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TRAININGSLAGER Viele internationale Klubs, davon sieben aus der Bundesliga, machen sich im türkischen Belek für die Rückrunde fit. Es fehlen nur die russischen VereineWerder kickt nach Obama

Werder Bremen 2015 in Belek: Wie es mit den Trainingslagern in der Türkei weitergeht, ist offen Foto: imago

aus Belek Frank Hellmann

Die Erinnerung ist bei Heribert Bruchhagen ein bisschen verblasst. Zu viele Trainingslager hat der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt erlebt,.Aber natürlich, alles vergessen hat der 67-Jährige nicht, was er vor über 20 Jahren als Manager beim Hamburger SV entschied. Dass der HSV im Winter 1993 kurzerhand in die Nähe von Side an der türkischen Riviera reiste, weil das eigentlich geplante Trainingslager in Spanien geplatzt war. Es alternativ mal mit der Türkei zu versuchen sei über den Ex-Werder-Torwart Dieter Burdenski an den damaligen HSV-Trainer Benno Möhl­mann herangetragen worden, erzählt Bruchhagen.

Drahtzieher war Reyhan Gök. Burdenskis türkischstämmiger Mitarbeiter war bestens vertraut mit den Gegebenheiten rund um Antalya. „Ich hatte vorher dort Urlaub gemacht und dem Hotelbesitzer vorgeschlagen, einen vernünftigen Rasenplatz anzulegen. Und dann habe ich Heribert überzeugt.“ In Izmir kamen sogar Testspiele gegen die Istanbuler Aushängeschilder Beşiktaş und Galatasaray zustande.

Der Anfang war gemacht. Dass in den Archiven statt des HSV stets Schalke 04 als Pionier eines Türkei-Trainingslagers auftaucht, stimme nicht – die kamen erst ein Jahr später, versichert der bis heute in einem Burdenski-Sportgeschäft arbeitende Gök. Mittlerweile hat der 55-Jährige fast 450 Trainingslager für deutsche Teams organisiert. Jeden Winter ist er zwei-, dreimal dorthin geflogen.

Auch jetzt überwintert hier fast der halbe deutsche Profifußball. Zu den sieben Erstligisten – Borussia Mönchengladbach, Hannover 96, Hamburger SV, Hertha BSC, VfB Stuttgart und Werder Bremen in Belek, dazu Darmstadt 98 in Lara – kommen in diesem Jahr neun Zweitligisten und acht Drittligisten. Speziell Belek übt mit seinen fast 70 Luxusresorts eine magische Anziehungskraft aus. Nach drei Stunden Flug und einer Stunde Busfahrt ist der Ort mit seinen lediglich 2.000 Einwohnern gut erreichbar. Die Kosten von rund 80.000 Euro für einen Erstligatross sind überschaubar, die Wege kurz, die Rasenplätze bestens – wenn es nicht gerade wie in den vergangenen Tagen aus Eimern regnet. „Und um die Sicherheit muss man sich jetzt auch keine Sorgen machen“, versichert Gök.

Er trug mit dazu bei, dass sich die Fußballreisen neben dem Golfurlaub zur zweiten Säule entwickelten, um den Betrieb der meist in Besitz von türkischen Mischkonzernen befindlichen Hotelanlagen über die Wintermonate am Laufen zu halten. Bis zu 700 Klubs kamen in den vergangenen Jahren. Doch diesen Winter zeichnet sich ein Einbruch ab. Grund: Die russischen Vereine – unentbehrliche Kunden, weil sie wegen der langen Winterpause in der kalten Heimat oft mehrere Wochen blieben – haben gerade ihre Aufenthalte storniert.

Mit den Trainingslagern wurden zuletzt 100 Millionen Euro umgesetzt. Auch die G 20 tagte in Belek

Auf Geheiß von Staatspräsident Wladimir Putin, der damit den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe ahnden will. „Wir rechnen mit Verlusten um die 70 Prozent“, sagt der Vorsitzende des Sporttourismusverbands Antalya, Ferit Turgut. Das wäre nur schwer zu verkraften, denn zuletzt wurden nur mit den Trainingslagern 100 Mil­lio­nen Euro umgesetzt. Gök will sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn auch die mehr als vier Millionen russischen Pauschaltouristen ausblieben. „Das könnte für die Hotels eine Katastrophe bedeuten.“ Dann wäre auch das Trainingsmekka gefährdet.

Und das alles, nachdem im November noch der G-20-Gipfel in Belek stattfand. Dafür wurde die Umgebung mit den weitläufigen Pinienwäldern zur Roten Zone erklärt, gesichert durch eine Armada von Polizisten und Sicherheitskräften in Kleinstadtgröße. Allein 30 Hotels waren nur mit der Beherbergung der Staatsgäste beauftragt – in viele sind jetzt Bundesligisten gezogen.

Als eine der prominentesten wie pompösesten Herbergen am Platz gilt das Regnum an einer Stichstraße nach dem Ortseingang. Dort war US-Präsident Barack Obama abgestiegen. Seit Donnerstag hat wie im Vorjahr hier der Tross von Werder Bremen einen Flügel gemietet. Allerdings nur für die Profis. Die mitgereiste U 23 musste ein einfacheres Quartier einige Kilometer weiter beziehen. Kleiner Trost: Besser als die HSV-Profis 1993 haben es Werders Drittliga-Kicker noch allemal.

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