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Kommentar Nato-Gipfel in WarschauBruch mit überholtem Denken

Kommentar von Gabriele Lesser

Beim Treffen der Nato-Mitglieder überwinden sie das alte Blockdenken. Auch die Nato-Russland-Akte sollte wieder auf den Tisch.

Beim Warschauer Nato-Gipfel: Der US-Präsident verkündet ein weiteres Engagement seines Landes in Afghanistan Foto: ap

D er Nato-Gipfel von Warschau läutet eine Zeitenwende ein. Zum ersten Mal seit dem Beitritt ihrer Länder zur Nato können Polen, Litauer, Letten und Esten das Gefühl haben, tatsächlich von der Nato verteidigt zu werden. 1939, als Hitler und Stalin Polen von Ost und West her überfielen, erklärten zwar Großbritannien und Frankreich, die damaligen Bündnispartner Polens, den Deutschen sofort den Krieg, taten dann aber erst einmal gar nichts.

Der „Verrat von Jalta“ auf der Alliierten-Konferenz im Februar 1945 löste ein bis heute tief sitzendes Trauma bei allen Nationen Ost- und Mittelosteuropas aus. Stalin, der seine Kriegsbeute aus dem Hitler-Stalin-Pakt behalten und seine „Interessensphären“ möglichst noch ausdehnen wollte, machte die Westalliierten zu seinen Komplizen. Der US-amerikanische Präsident Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill stimmten zu, weil sie fürchteten, ohne die Sowjettruppen den Krieg gegen Deutschland und Japan nicht gewinnen zu können. Nur Italien hatte Glück und wurde der westlichen Interessensphäre zugeschlagen.

Als sich dann endlich nach fast einem halben Jahrhundert das Sowjet­imperium auflöste und die von Stalin zusammengeraubten Länder nach und nach ihre Unabhängigkeit erklärten, strebten fast alle von ihnen in die Nato und EU. Das war ihr gutes Recht. Doch das Blockdenken verschwand auch nach der Wende 1989/90 noch nicht vollständig aus den Köpfen der Westeuropäer und US-Amerikaner.

Und so unterzeichneten sie 1997 die Nato-Russland-Akte, in der über die Köpfe der Ostmitteleuropäer hinweg entschieden wurde, dass diese bei einer Aufnahme in die Nato Mitglieder zweiter Klasse sein sollten – „ohne signifikante Truppen der Nato“ zu ihrem Schutz.

Der Nato-Gipfel in Warschau bricht nun mit diesem überholten Blockdenken aus dem Kalten Krieg. Es ist an der Zeit, dass auch die Nato-Russland-Akte erneut auf den Tisch kommt. Denn während Moskau die Einhaltung des Vertrages vom Westen einfordert, kümmert es sich selbst keinen Deut darum: Rund 10.000 Todesopfer kostete der Krieg Russlands gegen die Ukraine bereits.

Vielleicht gelingt es ja, im Nato-Russland-Rat Moskau davon zu überzeugen, dass das Sowjetimperium endgültig der Vergangenheit angehört und es nun darum gehen müsste, Russland zu einem wohlhabenden, liebenswerten und weltweit geschätzten Land zu machen.

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Auslandskorrespondentin Polen
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3 Kommentare

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  • Es wird schwierig Moskau davon zu überzeugen, dass das Sowjetimperium der Vergangenheit angehört. Putin und die Seinen brauchen den Konflikt in der Ukraine und mit dem Westen, um sich innenpolitisch an der Macht zu halten - NATO-Russland-Akte hin oder her...

  • 75 Jahre nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion werden nun also wieder deutsche Soldaten an der russischen Grenze stehen: Vom estnischen Stationierungsort Narva sind es ganze 138 km Luftlinie bis nach St. Petersburg, dem ehemaligen Leningrad. Dort sind in den Jahren 1942-44 durch die deutsche Belagerung über 2.000.000 Menschen, vorwiegend Zivilisten krepiert und verhungert. Alle westlichen journalistischen Amateur-Strategen (und dazu gehört auch inzwischen Frau Lesser), die glauben, dass Russlands Volk und auch seine Regierung die Einkreisungserfahrungen der Vergangenheit vergessen haben und man step by step mit NATO-Truppen der russischen Grenze ein wenig näher rücken kann, spielen mit dem Feuer. Es wird Zeit für eine neue Friedensbewegung, die den verrückten NATO-Strategen und ihrer Kriegspolitik in den Arm fällt.

  • "Der Nato-Gipfel in Warschau bricht nun mit diesem überholten Blockdenken aus dem Kalten Krieg. Es ist an der Zeit, dass auch die Nato-Russland-Akte erneut auf den Tisch kommt. Denn während Moskau die Einhaltung des Vertrages vom Westen einfordert, kümmert es sich selbst keinen Deut darum: Rund 10.000 Todesopfer kostete der Krieg Russlands gegen die Ukraine bereits."



    wo bin ich nur gelandet - und ich dachte wenigstens die taz kommentatorInnen orientieren sich gelegentlich an recht und gesetz. der "bruch mit dem blockdenken" ist halt eben auch ein vertragsbruch des westens, den die "nato-russland-akte" hätte vorher auf den tisch kommen müssen, nicht nachdem der westen einmal mehr verträge gebrochen hat und fakten schafft, noch ehe russland ausatmen kann.



    der westen also kümmert sich "keinen deut" um verträge - die usa diktieren in der nato ihr gesetz des stärkeren. und die von frau lesser gezählten "10.000 todesopfer" rechnen sicherlich nicht jene toten dazu, die vom cia bezahlte blackwater-söldner in der oligarchenrepublik hinterlassen haben.



     

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