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Kommentar digitale StromzählerDer laufende „Smart-Meter“

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Das mulmige Gefühl in Bezug auf digitale Stromzähler ist verständlich. Dennoch sind die Geräte sinnvoll. Denn sie helfen, die Energiewende umzusetzen.

Schlauer Beobachter: Smart-Meter sollen das Netz stabilisieren Foto: dpa

B ewegungsprofil dank Smartphone. Facebook, Bonuskarten. Immer mehr wird man zum gläsernen Kunden. Und jetzt kommt auch noch der „intelligente Stromzähler“, der genaue Einsichten über den Alltag im Haus ermöglicht. Dass Menschen, die die Big-Data-Industrie nicht mehr als nötig füttern wollen, dabei ein mulmiges Gefühl haben, kann man durchaus nachvollziehen.

Dennoch wird man sich an die intelligenten Zähler gewöhnen müssen. Denn sie können der Energiewende dienen, indem sie helfen, das Netz zu stabilisieren. Sie tun das, indem Kunden billigere Energie erhalten, wenn sie ihre Energiefresser bei üppigem Stromangebot starten.

Ökonomisch gesehen ist das ein zweckmäßiger Schritt. Und somit ist auch der Ansatz von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nicht verkehrt, der den Einbau der Zähler nur dort will, wo sich die zusätzlichen Kosten durch Einsparungen amortisieren können. Und das sind eben die größeren Verbraucher. Allerdings ist das Gesetz an dieser Stelle inkonsequent: Denn die Netzbetreiber dürfen auch Kleinverbrauchern gegen deren Willen einen intelligenten Zähler einbauen.

Dabei ist aus energiewirtschaftlicher Sicht völlig klar: Je höher der Stromverbrauch eines Kunden, umso sinnvoller ist die Technik. Daher braucht ein Ein-Personen-Haushalt mit 800 Kilowattstunden Jahresverbrauch keinen Smart-Meter. Haushalte hingegen, die zum Beispiel Wärmepumpen betreiben und viele tausend Kilowattstunden im Jahr brauchen, bekommen ihn zwingend – und das auch zu Recht. Denn die Großverbraucher müssen angehalten werden, durch intelligenten Einsatz der Geräte einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes zu leisten.

Bei welchem Verbrauch man in Zukunft sinnvollerweise die Grenze zieht, wird sich dann erst in den nächsten Jahren zeigen. Zeit genug übrigens, darüber nachzudenken, wo man an anderen Stellen seine digitalen Spuren reduzieren kann.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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8 Kommentare

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  • "Smart-Meter sollen das Netz stabilisieren"

     

    Die Betonung liegt hier auf SOLLEN. Ob und wie sie das können sollen, bleibt natürlich wieder offen.

     

    Und dann ... "Sie tun das, indem Kunden billigere Energie erhalten, wenn sie ihre Energiefresser bei üppigem Stromangebot starten."

     

    Das heißt, der Kunde selbst muss idealerweise vor der Kochwäsche noch mal eben das Internet hochfahren und nachschauen, was das Smart-Meter von seinem Vorhaben so hält, oder legt etwa das Smart-Meter in solchen Momenten die Wäsche ein, stellt das Programm ein und startet die Waschmaschine?

     

    Wer seine Hose mit der Kneifzange zu macht, scheint mir dagegen doch noch deutlich fortschrittlicher veranlagt zu sein.

  • Das Problem ist nicht der intelligente Zähler an sich, sondern daß die als "intelligent" verbauten Zähler dem Kunden eben nicht über eine definierte, offene und zukunftssichere Schnittstelle gestatten, die Haussteuerung vorzunehmen. Aber die höheren Mietkosten darf man für den untauglichen Müll dann trotzdem zahlen.

  • Das Problem ist nicht der intelligente Zähler an sich, sondern daß die als "intelligent" verbauten Zähler dem Kunden eben nicht über eine definierte, offene und zukunftssichere Schnittstelle gestatten, die Haussteuerung vorzunehmen. Aber die höheren Mietkosten darf man für den untauglichen Müll dann trotzdem zahlen.

  • Liebe Leser,

    hinzu kommt, dass es gar nicht ausgemacht ist, dass Smart Meters das Netz stabilisieren. Im Gegenteil! Es kann selbst bei kleinen Preisschwankungen zu einer katastrophalen Verbrauchersynchronisation kommen, die das Netz überlastet. Der Markt kann eben nicht alles regeln. Ein wissenschaftlicher Artikel dazu findet sich hier (in Englischer Sprache): http://journals.aps.org/pre/abstract/10.1103/PhysRevE.92.012815

    • @CP76:

      Ich habe nur den Abstract überflogen. Wurden auch Randomisierungen untersucht? Das 50.2 Hz wurde so bei Fotovoltaikanlagen gelöst. Vermutlich liesse sich das Problem auch so lösen oder einem ähnlichen Ansatz. Oder zeigt das Paper das dies nicht möglich ist?

  • wie sollen denn wärmepumpen sinnvoll zentral gesteuert werden? deren einsatz hängt doch nicht vom stromangebot ab, sondern von den lokalen temperaturen, sprich wenn es kalt ist.

    Soll jeder haushalt sich dann, um die abschaltzeiten zu überbrücken einen großspeicher anschaffen, dann dürfte sich die technik nicht mehr wirklich rechnen, abgesehen vom beanspruchten platz, der auch nicht unbedingt überall vorhanden ist.

    • @nutzer:

      Die Wärmepumpe kann ein bißchen im Voraus arbeiten, so daß während der Strom teurer ist, die Wohnung trotzdem warm ist. Ebenso kann ein Kühlschrank im Voraus etwas stärker kühlen und dann länger Pause machen.

  • Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit des sinnvollen Umgangs mit Energie: hier wird die gleichschaltende Diktatur befürwortet und das Versagen der Politik bei der Gestaltung der Energieversorgung glorifiziert. Derlei Stromzähler sind nur sinnvoll wenn Verbrauchsereignisse kumulativ gesteuert werden: also z.B. der Betrieb von Waschmaschinen. Folglich muß der Zähler auch in Kleinhaushalte (welche sich noch eine Waschmaschine leisten können - das wird viellicht einmal nicht mehr möglich sein) eingebaut werden und die Verwendung von Strom reguliert werden. Abgesehen davon daß kontrolliert wird und der Nutzer das Gerät bezahlen muß. Eine derartig wissensbereinigte unglaubliche Naivität von Seiten eines taz-Autors zeigt eine neue Dimension eines Phänomens. Derweilen SUVs weiterhin unkritisiert ganzjährig riesige Mengen an Energie verbraten.