Asylrechtsverschärfung in Dänemark: „Bleibt uns bloß vom Leibe“
Die Botschaft ist klar: Das Parlament in Kopenhagen votiert für eine krasse Verschärfung des Asylrechts. Der Zuzug soll gestoppt werden.
Im Paket aus 34 Einzelmaßnahmen zur Asylrechtsverschärfung war es vor allem der „Smykkeforslag“, der auch international Aufmerksamkeit geweckt hatte. Zur Mitfinanzierung ihres Aufenthalts sollten bei Asylsuchenden Geldbeträge über 400 Euro sowie „Wertgegenstände“, so weit diese „nicht unerheblich“ seien, beschlagnahmt werden, hieß es in einem ersten Entwurf. Zur Kontrolle sollten Leibesvisitationen zulässig sein.
Nachdem vor allem Medien in den USA und Großbritannien Vergleiche gezogen hatten, wie Juden auf dem Weg ins KZ Geld und Schmuck abgenommen wurde, revidierte die Regierung den Entwurf. Jetzt ist von Schmuck nicht mehr die Rede, die Bargeldgrenze wurde auf umgerechnet 1.350 Euro erhöht. Das entspricht in etwa den Vorschriften für dänische Sozialhilfebezieher.
Neben Kürzungen von finanziellen Leistungen, einer Beschneidung der öffentlichen Rechtshilfe für Asylprozesse und der Möglichkeit, Personen mit „ungeklärter Identität“ ohne Haftprüfung längerfristig in Gewahrsam zu nehmen, sorgen vor allem die neuen Regeln zur Familienzusammenführung für Kritik.
Die meisten Asylberechtigten werden statt bislang einjähriger nun erst nach dreijähriger Wartezeit ein Recht auf Familienzusammenführung erhalten und Kinder oder Ehegatten nachholen können. Rechnet man die Zeit bis zur Asylanerkennung dazu, ab der diese Frist läuft, werden sich Wartezeiten von durchschnittlich 5 Jahren ergeben. Schon die Einjahresregelung sei problematisch gewesen, sagt Gunnar Homann von der Anwaltsvereinigung. Familien aber sogar fünf Jahre auseinanderzureißen, sei als Verstoß gegen den Familienschutz der Menschenrechtscharta zu werten.
Die ist in Dänemark geltendes Recht, weshalb sogar Regierungsjuristen vor einer drohenden Verurteilung in Straßburg warnen. Auch Migrationsministerin Inger Støjberg gesteht ein „gewisses Prozessrisiko“ ein. Doch bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs für Menschenrechte würden 2 bis 3 Jahre vergehen. Kopenhagen nehme bewusst in Kauf, sich konventionswidrig zu verhalten, kritisiert die Familienrechtsjuristin Jytte Lindgård: In der Zwischenzeit nutze man ganz einfach den „Abschreckungseffekt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut