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Pläne der Deutschen BahnDie Entdeckung der Pünktlichkeit

Die Bahn will ihre Fahrpläne besser einhalten. Scheitert das, geht es den Vorständen ans Geld. Im Güterverkehr sollen Stellen abgebaut werden.

Alles soll effizienter werden, vor allem der Güterverkehr. Foto: ap

Berlin taz | Bei der Deutschen Bahn soll es künftig zuverlässigere Informationen für Fahrgäste, mehr Internetnutzungsmöglichkeiten und sauberere Bahnhöfe geben. Und: Die Züge sollen pünktlicher ankommen. Das sind Kernpunkte des Programms „Zukunft Bahn“, das der Bahnvorstand am Donnerstag in Berlin vorstellte. Mit dem Programm will die Bahn, die dieses Jahr erstmals seit längerem voraussichtlich rote Zahlen schreiben wird, wieder mehr Kundschaft gewinnen: im Fern-, Regional- und Güterverkehr.

Nächstes Jahr sollen vier von fünf Fernzügen pünktlich sein; das bedeutet nach Bahndefinition, dass sie weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Derzeit sind nur drei von vier Fernzügen pünktlich. Langfristiges Ziel sind 85 Prozent Pünktlichkeit. Damit will die Bahn das Ärgernis verpasster Anschlusszüge in den Griff kriegen. Auch Regional- und Güterzüge sollen pünktlicher werden.

Damit das gelingt, soll ein Teil der Bonuszahlungen, die die Bahnvorstände bekommen, an das Erreichen der Pünktlichkeitsziele gekoppelt sein. Diesen Zielen sollen sich künftig alle Sparten unterordnen; so sollen Ressortegoismen eingedämmt werden. Pünktlichkeit kann schließlich nur in einem guten Zusammenspiel aller im Bahnkonzern erreicht werden. Salopp gesagt, gilt: Der am besten ausgeklügelte Fahrplan nützt nichts, wenn im Alltag der Zug defekt ist, eine Weiche blockiert, ein Baum auf die Oberleitung fällt, der Lokführer streikt oder Reisende auf Grund mangelnder Informationen am falschen Gleis stehen.

Um solche und ähnliche Probleme in den Griff zu kriegen, will die Bahn mobile Werkstattgruppen bilden, die Züge auch außerhalb der Werkstätten reparieren. Als Konsequenz droht dann allerdings die Schließung von Reparatureinrichtungen. Zudem will die Bahn die Baumpflege entlang der Schienen verbessern und Weichen nutzen, die Störungen digital melden können. Darüber hinaus soll ein neuer Schlepplok-Dienst liegengebliebene Züge, die für Stau sorgen, schneller von den Schienen holen.

2.600 Stellen stehen zur Disposition

Im Güterverkehr sei das wirtschaftliche Ergebnis „nicht akzeptabel“, sagte Vizevorstandschef Volker Kefer. Im laufenden Jahr erziele die Bahn in diesem Bereich etwa 500 Millionen Euro weniger Umsatz als geplant, beim Ergebnis liege sie mit 200 Millionen Euro im Minus. Die Konsequenz daraus: 2.600 Stellen stehen zur Disposition. Derzeit arbeiten etwa 20.000 Beschäftigte in Deutschland in diesem Bereich. Ein möglicher Arbeitsplatzabbau werde ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen, versprach Personalvorstand Ulrich Weber.

Langfristig möchte die Bahn ein großes Infrastrukturprogramm auflegen: Gemeint sind diesmal aber keine teuren Neubaustrecken oder Tunnelprojekte wie Stuttgart 21, sondern die flächendeckende Etablierung des europäischen Zugsicherungssystems ETCS. Damit könne die Schienenkapazität – auch auf hochbelasteten Strecken – um fünf bis zehn Prozent gesteigert werden, sagte Technikvorstand Kefer. „Statt in Beton würden wir in intelligente Technik investieren.“

Die Einführung des neuen Zugsicherungssystems würde mindestens 15 Jahre dauern und etwa 20 bis 25 Milliarden Euro kosten. Teuer ist das Ganze deshalb, weil nicht nur die Strecken, sondern auch die Stellwerke umgerüstet werden müssen, die danach allerdings effizienter arbeiten.

Solche Produktivitätsgewinne könnten sich auch auf die Trassenpreise auswirken, die die DB und ihre Wettbewerber entrichten müssen. Finanziert werden könnte das Programm durch den Bund, die Bahn und die EU. Kefer sieht darin auch einen industriepolitischen Vorteil: „Wir setzen damit Standards für den Bahnverkehr.“

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8 Kommentare

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  • Die Bahn hat ein Problem und wird es nicht lösen.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob das Bonusziel Pünktlichkeit nicht zu falschen Ergebnissen führt.

     

    Ein großer Teil der länger dauernden Verspätungen kommt durch Selbstmorde, Streiks und Bauarbeiten zustande, wenn man von der auslösenden Ursache ausgeht.

     

    Selbstmorde lassen sich nur schwer verhindern, selbst wenn man das gesamte Gleisnetz einzäunen würde. Dass das Streikrecht zu einer Demokratie gehört, sollte auch selbstverständlich sein, auch wenn ich persönlich für die Spartengewerkschaften wenig Verständnis habe.

    Und Bauarbeiten kann der Vorstand natürlich reduzieren - aber langfristig ist das sicher nicht sinnvoll.

     

    Das Gemäkel an den Kleinstverspätungen kann ich nur schwer nachvollziehen. Wann war ich das letzte Mal mit dem Auto oder Fernbus oder Flieger nur 5 Minuten verspätet?

