Koalitionsverhandlungen in Berlin: Rot-Rot-Grün lässt die Mäuse springen
SPD, Linke und Grüne haben sich auf haushaltspolitische Leitlinien geeinigt. Allein 2018 werden zwei Milliarden investiert.
Die Nacht der langen Messer wird wohl ausbleiben. Zwar hatte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) immer wieder betont, dass der finanzielle Spielraum für Rot-Rot-Grün in den kommenden fünf Jahren begrenzt sei. Er liegt, je nach Sicht der Parteien, zwischen 500 und 700 Millionen Euro.
Weil die Projekte, auf die sich die Facharbeitsgruppen bei den Koalitionsverhandlungen verständigt haben, aber 2,5 Milliarden Euro kosten würden, müssten die Haushälter am Ende viele gute Ideen wieder streichen, so die Befürchtung. Nun aber zeichnet sich ab, dass große Investitionsvorhaben gesondert, also am Haushalt vorbei, finanziert werden sollen.
Am Montag und Dienstag treffen SPD, Linke und Grüne, um die letzten Streitpunkte aus dem Weg zu räumen. Dabei wird auch über Projekte entschieden, die unter Finanzierungsvorbehalt stehen.
Am Mittwoch tagt die Schlussrunde. Themen sind die Zuschnitte der Ressorts sowie die Besetzung der Senatorenposten.
„Die Finanzierung erfolgt nicht nur über den Kernhaushalt, sondern auch über Landesbeteiligungen und alternative Finanzierungsmöglichkeiten“, sagte der SPD-Finanzexperte Torsten Schneider am Freitag. Er versprach, dass Rot-Rot-Grün allein im Jahr 2018 zwei Milliarden Euro investieren wolle. Das betreffe die Sanierung und den Neubau von Schulen, aber auch andere Infrastrukturprojekte. Dafür würden eigene Gesellschaften gegründet, die dann Kredite aufnehmen dürfen. Das Wort Schattenhaushalt vermieden die Koalitionäre geflissentlich.
Der Linken-Haushaltspolitiker Steffen Zillich betonte, dass Rot-Rot-Grün auf so genannte Public-Privat-Partnerships verzichten werde. „Wir wollen nicht, dass sich Finanzinvestoren eine goldene Nase verdienen.“ Auch wolle man nicht Risiken in die Zukunft verlegen. „Die Verpflichtungen, die wir eingehen, müssen absolut kalkulierbar sein“, so Zillich.
Man stelle sich den Herausforderungen „in den Grenzen des rechtlich Möglichen“. Damit sprach Zillich die Schuldenbremse an, die den Ländern ab 2020 neue Schulden untersagt. Aber diese Bremse gilt nur für den Kernhaushalt, der derzeit bei 26 Milliarden jährlich liegt.
„Wir sind uns einig, den Investitionen den Vorrang vor der Schuldentilgung zu geben“, sagte auch die Vertreterin der Grünen, Ramona Pop. Damit würden künftige Generationen nicht belastet. Vorteil dieser Finanzierungen sei, Investitionen vorziehen zu können. Allerdings hält Rot-Rot-Grün daran fest, jährlich 80 Millionen Euro an Schulden zurückzuzahlen. Das entspricht auch der Vereinbarung mit der Bundesregierung über den Stabilitätspakt.
Die Koalitionäre hatten am Donnerstag über „haushaltspolitische Leitlinien“ beraten. Welche Projekte im einzelnen im Koalitionsvertrag auftauchen, müsse die große Runde am Montag und Dienstag bei der finalen „Priorisierung“ entscheiden, sagte Pop.
Bereits beschlossen ist allerdings die Erhöhung der Zweitwohnsteuer. „Damit verbinden wir die Hoffnung, dass sich viele für den Hauptwohnsitz in Berlin entscheiden“, so Linken-Politiker Zillich. Das gebe dann mehr Geld vom Bund im Rahmen des Finanzausgleichs. Ob zusätzlich dazu auch noch die Grundsteuer und die Grunderwerbssteuer erhöht werden, ist noch umstritten. Grundsätzlich aber stimme die Chemie zwischen den zukünftigen Partnern, sagte Schneider. „Mit den Haushaltsberatungen hat Rot-Rot-Grün den ersten Stresstest bestanden.“ |
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