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Osteuropa weiß nichts von CIA-Knästen

Mehrere Regierungen dementieren den Bericht der „Washington Post“, demzufolge der US-Geheimdienst CIA in ihren Ländern Gefangene festhalte. Demokraten im US-Kongress bringen neuen Gesetzeszusatz gegen Folter von Gefangenen ein

VON ULRIKE BRAUN (PRAG) UND BERND PICKERT

„Nicht bei uns“ lautet die tschechische Reaktion auf einen Bericht der Washington Post, der US-Geheimdienst CIA betreibe mindestens ein geheimes Gefängnis für mutmaßliche Al-Qaida-Extremisten in Osteuropa. Selbst der tschechische Geheimdienst BIS gab sich ungewöhnlich offen: „Wir tätigen weder Verhöre noch Festnahmen noch Inhaftierungen und beteiligen uns auch nicht daran“, erklärte BIS-Sprecher Jan Ubert.

Auch die Regierungen Russlands, Bulgariens, Polens und Rumäniens bestritten die Existenz geheimer CIA-Gefängnisse in ihren jeweiligen Ländern. „Es gibt keine CIA-Stützpunkte in Rumänien“, sagte der rumänische Regierungschef Calin Tariceanu. „Ich weiß nichts von Al-Qaida-Häftlingen“, zitiert die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza den ehemaligen polnischen Vizeverteidigungsminister Janusz Zemke. Auf Nachfrage der Zeitung habe die US-Journalistin Dana Priest, Autorin des Washington-Post-Artikels allerdings bestätigt, dass es sich bei den nur allgemein als „osteuropäische Demokratien“ benannten Staaten um Rumänien und Polen handele, schreibt die Gazeta Wyborcza.

Während der ehemalige Leiter des polnischen Sicherheitsdienstes, Zbigniew Siemiatkowski, betont, die USA hätten „uns niemals die Unterbringung von Terroristen vorgeschlagen“, räumte Tschechiens Innenminister Frantiek Bublan ein, Washington habe vor etwa einem Monat Prag um die Unterbringung von Guantánamo-Häftlingen gebeten. Dabei habe es sich aber nicht um mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder gehandelt, sondern um chinesische Muslime, mit denen die US-Amerikaner nicht wussten, wohin: „Es ging um Gefangene von der Guantánamo-Militärbasis, bei denen keine Zugehörigkeit zu al-Qaida festgestellt werden konnte“, beteuerte Bublan. Nicht etwa Menschenrechte verletzen, sondern schützen wollten die USA mit ihrer Anfrage in Prag. Denn, so Bublan, die USA könnten die Guantánamo-Insassen nicht einfach so in deren Heimat China zurückschicken, wo ihnen Schlimmes widerfahren könnte. „Wir wurden gefragt, ob wir diesen Personen bei uns nicht Asylverfahren gewähren könnten“, erklärte der Innenminister. Den Antrag der USA lehnte er allerdings wegen möglicher Sicherheitsrisiken ab.

Hätte er ihm stattgegeben, wäre sicherlich nicht nur die innere Sicherheit, sondern auch die Glaubwürdigkeit der tschechischen Regierung bedroht. In einem Land, das 30 Jahre lang sowjetische Militär- und Raketenbasen beherbergen musste, ist die Volksmeinung eindeutig gegen Standorte ausländischer Großmächte. „Die sollen verdammt noch mal ihre Folterkammern woanders betreiben, nicht in dem Land, in dem ich lebe“ oder: „Die Amis sollen ihre KZs und Vernichtungslager bei sich lassen“, heißt es in Beiträgen einer Internetdiskussion.

Solcherlei Reaktionen, ein schlechtes Image der USA, befürchten auch die Demokraten im US-Kongress. Sie haben unter dem Motto „Keine Folter – keine Entschuldigung“ in die Aufstellung des Verteidigungshaushaltes am Mittwoch einen Zusatz eingebracht, der grausame und unmenschliche Behandlung in US-Gewahrsam grundsätzlich verbieten soll, auch für Gefangene der CIA. Die Wortwahl folgt der vom republikanischen Senator John McCain Anfang Oktober durchgesetzten Formulierung im Hinblick auf Guantánamo – die Präsident George W. Bush grundsätzlich abgelehnt hatte, die aber vom Senat beschlossen worden war. Auch jetzt, sagen die Demokraten, würden mindestens fünfzehn republikanische Senatoren den Antrag unterstützen, der damit beschlossen werden dürfte.

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