piwik no script img

Obama in HiroshimaWiderstreitende Gefühle

Japanische Opfergruppen debattieren: Müssen sich die USA für die Atombomben-Abwürfe entschuldigen, wenn Japan doch der Aggressor war?

Ein Park in Hiroshima samt Gedenkdom und Denkmal Foto: dpa

Tokio taz | In Japan hat der Obama-Besuch in Hiroshima eine Debatte über die Notwendigkeit einer Entschuldigung ausgelöst. Die noch lebenden Atombombenopfer fühlen sich hin und her gerissen.

Einerseits gibt es einer Umfrage zufolge bei mehr als der Hälfte der Hibakusha („von den Explosionen Betroffenen“) das Verlangen nach einer Entschuldigung. „Viele wünschen sich eine Entschuldigung an die Opfer und Angehörigen, nicht unbedingt eine generelle Entschuldigung“, sagte Terumi Tanaka, Generalsekretär vom Verband der Atombomben- und Wasserstoffbombenopfer.

Obama müsse klarstellen, dass das Abwerfen von Atombomben „inhuman“ und eine „Verletzung des Völkerrechts“ sei. Tanaka hatte als 13-Jähriger die nukleare Explosion in Nagasaki miterlebt.

Andererseits sehen die Opfergruppen die Ächtung von Atomwaffen als vorrangiges Ziel. „Die Forderung nach einer Entschuldigung darf nicht zu einer Hürde für die Abschaffung der Nuklearwaffen werden“, sagte Tanaka.

Allerdings kritisierte der Hiroshima-Überlebende Toshiki Fujimori vom gleichen Verband die japanische Regierung: Es sei peinlich, keine Entschuldigung von Obama zu erwarteten, sagte Fujimori. Nach seinen Angaben wurde hinter den Kulissen Druck ausgeübt, keine Entschuldigung zu fordern.

Die Regierung benutzt die US-Atombomben seit Jahrzehnten, um die Rolle von Japan als Kriegsopfer zu betonen.

Das überrascht nur auf den ersten Blick. Die Regierung benutzt die US-Atombomben seit Jahrzehnten, um die Rolle von Japan als Kriegsopfer zu betonen. Das Establishment versuche so, die eigene Rolle als Aggressor unter den Teppich kehren, sagen politische Beobachter.

Eine Entschuldigung der USA würde diese Strategie nur stören, weil sie auch Japan zur Entschuldigung für eigene Kriegsverbrechen gegenüber den überfallenden Ländern zwingen würde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Was immer gerne übersehen wird:

    Man kann sich nicht selber entschuldigen; dazu gehören nämlich immer zwei. Man kann nur um Entschuldigung bitten, und der andere kann sie gewähren oder eben nicht.

    Nur zu sagen "ich entschuldige mich" und zu erwarten, dass die Sache damit erledigt wäre, ist eigentlich schon ziemlich dreist.