piwik no script img

Flüchtlinge in Berliner TurnhallenDer Sport muss noch warten

Im Mai sollen die ersten Turnhallen-Notquartiere für Flüchtlinge wieder dem Sport gehören – für die meisten Hallen aber rechnet Senat mit Frist bis Jahresende.

Sollen jetzt langsam leergezogen werden: in Turnhallen eingerichtete Notunterkünfte für Flüchtlinge Foto: dpa

Die derzeit von Flüchtlingen genutzten Sporthallen sollen später als bislang vom Senat geplant wieder Vereinen und Schulen zur Verfügung stehen. Hieß es bislang, dass das bis zu den Sommerferien passiert, so gilt nun: bis Jahresende. Das geht aus einem Konzept hervor, dass den rot-schwarzen Senat am Dienstag beschäftigte. Als erste sollen doch bereits im Mai die beiden großen Hallen am Olympiastadion wieder frei sein, das Horst-Korber-Leistungszentrum und die Rudolf-Harbig-Halle. Im Mai sollen auch drei noch nicht festgelegte Hallen in Pankow und je eine in Friedrichshain-Kreuzberg und Steglitz-Zehlendorf frei werden, wo mehr Hallen als in den anderen Bezirken belegt sind.

Landesweit sind derzeit nach Senatsangaben rund 10.500 Flüchtlinge in 63 Sporthallen an 51 Standorten untergebracht. Das sind knapp 6 Prozent der landesweit über 1.000 Sporthallen. Die meisten Hallen stellt Pankow mit neun. Die jetzt noch in der Korber- und der Harbig-Halle untergebrachten Flüchtlinge sollen in die Halle 26 auf dem Messegelände umziehen.

Vor einigen Wochen noch hatte sich Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) zuversichtlich geäußert, dass die Hallen bis Schuljahresende frei würden. Er hatte lediglich bezweifelt, dass sich über die Sommerferien alle Hallen bis zum Beginn des neuen Schuljahren sanieren lassen. Mario Czaja (CDU), sein Kollege vom Sozialressort, sprach am Dienstag vor Journalisten anfangs noch vom Spätsommer als angestrebtem Termin – bis der neben ihm sitzende Flüchtlingsstaatssekretär Dieter Glietsch (SPD) bemerkte: „Ich wäre ein bisschen vorsichtiger.“ Nach seinen Worten wird es „wahrscheinlich bis zum Jahresende gelingen“, die Turnhallen leer zu haben.

Wie teuer die vom Senat den Schulen und Verein zugesagte Sanierung ausfallen wird, mochte Czaja nicht einschätzen. Er sagte aber zu, dass jede Halle danach „mindestens in einem gleich guten, wenn nicht besseren Zustand ist als vorher“.

Wie schon Stadtentwicklungssenator Geisel geht Czaja von einem höchst unterschiedlichen Aufwand aus, der zwischen einem komplett neuen Hallenboden und einfachen Reparaturarbeiten in den Waschräumen liegt. Pro Halle soll es unabhängig von der Sanierung eine zusätzliche Zahlung zwischen 50.000 und 100.000 Euro geben, etwa für neue Vereinsausrüstung.

Czaja geht von intensiven Diskussionen über die Reihenfolge aus, in der die Turnhallen frei werden. „Das wird nicht ganz ohne Streit gehen“, sagte er. Bevorzugt werden sollen Hallen, die für Abiturprüfungen in Sport nötig sind.

Die Flüchtlinge sollen möglichst im selben Bezirk bleiben können, um nicht eine erste Eingewöhnung zunichtezumachen. Die Hallen würden auch nicht von einem Tag auf den nächsten geleert, sondern schrittweise.

Das wird nicht ganz ohne Streit gehen

Sozialsenator Czaja zur Reihenfolge der Räumung

Wie schnell es tatsächlich geht, soll auch von künftigen Flüchtlingsströmen abhängen. In dem Moment, in dem die Zahl freier Plätze unter einen Puffer von 2.000 sinkt, würde die Landesregierung nach Darstellung von Glietsch und Czaja keine weitere Turnhalle räumen. Derzeit sind nach ihren Angaben 2.400 Plätze frei, über 1.000 davon am früheren Flughafen Tempelhof.

Czaja verwies zwar darauf, dass vom Bundesinnenministerium keine Hinweise auf eine neue Ankunftswelle vorlägen. Glietsch war skeptischer. „Alle gehen davon aus, dass die Zahlen irgendwann wieder steigen“, sagte er, bloß der Zeitpunkt sei unklar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!