: Darf er bleiben, muss er gehen?
Reaktionen Opposition und Teile der SPD fordern Bundesanwalt Range zum Rücktritt auf. Die Union schließt sich nicht an – erteilt aber Ratschläge
Christian Flisek, SPD-Abgeordneter
Ähnlich hatte sich zuvor schon die Netzpolitikerin und Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) geäußert. „Insbesondere für Onlinemedien scheint der Schutzstatus, der für die gedruckte Presse selbstverständlich ist, bisweilen nicht allen klar zu sein“, sagte Bär. Sie erwarte von Range eine „sehr sorgfältige Abwägung der Rechtsgüter. Dem Generalbundesanwalt ist das Cicero-Urteil sicher wohl bekannt und bewusst.“ Nach dem das Magazin Cicero 2005 aus geheimen BKA-Papieren zitiert hatte, durchsuchten Ermittler die Redaktionsräume. Der Chefredakteur legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein, das Bundesverfassungsgericht gab ihm recht.
Trotz der kritischen Töne aus CDU und CSU finden Rücktrittsforderungen in der Union bisher keinen Widerhall. Diese kamen zuvor unter anderem aus Reihen der SPD. „Die Entscheidungen dieses Generalbundesanwalts im gesamten NSA-Komplex sind nur noch peinlich. Es wäre Zeit, den Hut zu nehmen“, hatte der Bundestagsabgeordnete und Innenpolitiker Christian Flisek am Samstag gesagt. Zustimmung erhielt er unter anderem von SPD-Vize Ralf Stegner.
Während sich die Koalition noch uneins über die Konsequenzen ist, nimmt die Opposition auf den Generalbundesanwalt keinerlei Rücksicht. „Er ist Parlament und Öffentlichkeit eine Erklärung schuldig: Range muss erklären, wie er zum Tatvorwurf des Landesverrats statt Geheimnisverrats kam“, sagte Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat dürften Journalisten nicht ins Visier geraten. Ermittlungen wegen Landesverrats wiederum seien nur zulässig, wenn die äußere Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet sei. „Dies kann bei den Veröffentlichungen auf netzpolitik.org offensichtlich nicht der Fall sein“, sagte Beck.
Die außerparlamentarische Opposition nimmt den Fall derweil zum Anlass für eigene Scharmützel: FDP-Chef Christian Lindner hatte sich in der Debatte für die Pressefreiheit ausgesprochen. Gleichzeitig ist ein Parteifreund in die Causa involviert: Range ist FDP-Mitglied.
Für die Piratenpartei Anlass genug, den FDP-Chef zu attackieren: „Wenn Christian Lindner sich für die Pressefreiheit einsetzt, erwartet die Öffentlichkeit von ihm ein klares Wort zum Verhalten seines Parteifreundes. War Christian Lindner über die Schritte informiert?“, fragte Piratenchef Stefan Körner.
Tobias Schulze
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