes Kurdistan wäre durchaus ein Fortschritt.

  • Vorschläge für eine bessere Lösung?

    Wie wäre es mit nochmal 6 Jahre "nach einer politischen Lösung" suchen?

     

    Nicht falsch verstehen - ich finde es nicht toll, dass Assad und Putin jetzt in Syrien für Grabesruhe sorgen.

    Selber nichts und wirklich rein garnichts auf die Kette bekommen aber den Anderen erzählen was sie alles falsch machen.

  • Erst mal wäre es positiv für die Menschen wenn die USA und Russland ihren geopolitsch motivierten Stellvertreterkrieg in Syrien einstellen würden.

     

    Eventuell wäre es bei einer Einigung der USA mit Russland auch einfacher mittelfristig das Problem Assad zu entsorgen da Russland dann nicht mehr auf ihn als Garant seines Mittelmeerstützpunktes angewiesen wäre.

  • Die Bevölkerung leidet jetzt doch auch und das seit Jahren schon. Es ist doch völlig utopisch das der bisherige Prozess ohne Änderung der Politik besser wird.

     

    Alle Bomben Isis, Assad und Russland dabei hauptsächlich auf alle die sich Assad widersetzen und die Bevölkerung steht unter der Fuchtel von regionalen Rebellenmilizen.

     

    Keiner kann gegen Russland einen Krieg wollen oder gewinnen. Ein Stellvertreterkrieg in Syrien zwischen Russland und den USA wird bestenfalls viel Geld kosten und nur regional Menschenleben kosten (regional = ganz Syrien in dem Fall).

  • " Mit einer Friedenlösung für die SyrerInnen hat dieses „realpolitische“ Szenario nichts zu tun."

     

    Jedenfalls mehr, als wenn die "westliche-Werte-Kämpfer" ihre Chaos-Träume a la Libyen und Afghanistan verwirklichen würden.

  • Herrn Zumach scheint auch entgangen zu sein, daß Obama Mitte letzter Woche die Bekämpfung von al-Nusra in den Provinzen Idlib und Aleppo angeordnet hat.

  • "...die Dreiteilung Syriens in das von Damaskus und Moskau kontrollierte westliche Drittel, ein kurdisches Autonomiegebiet an der Nordostgrenze zur Türkei sowie die derzeit vom „Islamischen Staat“ (IS) kontrollierten rund 50 Prozent des syrischen Territoriums."

     

    Eine etwas unrealistische Annahme. Erdogan wird auf Dauer kein autonomes Kurdengebiet dulden und Assad hat keinen Grund, dem IS ein Stück Syrien zu überlassen. Mal abgesehen davon, dass das Zweckbündnis Putin - Trump nur durch die Vernichtung des IS legitimiert wäre.