Vor dem Lollapalooza-Festival in Berlin: Genervte Anwohner dürfen ins Hotel
Viele Anwohner des Treptower Parks blicken mit Sorge auf das Lollapalooza-Festival. Sie fühlen sich übergangen, zeigt eine Bürgerversammlung.
Völlig fassungslos sei sie, beschwert sich eine Mitstreiterin der Bürgerinitiative Treptower Park an diesem Donnerstagabend. „Bei uns laufen die Telefone heiß“, spricht sie in das Mikrofon im BVV-Saal des Rathauses Treptow. Und: „Die Anwohner sind verärgert.“
Zum zweiten Mal hat der Bezirksstadtrat für Umwelt, Rainer Hölmer (SPD), zur Bürgerversammlung eingeladen. Es geht um das Musikfestival Lollapalooza, das kommendes Wochenende im Treptower Park stattfinden wird. Zwei Tage lang werden hier auf vier Bühnen 45 international bekannte Bands wie Radiohead spielen, mehr als 100.000 Besucher sollen kommen.
Das ärgert viele Anwohner, mehr als 100 sind zu der Versammlung gekommen. Sie befürchten Lärm und die Zerstörung des Parks. „Zurzeit steht kein anderer Veranstaltungsort zur Verfügung“, erklärt Hölmer. Es folgt lautstarker Protest im Saal. „Das stimmt nicht“, ruft jemand.
2015 fand das Festival auf dem Tempelhofer Feld statt. Doch da dort nun Flüchtlinge untergebracht sind, musste ein neuer Ort her. Vor zehn Tagen hat der Bezirk das Megakonzert genehmigt.
Wichtige Informationen fehlen
Am Treptower Park sind seit dieser Woche die Vorbereitungen im Gange. Teile sind bereits eingezäunt, einige Eingänge gesperrt. Doch noch immer fehlen den Anwohnern offenbar wichtige Informationen: Sie kritisieren, dass sie nicht wissen, wann genau welche Strecken befahrbar sind.
Und dann ist da die laute Musik: Angesichts von mindestens 80 Dezibel – das entspricht etwa der Lautstärke eines Rasenmähers – fragen sich nicht wenige Betroffene: „Warum wird uns dieser Lärm zugemutet?“
Der Bezirk hat darauf reagiert: Für mehr als 1.600 Wohnungen am Park wurde der zu erwartende Geräuschpegel berechnet. Liegt die Veranstaltungsmusik bei über 75 Dezibel, so muss der Veranstalter Ersatzunterbringung für die Bewohner anbieten – sprich ein Hotelzimmer zahlen.
Doch auch dazu fehlen vielen Bürgern noch genauere Informationen. Sie kritisieren, dass sie auch auf Anfragen beim Veranstalter keine Rückmeldungen erhielten. Mittlerweile haben einige Anwohner eine Klage gegen die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und gegen die Genehmigung des Festivals eingereicht. „Das Verwaltungsgericht hat die Senatsverwaltung aufgefordert, bis Montag dazu Stellung zu nehmen“, sagt Rechtsanwalt Christian Möbus. Ein Erörterungstermin wird am Dienstag erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen