piwik no script img

Repression vor der Wahl in UgandaJugendmilizen und Tränengas

Die Angst vor Gewalt steigt, oppositionelle Politiker werden schikaniert, die Hauptstädter verbarrikadieren sich. Es brodelt in Kampala.

Oppositionspolitiker Kizza Besigye (M., weißes Hemd) wird von der Polizei mit Tränengas beschossen. Foto: ap

Kampala taz | Der beißende Geruch von Tränengas liegt in der Luft. Spezialeinheiten der Polizei und Militärpolizisten patrouillieren schwerbewaffnet durch die Innenstadt von Ugandas Hauptstadt Kampala. Oppositionskandidat Kizza Besigye, der eigentlich in der Innenstadt eine Großkundgebung plant, wird in seinem Geländewagen von der Polizei abtransportiert. Nach einer Weile kommt er frei, seine Kundgebung formiert sich von Neuem. In Uganda hat die heiße Endphase des Wahlkampfs begonnen, in der kurz vor dem Urnengang am Donnerstag alle Kandidaten in der Hauptstadt die Massen mobilisieren.

Viele Hauptstädter packen lieber ihre Kinder und fahren zu Verwandten aufs Land. Die, die bleiben, tanken ihre Autos voll, heben Bargeld ab, kaufen Vorräte an Lebensmitteln, um sich zu Hause zu verbarrikadieren.

Vorboten von Gewalt sind die jungen Männer, die schon frühmorgens im Gleichschritt durch die Gassen joggen und singen, angetrieben von Polizisten in Uniform und Schlagstöcken. Ihr Gesang ist überall deutlich zu hören, wirkt einschüchternd.

„Verbrechensverhinderer“ werden diese Jugendmilizen genannt. Bei den Wahlkampfveranstaltungen von Präsident Yoweri Museveni sieht man sie zahlreich: In weißen T-Shirts mit der Aufschrift „Crime Preventers“ stehen sie in Reih und Glied, um die Menschenmassen zu kontrollieren. Wer drängelt oder schubst, wird von ihnen abgeführt und der Polizei übergeben. Dabei ist auffällig, wie professionell die kräftigen Männer vor dem örtlichen Polizeikommandanten die Hacken zusammenschlagen. „Sie helfen uns, Verdächtige in ihren Gemeinden ausfindig zu machen, die ein Verbrechen planen“, erklärt der Polizeikommissar in Mityana, einem Landkreis 50 Kilometer außerhalb Kampalas.

Allgegenwärtige Bespitzelung

„Mein Ziel ist es, die ganze ugandische Bevölkerung als Verbrechensbekämpfer zu unterhalten“, beantwortet Ugandas Polizeichef Kale Kayihura die Frage, wie viele Jugendlichen die Polizei landesweit rekrutiert und ausgebildet hat. Ihre Zahl nennt er nicht. „Ihre Aufgabe ist es, Verbrechen zu verhindern, und das hat mit den anstehenden Wahlen nichts zu tun“, so der General. Er gilt als enger Museveni-Vertrauter.

„Es sind Freiwillige, die ihre Nachbarschaft überwachen und damit Verbrechen verhindern, sie sollen sich nicht parteiisch verhalten“, muss sich Ministerpräsident Ruhakana Rugunda in einer Fragestunde vor dem Parlament rechtfertigen. Die Oppositionsparteien werfen dem Regime vor, diese parastaatlichen Milizen einsetzen zu wollen, um Präsident Museveni die Wiederwahl zu sichern.

Niemand weiß, wer für wen heimlich arbeitet

Chrispy Kaheru, Bürgerrechtler

Amama Mbabazi, Ugandas ehemaliger Ministerpräsident und jetzt unabhängiger Kandidat für das Präsidentenamt, vergleicht die Miliz mit der Jugendmiliz Imbonerakure in Burundi. Sie verbreitete während der umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2015 Angst und Terror, sie war mit Polizeiuniformen und Waffen ausgestattet.

„Die Geheimniskrämerei um die Miliz ist ein ernsthaftes Problem für unsere Demokratie“, sagt Chrispy Kaheru, Direktor der Menschenrechtsorganisation „Bürgerkoalition für Wahldemokratie“. Die Menschen würden sich fürchten, ihre Meinung zu sagen, aus Angst, denunziert zu werden. Oppositionskandidaten würden als Reaktion wiederum eigene Milizen bilden. „Es ist das totale Chaos, niemand weiß, wer für wen heimlich arbeitet. Dies erhöht das Risiko, dass es nach den Wahlen zu Gewaltakten kommt“, so Kaheru.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!