Kommentar Nein zu Ceta: Der letzte wallonische Widerstand
Alle ergeben sich. Nur noch die Wallonen trotzen wie Asterix und Obelix dem europäischen Imperium. Das verdient Respekt – auch wenn es nervt.
E in bisschen ist es wie bei Asterix und Obelix: Ganz Europa hat sich ergeben. Nur eine kleine, unbeugsame Region leistet noch Widerstand gegen das Handelsabkommen Ceta. Trotzig wie einst die Gallier widersetzen sich die Wallonen dem europäischen Imperium.
Doch statt Beifall bekommt der wallonische Regierungschef Paul Magnette Hohn, Spott und massiven Druck. Ein radikaler Sozialist habe die EU in „Geiselhaft“ genommen und müsse nun schnellstmöglich auf Kurs gebracht werden, heißt es in Brüssel.
Was für ein Unsinn. Erstens ist Magnette kein Radikaler, sondern ein pragmatischer Politikprofessor, mit dem sich reden lässt. Zweitens besteht kein Grund zur Eile. Sieben Jahre wird schon verhandelt, auf ein paar Tage kommt es nun auch nicht mehr an.
Wenn der EU-Kanada-Gipfel am Donnerstag platzt, dann geht die Welt nicht unter. Wie oft hat Deutschland in der Eurokrise schon Krisengipfel platzen lassen? Wie lange wurde Griechenland hingehalten – bis zum Beinahe-Crash der Eurozone? Wenn große Länder die kleinen zappeln lassen, finden das alle in Ordnung. Doch wehe, es ist einmal umgekehrt: Dann ist von Erpressung die Rede. Dabei war es doch auch bei Ceta zuerst Deutschland, das mehr Zeit forderte und die Regeln änderte.
Es war Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der aus einem reinen EU-Handelspakt ein „gemischtes Abkommen“ gemacht hat – und so den Weg zur Beteiligung nationaler und regionaler Parlamente ebnete. Das war gut so, es war ein Gebot der Demokratie.
Aber genau deshalb sollte man nun auch die Wallonen respektieren. Selbst wenn sie nerven: Hinter ihnen stehen Millionen engagierter BürgerInnen, die Ceta, TTIP und den neoliberalen Kurs der EU mit Unbehagen sehen. Sinnvoll wäre auch, endlich die „einfachen“ Abgeordneten im Europaparlament mitreden zu lassen. Sie haben nämlich ähnliche Sorgen wie Asterix und Obelix. Und sie haben das EU-Mandat, das den Wallonen fehlt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich