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Von der Schulbank zum Attentat

Terror Bundesanwalt klagt 16-jähriges Mädchen wegen versuchten Mordes und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung an. Vor einem halben Jahr hat sie auf einen Bundespolizisten eingestochen

Die islamistische Radikalisierung einer Gymnasiastin in Hannover blieb nicht unbemerkt – die Messerattacke der IS-Sympathisantin auf einen Polizisten vermochten die Behörden aber nicht zu verhindern. Gegen die inzwischen 16-jährige hat die Bundesanwaltschaft nun Anklage wegen versuchten Mordes erhoben. Außerdem wird Safia S. die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung angelastet. Die Tat sei eine „Märtyreroperation“ für die Terrormiliz Islamischer Staat gewesen, erklärte die Behörde am Montag in Karlsruhe.

Auf den Schrecken nach der Messerattacke am 26. Februar, dass eine so junge Schülerin scheinbar aus dem Nichts zur Terroristin wurde, folgte schnell die Erkenntnis: Sowohl die Familie als auch die Schule hatten die Behörden vorgewarnt. Spätestens als Safia am 22. Januar dieses Jahres von Hannover nach Istanbul ihrem ebenfalls radikalisierten älteren Bruder hinterherflog, um sich in Syrien dem IS anzuschließen, und die Mutter sie als vermisst meldete, waren die Ermittler auf dem Laufenden.

Als die Schülerin einige Tage darauf mit ihrer Mutter, die ihr hinterhergereist war und sie zurückgeholt hatte, wieder in Hannover ankam, kassierten Fahnder Safias Handys. Komplett ausgewertet wurden die Chats darauf aber erst Anfang März – nach der Messerattacke.

In Istanbul, behauptet die Bundesanwaltschaft, nahm die Schülerin Kontakt mit IS-Mitgliedern auf und erhielt den Auftrag, eine „Märtyrertat“ in Deutschland zu verüben. Über einen Internet-Nachrichtendienst habe sie Kontakt zu IS-Mitgliedern gehalten und am Tag vor der Tat ein Bekennervideo übermittelt.

Auf dem Hauptbahnhof provozierte sie dann eine Personenkontrolle durch Bundespolizisten und stach mit einem Gemüsemesser zu. Der 34-jährige Beamte erlitt eine lebensbedrohliche Stichwunde am Hals. Ein anderer Polizist überwältigte das Mädchen.

Laut NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung hat sich Safia S. aus der Haft heraus bei dem verletzten Polizeibeamten mit einem Brief entschuldigt. Darin stehe, dass ihr die Tat leid tue und sie sich wünsche, das Geschehene ungeschehen machen zu können. Sie hoffe, dass er ihr die Tat eines Tages vergeben könne. (dpa/epd)

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