heute in Bremen: "Internationale Allianzen"
Vortrag Das Fan-Projekt Bremen lädt zum Thema „HoGeSa – (k)ein Abgesang“ ins Weserstadion
45, ist freier Journalist und Autor des Buches „Kurvenrebellen: Die Ultras. Einblicke in eine widersprüchliche Szene“.
taz: Herr Ruf, war „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) eine Eintagsfliege?
Christoph Ruf: Eher eine Einjahresfliege. Selbst im Herbst vergangenen Jahres kamen ja noch über 1.000 Menschen nach Köln, erst danach hat sich die Szene andere Aktionsformen gesucht
Welche?
HoGeSa war von Beginn an eher eine westdeutsche Veranstaltung, weil die ostdeutsche Szene schon im Herbst 2014 stark in die Pegida-Strukturen eingebettet war. Die Ereignisse von Heidenau, Freital oder Berlin wären undenkbar ohne eine starke Präsenz rechtsgerichteter Hooligans. In NRW und im Südwesten hat sich die Szene eher auf „Bürgerwehren“ verlegt. Und die Anfänge für internationale Allianzen sind gemacht.
Was ist mit den Ultras?
Es gab nur einen Vorfall, wo beide Kurven den Pegida-Evergreen „Merkel muss weg“ skandierten. Ansonsten ist die Ultraszene nicht nur immun gegen den Versuch, ein völkisches Rollback zu installieren. Sie hat sich dutzendfach deutlich von den Hools abgegrenzt. Was mancherorts nicht ungefährlich ist und mich darin bestärkt, dass es eine Unverschämtheit ist, wie wenig Politik, Polizei und manche Medien registrieren, was die Ultras außer Bengalos wirklich ausmacht.
Warum sind Zuwanderung und der IS ein Thema?
Das ist das zentrale Mobilisierungsthema. Die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht zum Beispiel waren ein gefundenes Fressen für Leute, die eigentlich jede Zuwanderung ablehnen. Wobei ich ehrlich gesagt manche Reaktionen aus der politischen Linken auch hart an der Grenze zum Zynismus und schlicht verharmlosend fand. Ich schaue jedenfalls immer neidisch nach Frankreich, wo es unverhandelbar scheint, dass religiöse Dogmen keine Grundrechte außer Kraft setzen dürfen.
Haben die Hooligans ein echtes politisches Anliegen?
Es geht da um die Wiedererlangung der Hegemonie auf der Straße und in den Fankurven. Ansonsten ist deren Anliegen das, was sich auch in den letzten Landtagswahlen artikuliert hat. Bei den Hools sehnen sich viele zurück in die Zeiten von Adenauer bis Kohl, und nicht alle in die Dreißigerjahre.
Werden die Hooligans von politischen Akteuren instrumentalisiert oder umgekehrt?
Das ist ein wechselseitiger Prozess. Es ist aber schon auffallend, wie NPD, Rechte und Dritter Weg die Szene umgarnen – nicht immer erfolgreich übrigens. int.: Karolina Meyer-Schilf
19 Uhr, Ost-Kurven-Saal
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