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Dialogforum zur Y-TrasseWackeliger Konsens

Der Konsens über die Bahntrasse zwischen Hamburg, Bremen und Hannover wackelt. Die Bahn hält sich die Option auf einen weiteren Neubau offen.

Ein X gegen die Y-Trasse: Protest bei Uelzen gegen ein neues Schienenprojekt. Foto: Philipp Schulze/ dpa

HAMBURG taz | Der Konsens über eines der großen Schienenprojekte in Norddeutschland steht auf wackeligen Füßen. Das Dialogforum zur Y-Bahntrasse am Donnerstag in Celle stimmte einer Ausbaulösung zu, die die Möglichkeit einer späteren Neubaustrecke offenhält.

Aufgenommen wurde eine Öffnungsklausel der Deutschen Bahn, die angesichts des erwarteten Verkehrszuwachses die künftige Möglichkeit weiterer Baumaßnahmen offenlässt, darunter auch die von Hamburg ins Gespräch gebrachte Neubaustrecke entlang der Autobahn 7.

Damit ist der wesentliche Konfliktpunkt für das Bahnprojekt zwischen Hannover, Hamburg und Bremen auf das Abschlusstreffen Ende November vertagt. Bei der seit mehr als 20 Jahren diskutierten Y-Trasse ging es zunächst um eine neue ICE-Strecke durch die Lüneburger Heide. Inzwischen liegt der Fokus auf zusätzlichen Gleisen für die wachsenden Gütermengen von und zu den norddeutschen Seehäfen.

Die Liste der Projekte

Im September 2008 einigten sich die fünf norddeutschen Bundesländer in Ahrensburg auf eine Liste von 24 vordringlichen Straßen-, Schienen- und Wasserwegeprojekten. Die Schienenprojekte sind:

- Hinterlandanbindung Fehmarnbelt zwischen Bad Schwartau und Puttgarden auf Fehmarn

- Ausbaustrecke Wilhelmshaven –Oldenburg –Uelzen

- die Y-Trasse

- dreigleisiger Ausbau Stelle –Lüneburg

- Maßnahmen zur Entlastung der Schienenknoten Bremen, Hannover und Hamburg

Neue Trasse als Alternative

Im vorigen Jahr hatte die Bahn sechs alternative Routen untersucht. Bevorzugt wird demnach eine Güterzug-Trasse von Europas größtem Rangierbahnhof in Maschen nach Süden. Dafür könnte die bestehende Strecke um ein bis zwei Gleise erweitert werden, alternativ wäre eine neue Paralleltrasse abseits der Städte und Gemeinden denkbar.

Die Kosten liegen laut Bahn je nach Variante zwischen 1,4 und 2,7 Milliarden Euro. Hinzu käme für weitere 1,4 Milliarden Euro eine West-Ost-Trasse von Bremen über Uelzen nach Magdeburg, um möglichst viele Güterzüge durchs dünn besiedelte Sachsen-Anhalt leiten zu können.

Die Bahn und das Land Niedersachsen vereinbarten deshalb ein Dialogforum, in dem die Länder Hamburg, Bremen und Niedersachsen sowie Vertreter von Landkreisen, Bürgerinitiativen und Verbänden unter neutraler Moderation nach dem günstigsten Verlauf für die neue Bahntrasse suchen sollen.

Neubaustrecke ist nicht durchsetzbar

Anfang Oktober hatte das Forum mehrheitlich für die so genannte Alpha-Variante gestimmt, die einen zweigleisigen Ausbau zwischen Verden und Rotenburg/Wümme, ein drittes Gleis von Lüneburg nach Uelzen sowie Verbesserungen auf anderen Abschnitten vorsieht.

Das Dialogforum habe klar gezeigt, dass eine Neubaustrecke gegen die Bevölkerung nicht durchsetzbar ist, sagte der Norddeutschland-Chef der Bahn, Ulrich Bischoping. „O.k., lassen wir uns auf das Alpha ein und fangen wir an.“

Die Bahn halte es sich jedoch offen, zu einem späteren Zeitpunkt bei Bedarf weitere Maßnahmen zu beantragen, so Bischoping. Die Verkehrsprognosen zeigten, dass in einigen Jahren Engpässe drohen können. „Dann müssen wir über weitere Maßnahmen nachdenken.“

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1 Kommentar

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  • Ihr Artikel ist faktisch falsch. Es gibt keine Öffnungsklausel der Bahn in diesem verabschiedeten Konsens-Papier. Das Gegenteil ist der Fall: nachdem klar ist, dass eine eben solche Öffnungsklausel den Konsens verhindert hätte wurde sie nicht aufgenommen. Um das deutlich zu machen hat die Bahn einen Passus explizit mit getragen und ihren Zuspruch zum Konsens formuliert. Der entscheidende Satz im Papier ist: "Mit der Entscheidung für die Vorzugsvariante entfallen alle anderen Trassen-Varianten und werden nicht weiter verfolgt." Niemand hätte vor 6 Monaten auch nur einen Pfifferling darauf gewettet, dass hier am Ende eine solch breit getragene Empfehlung steht. Wer sich nun an diesen Konsens nicht hält, wird einen Protest-Flächenbrand erleben, gegen den Stuttgart 21 (schon aufgrund der Ausdehnung) eine Lachnummer ist.