Kommentar zu rassistischer Rechtsprechung: Sie müssen weg
Für Schwarze, die auf St. Pauli mit Drogen erwischt werden, gilt ein härteres Strafmaß als für Weiße. Das ist rassistisch und weit weg vom Rechtsstaat.
Wenn ein Schwarzer mit der gleichen Menge erwischt wird, kommt er in U-Haft – weil Refugees generell Fluchtgefahr unterstellt wird. Außerdem geht die Justiz davon aus, dass Geflüchtete, die Drogen haben, zwangsläufig Handel treiben, da sie ja sonst kein Einkommen haben. Im unverhältnismäßigen Strafmaß gipfelt dann der hässliche Rassismus der Rechtsprechung.
Dass sich einige AnwohnerInnen St. Paulis die Hetzjagd auf Schwarze nicht bieten lassen, schmeckt den Verantwortlichen nicht. Der Senat will offenbar nicht, dass 30 Geflüchtete an der Waterkant stehen, wenn die „Queen Mary 2“ vorbeifährt. Denn sie stehen für das Versagen der Asylpolitik. Sie illustrieren auch die Unfähigkeit, den Menschen, die ohne Besitz in eine der reichsten Gesellschaften der Welt kommen, eine Perspektive zu bieten. Sie nagen am Gewissen. Sie sind zu viele, sie sind zu arm, sie sind zu schwarz.
Nur: Wie wird man die Unglücklichen los? Dafür gibt es das Gefahrengebiet – verfassungswidrig? Egal! –, um Personenkontrollen durchzuführen. Dass das kein Problem löst, sondern nur zu Vertreibung führt, sollte allen klar sein.
Dabei könnte man die jungen Menschen ganz ohne Gewalt aus dem informellen Sektor bekommen: „Arbeitserlaubnis“ heißt das Zauberwort. Dealen ist ein Scheißjob. Niemand, der die Wahl hat, macht das freiwillig.
Aber solange die Gesetze das verbieten, bleibt dem Senat nur die Repression. Den Anderen das schlechte Gewissen, verkörpert von schwarzen Gestalten, ohne Rechte und ohne Perspektiven am Hafenrand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Pistorius stellt neuen Wehrdienst vor
Der Bellizismus kommt auf leisen Sohlen