piwik no script img

NS-Kontinuitäten in deutschen BehördenRegierung will Kanzleramt schonen

Kulturstaatsministerin Monika Grütters will keine eigene HistorikerInnenkommission zur NS-Aufarbeitung. Dabei hätte gerade das Kanzleramt es nötig.

Adenauer und sein engster Vertrauter Globke, Staatssekretär im Kanzleramt, 1963 Foto: dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung will die NS-Kontinuitäten des Bundeskanzleramts nicht durch eine eigenständige HistorikerInnenkommission aufarbeiten lassen. Das geht aus der Antwort von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) auf eine kleine Anfrage der Linkspartei hervor, die sie Ende Juli gestellt hat.

Danach beabsichtigt das Bundeskanzleramt, nur ein „ressortübergreifendes Forschungsprogramm auszuschreiben“. Damit sollen „Forschungslücken zu bislang nicht näher untersuchten zentralen deutschen Behörden – einschließlich des Bundeskanzleramts – geschlossen und ressortübergreifende Querschnittsprojekte initiiert werden“, heißt es in dem Schreiben Grütters, das der taz vorliegt.

Insgesamt 4 Millionen Euro will die Regierung dafür bis zum Jahr 2020 bereitstellen. Das Programm solle „als Ergänzung neben die bislang übliche Forschung in und zu den einzelnen Ressorts“ treten. Über die genaue konzeptionelle und inhaltliche Ausgestaltung seien „aktuell keine abschließenden Aussagen möglich“, so Grütters.

Damit setzt sich die Staatsministerin über das einhellige Votum der Sachverständigen hinweg, die Anfang Juni vom Kulturausschuss des Bundestags angehört wurden. Alle geladenen HistorikerInnen hatten sich dafür ausgesprochen, dass die Geschichte des Bundeskanzleramts aufgrund seiner zentralen Bedeutung gerade in der Adenauer-Ära eigenständig erforscht werden sollte.

In den vergangenen Jahren haben siebzehn Ministerien und oberste Bundesbehörden HistorikerInnenkommissionen eingesetzt, um ihre Geschichte aufarbeiten zu lassen. Selbst der Bundesnachrichtendienst hat sich durchleuchten lassen. Davon ausgenommen ist allerdings bislang ausgerechnet das Bundeskanzleramt.

Dabei wurde es zwischen 1953 und 1963 von Hans Josef Maria Globke geleitet. Adenauers mächtiger Staatssekretär ist eine der schillerndsten Personalien in den Anfängen der Bundesrepublik. Der Name des Kommentators der Nürnberger Rassegesetze, der bis 1945 in Hitlers Reichsinnenministerium gearbeitet hatte, steht wie kein anderer für die Kontinuität nationalsozialistischer Funktionseliten, die in der Bundesrepublik ihre Karrieren fortsetzen konnten.

Die Linksfraktion hatte deswegen vor zwei Jahren einen Antrag zur Einrichtung einer eigenen HistorikerInnenkommission für das Bundeskanzleramt eingebracht, über den das Parlament aber noch nicht entschieden hat. „Das Kanzleramt war von Anfang an die Schaltzentrale der bundesdeutschen Politik“, sagt der Linksparteiabgeordnete Jan Korte. Die zentrale politische Verantwortung für die Rückkehr der alten Eliten in die Schaltstellen der Macht dürfe nicht vernebelt werden. „Seine Rolle muss daher umfassend und nicht nur unter ferner liefen untersucht werden.“

Staatsministerin setzt sich über das Votum der Sachverständigen hinweg

Deswegen hält der Linksparteiler auch wenig von dem von der Bundesregierung präferierten Forschungsprogramm. „Hinter dem erst einmal gut klingenden ‚ressortübergreifenden Ansatz‘ steckt der Versuch einer gewollten geschichtspolitischen Verwässerung“, kritisiert Korte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Das ist aber auch kalter Kaffee.

  • Und die Stasi-/SED--Kontinuitäten?

    • @vjr:

      "Und die Stasi-/SED--Kontinuitäten?"

       

      Schonn - aber diese aus der -

      SzoffjetZsone spielten in

      Ol Connys Kanzleramt -

      Auch später als sog. -

      Nich so diiiee Rolle - wa!

      Nur über Bande - klar!;()

  • Wozu auch noch NS-Geschichte aufarbeiten, wenn sie hier und heute von anderen Protagonisten direkt und überaus anschaulich erlebbar gemacht werden kann? Die wissen selbst doch längst ganz genau, wie's geht.

  • Na ist doch prima - doch doch

     

    Da wissen wir doch - was

    Furchtbare Juristen in der GroßKotz

    Im Querschnitt von politischer Kultur

    Halten!

    Anderes hätte die Bevölkerung auch Verunsichert

     

    Danke

    Frau Staatsministerin -

    Das hätten wir sonst nicht gewußt &

    Hams jetzt aber auch noch - booey!

    Schriftlich! Danke Frau Grütters!

    Nicht umsonst gelebt - today!

     

    kurz - Zeit für eine Ohrfeige!

    "Ich sage nur -

    Kiesinger - Kiesinger - Kiesinger!"

    (aka Häuptling Silberlocke!)

    http://m.spiegel.de/einestages/a-1065646.html

     

    & hier geht's nur ~> Zur Kultur! https://de.m.wikipedia.org/wiki/Braunbuch https://archive.org/stream/braunbuchBRD/braunbuch_djvu.txt https://de.m.wikipedia.org/wiki/Furchtbare_Juristen http://www.sueddeutsche.de/politik/holocaust-prozess-adenauer-in-panik-1.1078235 https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke

    Ausschuß - classic!;)

    • @Lowandorder:

      merci! bei aller kritik am spiegel: sein internet-archiv macht es schwer, sich doof zu stellen!

  • Photo-Portraits in Schwarz-Weiß sind doch immer noch am eindrucksvollsten. Arbeiten sie doch die Wesenszüge der Menschen deutlicher heraus. Manchmal überdeutlich:

     

    Von dem Mann links mit dunkler Brille würde ich nicht mal einen Rosenstock kaufen. Der Mann rechts im Bild strahlt hingegen Seriosität und Liebenswürdigkeit aus.

    • @Gion :

      Allerdings war es der Mann rechts, der die genauere Anleitung zum Rassenhass geschrieben hat.

       

      Der äußere Eindruck trügt. Und das war nicht nur früher so.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ihr Sarkastometer scheint gestört zu sein. Schalten Sie diesen bitte einmal aus und nach 20 Sekunden wieder ein.

        • @Wurstprofessor:

          Das war keineswegs sarkastisch gemeint.

    • @Gion :

      Ähnlich liebenswürdig sah Kiesinger aus. Ein Christ. Ein Demokrat. Ein Back. Ein Pfeifen. Ein Gesicht. Diente. Deutschland. Schon. Vor. 45. Patsch. Coram. Publico!