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Üstra-Kameras vor Gericht

FIlMEN Vor dem Verwaltungsgericht Hannover steht die Videoüberwachung in Bussen und Bahnen auf dem Prüfstand. Verkehrsbetriebe Üstra klagen gegen die Datenschützerin

Das Verfahren ist von bundesweiter Bedeutung: Es dreht sich um die Frage, ob Art und Umfang der Videoüberwachung in Bussen und Bahnen bei den Hannoverschen Verkehrsbetrieben Üstra zulässig sind oder einen Verstoß gegen den Datenschutz darstellen. Das Verwaltungsgericht Hannover verhandelte am Montag jedoch nur kurz und vertagte sich auf den 10. Februar.

Fraglich ist, welches Gesetz zur Anwendung kommt. Das Bundesdatenschutzgesetz oder nicht doch eher das niedersächsische Datenschutzgesetz, weil die Üstra als städtisches Unternehmen hoheitliche Aufgaben wahrnimmt?

„Wir sind nicht grundsätzlich und generell gegen Videoüberwachung“, sagte die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel der taz: „Es geht um die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.“ Das Verfahren hatte noch Thiels Vorgänger Joachim Wahlbrink eingeleitet und den Einsatz von Kameras untersagt. Weil er laut Bundesdatenschutzgesetz einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Fahrgäste darstelle, da die Kameras den gesamten Fahrgastraum erfassen und rund um die Uhr im Einsatz sind.

Die Üstra hatte dagegen Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, sodass eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist. Die Üstra setzt mittlerweile auf allen Linien Videokameras ein, die das Geschehen in Bussen und Bahnen aufzeichnen und es auf einer Blackbox speichern. Sollte etwas passiert sein, können autorisierte Mitarbeiter der Üstra oder die Polizei direkt die Aufnahmen anfordern und sichten.

Und genau da setzt die Kritik der Datenschützer an. „Die Kameras sind nicht dafür da, bei Eintritt einer Gefahr eingreifen zu können“, sagt Thiel. Die Videoüberwachung sei somit eine rein präventive Maßnahme. Die Üstra verweist darauf, dass die Videoüberwachung das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste verbessere und der Abschreckung diene. Ferner erleichtern die Aufnahmen die Aufklärung von Vandalismus und Übergriffen in den Bussen und Bahnen. Genau das stellt Datenschützerin Thiel infrage: Das sei wissenschaftlich nicht belegt und die Üstra habe nicht belegen können, dass es Übergriffe gegeben habe. Es sei aber belegt, dass Kameras keine Übergriffe verhindern.

Da das Verwaltungsgericht jetzt andeutet, dass in dem Konflikt nicht das Bundesdatenschutzgesetz, sondern das niedersächsische Datenschutzgesetz Anwendung findet, sei das für beide Parteien ein „Dilemma“, sagt Gerichtssprecher Ingo Behrens. Kai von Appen

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