     

    Aber vielleicht bin ich da toleranter, weil ich schon so alt bin, dass ich die Bundesbahn und deren Beamte noch kennen gelernt habe?

    • @Martin74:

      "Ich bin mir nicht sicher, ob das Bonusziel Pünktlichkeit nicht zu falschen Ergebnissen führt."

       

      Und ich bin mir sicher, daß es zu solchen führt.

  • Es war vorhersehbar, daß mal wieder viel blumige Versprechen gemacht werden, die von vorne herein nicht gehalten werden können. Ein komplexes System wie ein Schienennetz samt Material und Personal muss sorgsam durchgeplant werden. Derzeit ist da alles auf Einsparung ausgelegt. Kaum Wartung, viel zu wenig Personal, unrealistische Fahrpläne. Und natürlich Prämissen, die das alles schönreden, so wie die Definition von Pünktlichkeit bei Verspätungen unter 6 Minuten. Dabei ist es mir als Fahrgast ziemlich piepe, ob der Anschlusszug erst seit einer Minute weg ist oder schon seit einer Viertelstunde. Zumal die Reisepläne, die die Bahn selbst zusammenstellt, oft Umsteigezeiten von knapp 5 Minuten enthalten. Abgesehen davon wird es nicht angenehmer, auf zugigen Bahnsteigen herumzulungern, in vollgestopften Regionalzügen ohne Heizung und Klo zur Arbeit zu fahren und dann doch zu spät zu kommen, nur weil die Vorstände dann vielleicht ein bißchen weniger Geld kriegen.

  • Pünktlichkeit hängt ja nicht vom Willen oder Unwillen der Vorstände ab. Pünktlichkeit hängt davon ab, dass die Strecken instand gehalten werden, dass das Zugmaterial instand gehalten wird und dass beim Personal genug Reserve vorhanden ist. Alle drei Dinge wurden eingespart und werden vermutlich noch stärker eingespart.

    Die negativen Zahlen der Bahn hängen auch nicht nur an den Fernbussen und dem Güterverkehr. Sie hängen auch stark am niedrigen Ölpreis und an den unverhältnismässigen Preiserhöhungen der vergangenen Jahre. Beim Ölpreis muss der Bund Geduld haben - das ändert sich auch wieder - jetzt geht es eben den Fluggesellschaften gut. Bei den Preiserhöhungen sollte der Normalpreis gesenkt werden. Die Sonderpreise sind schon sehr günstig - doch damit werden diejenigen, die viel und regelmässig fahren verprellt.

    Es fühlt sich einfach schlechter an, einmal 106,50 € und ein anderes Mal nur 22 € für eine Fahrt durch Deutschland zu zahlen - als wenn die Fahrt immer 64 € kosten würde.

    • @Velofisch:

      Fahrpläne auf Kante zu planen, keine Pufferzeiten einzuplanen und notorische Verspätung als Pünktlichkeit zu deklarieren, so lange sie sechs Minuten nicht überschreitet, ist mutmaßlich nicht das Werk der Praktikanten oder Gleisarbeiter.

    • @Velofisch:

      Ganz verständlich ist das Argument nicht: "Pünktlichkeit hängt ja nicht vom Willen oder Unwillen der Vorstände ab". Andererseits hängen Ausbau, Wartung, ausreichend Personal - wesentliche pünktlichkeitsbestimmende Faktoren - vom Willen des Vorstandes ab: die Lokführer bestimmen nicht über Investitionen und Einstellungen. Und die Pünktlichkeitsprobleme sind schon seit Jahren bekannt und durch die weltweit führenden Toleranz-Margen verschleiert. Hier ist die Entlastung des Vorstands nicht gelungen...

       

      Die Wettbewerbsnachteile aufgrund der Betriebstoffkosten sind eine andere Sache. Tatsache ist daß sich der Grube-Vorstand im Ausland verzettelt hat, ein unrentables und schädliches Großprojekt (Stuttgart 21) weiterbaut und der Aufsichtsrat beide Augen zudrückt

  • Das Wort "Zukunft" hat nach wie vor den Verstand benebelnde Funktion, wenn es in Versprechen eingebunden ist. Aufs Neue hat es der Vorstand der Bahn AG geschafft, Aufsicht und Politik (und anscheinend auch Medien) einzulullen mit Vorschlägen zur Behebung von Problemen die viel zu lange bekannt sind aber ignoriert wurden. Woher der mit vielen Milliarden verschuldete Konzern das Geld nehmen will für die Maßnahmen welche Geld kosten wird nicht diskutiert - da muß letztendlich die öffentliche Hand einspringen. Propagandist-cum-einbißle-Technikvorstand Kefer darf, sattsam bekannt, Technolyrik von sich geben die beim Aushebeln physikalischer Gesetze mithelfen darf: das Wort "intelligente Technik" mit der geschnippt wird darf nicht fehlen. Herr Grube, der als Mitarbeiter eines Unternehmens bei diesem Arbeitsresultat schon längst freigesetzt worden wäre, darf weitermachen. Wie die Klimaziele erreicht werden sollen wenn noch mehr Busse fahren und Güter auf die Straße verlegt werden - diese Frage beantwortet niemand. Insofern erscheint der Klimagipfel nur als Medienevent - man wird Monate wenn nicht Jahre warten müssen bis etwas geschieht.

    - Herr Rother von der taz nimmt den Bericht und die Versprechen leider - aus welchen Motiven auch immer - "at face value" - sie sind Armutszeugnis und Skandal zugleich.